Titel: Omar, der Geschichtenhändler Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Die Straße der Plünderer
Die Straße der Plünderer beginnt so, wie es der Name eingibt. Omar wird vom Hauptmann der Stadt Zanadon gründlichst untersuchst, so gründlich, dass sogar seine Kleidung zerlegt wird. Danach erhält Omar die Einladung, mit in die Stadt zu kommen. Notdürftig aus den Resten einen Lendenschurz formend, schließt sich Omar den Soldaten an. In der großen Stadt Zanadon kann Omar sich gleich in einem neuen Beruf beweisen. Eine Mahlzeit täglich, keinen ungesunden langen Schlaf - so ein Dasein als Sklave hat doch was. Natürlich ist Omar nicht sonderlich begeistert, und der Günstling der Götter findet natürlich einen Ausweg aus der - anscheinend verfahrenen - Situation.
Die Jägerschänke
Zuerst erzählt uns Omar, in salbungsvollen, Verständnis heischenden Worten, wie er beim letzten Besuch die Zeche prellen wollte. Natürlich ist Fritz, der Herbergsvater, von einem neuerlichen Besuch nicht sonderlich angetan. Omar hingegen, halb verfroren, ist froh, etwas Wärme zu genießen. Ein Schnellgericht, das in der Herberge abgehalten wird, entscheidet, dass Omar mal eben fünfzig Taler zu zahlen habe. Diese Strafe ist natürlich heftig. Woher soll ein armer Geschichtenerzähler so viel Geld nehmen? Omar wäre nicht Omar, wenn er nicht doch noch einen Ausweg finden würde.
Omar ist ein eigenwilliger und ungewöhnlicher Held: Geschichtenerzähler und Geschichtenhändler. Er reist quer durch die Lande, um nach neuen Geschichten zu suchen oder nach einem neuen Ende für eine alte Erzählung. Bei seinen Reisen geschehen ihm seltsame Abenteuer, aus denen er sich oft nur mit Wortwitz oder durch Zufall herausretten kann. Mal ist es seine eigene Tolpatschigkeit, die ihn in missliche Lagen bringt, mal die holde Weiblichkeit oder der Alkohol, denen er gleichermaßen zugeneigt ist. Anscheinend halten die Götter ihre schützende Hand über diesen Mann, denn nicht anders ist sein unverschämtes Glück zu erklären, wenn er wieder einmal aus einer brenzligen Lage entkommen konnte. Wenn er seine Geschichten erzählt, ist er derjenige, der aus unbedeutend erscheinenden Ereignissen eine spannende Geschichte macht.
Also mal ehrlich. Ohne den - zugegeben gelungenen - Schutzumschlag sieht das Buch wesentlich besser aus. Der grüne Leineneinband mit der Goldschrift sieht einfach gelungen gut aus. Und sauber genäht. Allerdings habe ich mit der Schrift innerhalb des Buches so meine Probleme. Für mich ist die Schrift inzwischen zu klein. Zum Lesen musste ich die Brille nehmen. Andererseits enthält das Buch zwei Romane. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist erfolgreich zu Gunsten der Leistung ausgeschlagen. Wahrscheinlich wird Otherworld bald zumachen, wenn er so weitermacht. Mehr Leistung fürs Geld. Wo gibt es das heute noch. Die beiden Erzählungen von Dave Duncan wären als Taschenbuchausgaben so teuer wie der gebundene Roman.
Sehen wir uns die beiden Erzählungen an, haben wir auf der einen Seite einen Schelmenroman in der Tradition von Till Eulenspiegel mit augenzwinkernder Ironie und intelligentem Humor. Omar ist der erzählende Charakter, mit dem das Buch lebt. Er ist einfach... großartig. Auf der anderen Seite finden wir eine haarsträubende politische Geschichte zwischen Menschen und Göttern. Omar ist mittendrin und löst seine Probleme oder die Probleme, die er zu den seinen macht, mit viel Witz und Verstand. Dave Duncan ist ein Autor, der viel schreibt, der erfolgreich schreibt, aber nicht immer zu meinem Gefallen. Er hat den Nachteil, sich selbst zu genügen und bei sich selbst abzuschreiben. Mit seinen ersten beiden Omar-Geschichten hat er mich jedoch wieder voll überzeugt. Omar ist der geborene Beobachter, und wenn man zwischen den Zeilen ließt, gab es schon immer einen Omar, der die Geschichte der Welt festhält.
Das Beste, was ich von Dave Duncan in der Hand hielt.