Reihe: Star Trek Classic, Band 89 (Odyssee 2/3) Eine Besprechung / Rezension von turon47 |
Story : Captain Kirk ist wirklich tot, – und die NCC-1701-D ist eben grade auf Veridian III abgestürzt. Ein Team von Technikern sichert unter der Leitung Rikers letzte Schiffssysteme, während Botschafter Spock eingetroffen ist, um von seinem alten Captain Abschied zu nehmen. Doch plötzlich wird das Bergungsteam von einem unbekannten Feind angegriffen – die Reste der Enterprise werden bombardiert und der Körper des toten Kirks wird vor den Augen seines Freundes davongebeamt.
Hinter dem mysteriösen Angreifer verbirgt sich eine militante romulanische Splittergruppe, die sich mit den Borg verbündet hat, um die Föderation auszulöschen.
Sie beleben die tote Sternenflottenlegende Kirk, um sein Gehirn zu waschen und ihn auf den einzigen Mann zu hetzen, der einer Invasion der Borg entgegenwirken könnte: Jean-Luc Picard …
Lobenswerte Aspekte : „ Die Rückkehr “ erschien im selben Jahr wie Star Trek: Der erste Kontakt und wenn man bedenkt, dass so ein Buch seine Zeit zur Konzeption und braucht, ist es erstaunlich, wie viele Details aus dem Film im Buch ebenfalls auftauchen. Hüben wie drüben werden z.B. Projektilwaffen gegen die fast unsterblichen Maschinenwesen eingesetzt und auch Picard ist mit seinen Gefühlen den Borg gegenüber nicht im Reinen.
Commander Riker und Admiral McCoy sind beide wirklich gut getroffen und immer wieder fällt auf, dass ein immenses Faktenwissen miteingeflochten wurde. Daran Schuld sind sicher das Autorenpaar Judy und Steven Garfield Reeves, die Shatner beim Schreiben unter die Arme griffen.
Genial ist übrigens meiner Meinung nach die Idee, V'ger und die Borg miteiander in Verbindung zu bringen. Ich hab zwar irgendwie darauf gewartet, dass auch noch enthüllt wird, dass die Borg-Königin niemand anderes als die Deltanerin Ilia ist, aber zugegebenermaßen bietet bereits der Ansatz schon eine Möglichkeit, diesen Gedanken in späteren Werken auszuführen.
Kritikwürdige Aspekte : Das absolut Störendste an diesem Buch ist die andauernde Selbstbeweihräucherung Kirks. Wenn man die verschiedenen Lobeshymnen auf den Charakter liest, kann man sich Shatners wütende Enttäuschung über die Nichtberücksichtigung seiner in Star Trek XI sehr lebhaft vorstellen.
Im Großen und Ganzen liest sich das Buch wie ein Hip-Hop-Song : Alle anderen sind schlechte Kopien und Kirk ist der größte, der schönste, der schlauste! – Nur wo sind seine Leute da draußen?
Die kommen natürlich auch in einem widerlich kitschigen Moment zusammen: der alte Spock und der an den Rollstuhl gefesselte McCoy dürfen ihren guten alten Freund noch einmal sehen, bevor er wieder stirbt – oder doch nicht? Das Ende des Buches lässt diese Frage im Raum stehen und arbeitet, ohne auch nur eine Sekunde Zweifel daran aufkommen zu lassen, auf ein weiteres Leben Kirks hin.
Doch wie viele Tode kann dieser alte Mann denn noch überleben? Erinnern wir uns: In Star Trek VI: Treffen der Generationen sah Kirk schon nicht mehr allzu jung aus, und laut Memory Alpha war er bereits 60 Jahre alt. Ich möchte den sechzig Jahre alten Menschen sehen, der gegen Worf, der bereits große Erfahrungen in dieser Disziplin hat (und auf Forcas III einen entsprechenden Wettbewerb gewann) und knapp 30 Jahre jünger ist, einen Bat'leth -Kampf so klar überlegen gewinnt.
Überhaupt ist dieser lahme Kampf ein gutes Beispiel für die Schwächen des Buches: Die spannenden Stellen sind nicht spannend, die lustigen nicht lustig. In Kombination mit einer Storyline, die so abgehoben und syrreal wirkt, macht es das Lesen zu einem entnervenden Prozess, bei dem man sich irgendwann nur noch wünscht, dass es endlich zu Ende ist.
Als ganz besonders schlimm empfand ich persönlich die Stellen, in der die Fantasie des Schreiberkollektivs scheinbar völlig durchgegangen ist. Assimilierte Dobermänner? Hallo?! Borg-Hyperwürfel? Geht's noch? Ein Riesenborg wie in Elite-Force II ? Get a live!
