Titel: Pan's Labyrinth Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Spanien, 1944. Die hochschwangere Carmen Vidal ist auf dem Weg zu ihrem neuen Ehemann, dem kaltherzigen und brutalen Hauptmann Vidal, welcher in den Bergen Nordspaniens Jagd auf die letzten Reste der Widerstandsbewegung macht. Mit dabei ist die aus erster Ehe stammende, zwölfjährige Orfelia. Diese fasst alles andere als Vertrauen zu ihrem neuen Vater und lebt in ihrer selbstgewählten Zurückgezogenheit weiter. Sie lebt in einer Art Traumwelt, in der die Wälder beseelt sind von Elfen und anderen magischen Wesen.
In der Nähe des Lagers findet Ofelia ein steinernes Werk - die Hausangestellte Mercedes warnt sie davor, die Ruinen zu betreten, da diese ein großes Labyrinth darstellen und sie sich dort verirren könnte. Jedoch betritt sie eines Nachts, angelockt von einer kleinen Elfe, das Labyrinth und begegnet einem Pan. Dieser erzählt ihr die Geschichte einer Prinzessin der Unterwelt, welche eines Tages das Licht der Sonne erblicken wollte und auf die Oberfläche stieg. Dort verlor sie ihre Erinnerungen an ihr früheres Leben und starb als Menschenfrau. Der Pan glaubt in Orfelia die Reinkarnation dieser Prinzessin gefunden zu haben und drängt sie, drei Aufgaben zu erfüllen, die beweisen sollen, das noch magisches Leben und Handeln in ihr steckt und sie ihre Unsterblichkeit nicht verloren hat - also ein Mensch geworden ist.
Kurz vor einem wichtigen Abendessen, bei dem Hauptmann Vidal die Lokalprominenz eingeladen hat und Carmen ihrer Tochter ein besonders schönes Kleid schenkt, macht sich das Mädchen auf zu ihrer ersten Aufgabe. Sie soll einen goldenen Schlüssel finden, der von einer riesigen Kröte unter einem sterbenden Baum bewacht wird. Diese Aufgabe kann sie lösen, kommt aber völlig unterkühlt und verdreckt zu Hause an. Ihre Mutter ist wütend und schickt sie ohne Essen ins Bett.
Auf Orfelia wartet jedoch die zweite Prüfung - sie muss einen Gegenstand aus einem Raum holen, der von einem augenlosen Monster bewacht wird, das wie erstarrt vor einem opulenten Mahl sitzt. Der Pan hat Orfelia eindringlich gewarnt, nichts von dem dort befindlichen Essen zu nehmen - das hungrige Mädchen kann aber nicht anders und pflückt sich eine Traube vom Teller. Da erwacht das Monster und macht Jagd auf sie - Orfelia kann flüchten, jedoch verlieren zwei Elfen ihr Leben bei der Flucht. Der Pan ist so wütend ob ihres Versagens, dass er das Mädchen für verloren erklärt und sich zurückzieht.
Die traurige Orfelia muss nun einen weiteren Schicksalsschlag hinnehmen. Ihre Mutter Carmen stirbt bei der Geburt ihres Sohnes, nachdem beide Möglichkeiten der Heilung von Hauptmann Vidal vernichtet wurde - der Arzt Ferreiro wurde der Mithilfe der Widerstandsgruppen bezichtigt und erschossen, und die magische Pflanze Alraune, die Orfelia vom Pan zur Heilung ihrer fiebrigen Mutter bekommen hatte, landet im Kaminfeuer.
Orfelia glaubt ihr Leben schon verloren, als sich der Pan nochmals meldet - er fordert das Baby, ihren Bruder - dies soll Orfelias letzte Möglichkeit sein, in das verlorene Reich der Unterwelt zurückzukehren.
Ausgezeichnete Charakterstudien und ein nur minimaler Einsatz von CGI, dafür eine tolle Maske, ein klassisches Märchen, beseelt von hervorragenden Schauspielern, das ist der Mix, der die Klasse von Pan's Labyrinth ausmacht. Das Mädchen Orfelia findet sich in der Grausamkeit des Franco-Nachkriegsspaniens wieder und verwandelt ihre Erlebnisse und Erfahrungen in eigene märchenhafte Bilder. Wobei der Zuseher bis zum Schluss nicht sagen kann, wie groß das Körnchen Wahrheit ist, das hinter den Erlebnissen Orfelias steckt. Die zwei Handlungsebenen - die Real- und die Märchenwelt - werden immerzu miteinander verbunden und verwoben und reagieren auch aufeinander. Dabei besteht die Gefahr, dass man die vielen Handlungsgrundlagen, auf denen Pan's Labyrinth aufbaut, übertreiben könnte - allein die politische Ebene des Kampfes der Franco-Anhänger gegen die linken Widerstandsgruppen hätte man ins Uferlose treiben können. Guillermo del Toro, der ja schon mit Filmen wie Hellboy, Blade 2 und Mimic eine respektable Leistung ablieferte, schafft aber immer wieder gekonnt den Absprung zu einer nächsten Handlungskette und strapaziert so weder die Charaktere noch den Zuschauer, liefert aber so ein dichtes Gewebe an authentischer Atmosphäre ab, in der das moderne Märchen gut eingebettet liegt. Gewarnt seien Eltern, die der Meinung sind, dass der Film für ihre Kinder geeignet sei - Pan's Labyrinth ist ein Märchen - allerdings aufgrund der klaren Darstellung von Gewalt eindeutig eines für Erwachsene.
Ein faszinierender Film, der in jede DVD-Sammlung gehört.
10 von 10 Punkten