Titel: Olympos Eine Besprechung / Rezension von Alexander Pechmann |
„Der Krieg gegen die Götter hatte begonnen“ - Dieser letzte Satz aus Dan Simmons Roman „Ilium“ war wohl einer der gemeinsten Cliffhanger, die je gedruckt wurden, und es war klar, daß eine Fortsetzung unvermeidlich sein würde. Mit „Olympos“ erscheint nun der langerwartete zweite Teil der phantastischen SF-Saga um den Altphilologen Hockenberry, der den griechischen Göttern als Kriegsberichterstatter im Kampf um Troja diente, bis er beschloß, durch seine persönliche Einmischung der Geschichte eine interessante Wendung zu geben. In „Ilium“ wurde klar, daß die „Götter“ lediglich technologisch und genetisch aufgerüstete Menschen einer fernen Zukunft waren - es blieb jedoch offen, welchen Zweck ihr grausames Spiel mit den Achäern und Trojanern diente und welche Beziehung es zu den „Altmenschen“ gab, die auf einer fast völlig entvölkerten Erde eine Party nach der anderen feierten, ohne sich je Gedanken über ihren Lebenssinn und ihr Überleben machen zu müssen.
Nachdem in Band 1 das Partyleben der Altmenschen schließlich doch ein grausames Ende fand, erzählt der 2. Band vor allem von ihrem Kampf gegen ihre einstigen Diener, die mechanischen Voynixe und gegen ein Monster namens Setebos, das sich vom Leid der Menschen ernährt. Die Voynixe wurden ursprünglich zu dem Zweck konstruiert, Menschen zu töten, anstatt ihnen zu dienen. Der Krieg gegen die Götter wird hingegen zunehmend chaotisch, bis sich die Götter untereinander bekämpfen und die eben noch verbündeten Griechen und Trojaner wieder gegeneinander in die Schlacht ziehen. Achilles kämpft gegen die Amazonenkönigin Penthesilea und verliebt sich dank einer Überdosis stimulierender Pheromone in sie - leider erst, nachdem er sie getötet hat. Nun setzt er buchstäblich Himmel und Hölle in Bewegung, um die Amazone zurück ins Leben zu bringen. Die Moravecs, Cyborgs von den Jupitermonden, setzen ihre Expedition fort und fliegen zur Erde, um herauszufinden, wer hinter den Wurmlöchern steckt, die den Mars der Zukunft mit der Erde aus Homers „Ilias“ verbindet. Währenddessen muß der Altmensch Harman zum Mount Everest reisen, um das Rätsel der Voynixe zu lösen und etwas über die letzten Jahrtausende der Menschheitsgeschichte herauszufinden.
Die Zusammenfassung klingt schwachsinnig, und die Lektüre von Band 1 wird natürlich vorausgesetzt. „Olympos“ zeigt allerdings auch einige Schwächen, die in „Ilium“ vermieden wurden. „Ilium“ glänzte durch verblüffende Ideen, absurde Einfälle, epische Breite, Spannung und eine genaue Kenntnis der antiken Literatur, die derart frisch und respektlos vermittelt wurde, daß man große Lust auf Homers Originale bekam. In „Olympos“ sind all diese Ideen kalter Kaffee und müssen nun aufgewärmt werden, um Antworten auf all die Fragen zu geben, die in „Ilium“ offen geblieben waren. Was dann noch übrigbleibt, sind eine Handvoll witziger Einfälle, ein paar blutrünstige Schlachten und Zweikämpfe, eine Prise Quantenphysik, ein bißchen Shakespeare, ein wenig Homer mit Vergil gemixt, jede Menge Monster und schöne Frauen mit großen Brüsten, die meist als „Schlampe“ oder „breitärschige Edelnutte“ bezeichnet werden. Einmal ist es witzig, beim zweitenmal peinlich und beim tausendsten Mal langweilig. Trotzdem ist „Olympos“ recht flüssig geschrieben (bzw. übersetzt) und streckenweise auch sehr unterhaltsam. Doch während „Ilium“ intelligenter Schwachsinn war, der beim Lesen immer wieder durch geniale Einfälle überraschte, ist „Olympos“ nur noch halbintelligenter Schwachsinn, dessen wenige geniale Einfälle die tausend Seiten nicht so prall füllen, wie man es von Simmons hätte erwarten können.
Fazit: „Olympos“ ist zwar eine notwendige Fortsetzung zu „Ilium“, doch die Fragen aus Band 1 waren viel spannender und interessanter als die Antworten in Band 2.
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
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