Erschreckend ist, dass Shatner offen mit den Konventionen der Star-Trek-Autoren bricht. Im Anhang des ersten Vanguard Buches schreibt David Mack von seinen ersten Romanideen, und wie er sie verwarf, weil sie einigen goldenen Regeln des Schreibens von Star-Trek-Romanen widersprachen. Solche Regeln sind natürlich sinnvoll, um die Kluft zwischen Büchern und Kanon nicht zu groß werden zu lassen. Aus diesem Grund sind Bücher, in denen so weitreichende (Quadranten umspannende) Veränderungen beschrieben werden, dass sie früher oder später mit einer Serie oder einem Film in Konflikt geraten müssen, kontraproduktiv und können einfach nicht ernst genommen werden. Würde beispielsweise jemand in einem Buch schreiben, dass sich das Romulanische Imperium plötzlich auflöst und die entfernten Cousins der Vulkanier zu Mitgliedern der Föderation werden, kann man an einem Finger abzählen, wann dieser Fantasie in einem Film oder einer Episode widersprochen wird. Solche Werke werden vom Kanon überholt und vom Publikum nur ungern gelesen.
Shatner ist es gelungen, genau solch ein Buch zu schreiben, dass so tiefgehende Auswirkungen auf die Star-Trek-Chronologie beschreibt, dass es früher oder später vom Lauf verschiedener Serien (DS9, VOY) und den Star-Trek-Kinofilmen widerlegt werden musste. Die beiden Reeves hätten ihm eigentlich so richtig mit einem Holzlöffel auf die Finger klopfen und diesem mittlerweile buchgewordenen Ausdruck von Größenwahn ein Ende setzen müssen, bevor es zum Druck gekommen ist.
Das alles wären schon viel zu viele Gründe, das Buch gar nicht erst zu lesen, aber es gibt noch mehr! Erschreckend sind die vielen kleinen Fehler, die nicht in den die Parameter des Star-Trek-Universums passen. Seit wann haben Schiffe der Defiant-Klasse Holodecks ? Und was ist mit denen auf Deep Space Nine ? Als das Programm ausgeschaltet wird, sehen sie nicht die eigentümliche Technologie der Holosuiten , sondern das gelbe Gitter auf schwarzen Grund.
Warum sollten die Romulaner ein Schiff „ Arche “ (S. 54) nennen? Woher kennen sie überhaupt diesen Aspekt der Erdenmythologie?
Und was ist mit der Föderation los? Warum hat eine Forschungseinrichtung der Föderation „ Garnisionsmauern “ (S. 126)? Besonders unnachvollziehbar finde ich, dass Picard und Crusher drei volle Tage mit Helm und Rüstung herumlaufen, schwitzen und keine Möglichkeit haben, ihre Klamotten zu wechseln oder zu duschen – trotzdem gelingt es der Chefärztin noch immer, weiches und duftendes Haar zu haben. Ich habe das gleiche im Selbstexperiment versucht, aber das Ergebnis war zu meiner Überraschung ein völlig anderes!!
Mein Lieblingsfragezeichen gilt aber dem Einsatz von Antimaterie . Diese wird nämlich freigesetzt und das, was eigentlich passieren müsste, wäre, dass es zu einer unaufhaltsamen Kettenreaktion kommt die die gesamte Planetenoberfläche wegradiert. Stattdessen trennt sie lediglich einem Klingonen ein Bein ab. Was soll das? Ist Antimaterie plötzlich harmlos geworden?
Neben der Realität werden auch die Charaktere recht stiefmütterlich behandelt. Mal abgesehen vom Superkirk wurden besonders Picard, Spock, Data und LaForge unheimlich schlecht getroffen, zumal man ständig das Gefühl hatte, als ob die vier letzteren absichtlich eine Stufe unter die Integrität des Landburschen aus Iowa gestellt wurden. Der ist nämlich noch übertrieben stärker, noch anziehender auf Frauen und noch integrer als zu TOS-Zeiten beschrieben.
Die vielen Querverweise und Anspielungen auf andere Ereignisse in anderen Star-Trek-Serien und –Filmen sind irgendwann zuviel und wirken streckenweise nur noch wie der verzweifelte Versuch, diese rahmensprengende Geschichte irgendwie in einen Gesamtkontext zu fesseln. Diese Verzweiflung ist besonders daran zu merken, dass die Autoren die schillerndsten Ortschaften der Galaxie aufsuchen (Deep Space Nine, Romulus , Qo'noS , Veridian, die „ Borg-Heimatwelt “) und die wichtigsten Personen ( Quark , Bashir , Spock, McCoy, die gesamte TNG-Crew) der bekannten Galaxis treffen lassen. Jene Bemühung erscheint dem Leser irgendwann aufgesetzt und wie der viel zu oft erprobte Versuch, einer schlechten Story durch den Einsatz von Gaststars unverdienten Glanz zu verleihen.
Abschließend bleibt schließlich ein wohlbekannter Kritikpunkt, für den allerdings nicht einmal William Shatner etwas kann: Die Übersetzung.
Es ist das alte Lied: Unnachvollziehbare Übertragungen wie „ Diskus “ statt „ Untertassensektion “ (S. 80), „ Wrigleys Freudenwelt “ statt „ Wrigleys Vergnügungsplanet “ (S. 140) oder „ Jumja-Stock “ statt „ Jumja-Stick “ (S. 247) zeugen davon, dass der Übersetzer von Star Trek keine Ahnung hatte. Wortschöpfungen wie „ angelegentlich “ (S. 354) oder „ Unflat “ (S. 96) oder gar der Satz „ Dann knallte er in den Schmutz, als sei er statt von von [sic!] einer Bordsteinkante von einer drei Meter hohen Mauer gesprungen. “ (S. 42) zeugen hingegen von seiner Schwäche im Umgang mit der deutschen Sprache. Ich meine, dass es schon doof ist, in den Schmutz zu „ knallen “, aber zweimal „ von “ in diesem Satz ist schon einmal zu viel.
Besonders peinlich finde ich schließlich den auf Shuttlebays bezogenen Satz „ Wahrscheinlich deswegen, weil die meisten Schiffe der Galaxis nur drei hatten. “ (S. 317). Nicht nur, dass dies streng genommen gar kein richtiger Satz ist; er offenbart auch noch einen bösen Übersetzungsfehler, der mit dem Unwissen des Übersetzers in puncto Star-Trek zu tun hat. Gemeint ist schließlich nicht die Milchstraße, sondern die Galaxy-Klasse , aus deren Reihe die ebenda beschriebene USS Challenger entstammt. Somit steht der Satz symbolhaft für diese – selbst im Vergleich zu anderen Star-Trek-Büchern – extrem schwache und schludrige Übersetzung.
Anachronismen : Für die meisten Anachronismen können die Autoren nichts, denn sie betreffen zumeist Punkte, die in nach 1996 gedrehten oder gesendeten Folgen geklärt wurden. So mutet es nur merkwürdig an, dass die Borg miteinander reden, statt, effektiv und störungsfrei, das Hive-Bewusstsein zu nutzen. Auch der Vertrag zwischen den Borg und den Romulanern wird erst im Voyager-Zweiteiler „ Skorpion “ ad absurdum geführt. Schließlich ist auch die Verbindung von Borg und V'ger durch verschiedene Andeutungen während Star Trek Voyager mehr als fraglich. Gleiches gilt auch für die Beschreibung der Heimatwelt der Borg.
Die im Buch gerühmte Unzerstörbarkeit der Defiant-Klasse wird besonders eindrucksvoll in der Deep-Space-Nine-Episode „ Im Angesicht des Bösen “ widerlegt. Auch die Beschreibung Romulus' entpuppt in Star Trek: Nemesis und diversen Star-Trek-Episoden ( TNG , DS9 , ENT ) als falsch.
Schließlich ist die kurzzeitige Umbenennung der USS Monitor in USS Enterprise nicht nur unlogisch und eklig kitschig, sondern auch schlichtweg nie passiert (vgl. DS9 „ Immer die Last mit den Tribbles “).
Doch auch wenn eigentlich niemand etwas für diese Fehler kann, bleiben sie nervig und man fragt sich während des Lesens massiv, warum man sich so etwas zu Gemüte führt, obwohl man ganz genau weiß, dass es mit den Geschehnissen aus den Serien und den Filmen nicht vereinbar ist.
Fazit : Das Buch ist ein Beweis für die offensichtliche Talentarmut Shatners. Auch wenn ich seine Schauspielleistungen noch recht ansprechend finde, sind seine musikalischen und literarischen Fähigkeiten mit „armselig“ noch sehr wohlwollend umschrieben – da konnte nicht einmal das Co-Autoren-Paar Reeves was ausrichten. Um es im Jargon dieses Buches zu sagen: Das Lesen dieses Werkes ist eine Verschwendung von Ressourcen.
Denkwürdige Zitate :
„ Die Flotte flüchtet nicht. “ Willam Riker, S. 22
Bewertung : Assimilierte Borgkacke fast außerhalb jeder Wertung.