Serie / Zyklus: 2001 Besprechung / Rezension von Oliver Faulhaber |
Bei den Lesern, die Vorworte generell überblättern, wird sich bei diesem Buch wahrscheinlich schnell Verwirrung breit machen. Denn all die seit der Zeit von 2001 (und das sind immerhin 13 Jahre) gemachten wissenschaftlichen Erkenntnisse veranlaßten Clarke dazu, die Handlung des Vorgängerbandes quasi rückwirkend zu verändern. So ist es für die Protagonisten eine Tatsache, daß Dave Bowman auf seiner Mission zum Jupiter in dessen Orbit einen riesigen Monolithen entdeckt und durch diesen verschwindet - von Saturn oder Japetus ist keine Rede mehr.
Im Jahre 2010 bricht nun die Besatzung der "Alexej Leonow" zu einer zweiten Mission Richtung Jupiter auf, um Klarheit über die Funktion des Monolithen sowie Bowmans Schicksal zu erhalten. An Bord ist neben der russischen Crew auch noch Dr. Floyd (der Hauptverantwortliche während der "Discovery"-Mission), ein amerikanischer Ingenieur und Dr. Chandra - dem es als Erbauer des Supercomputers HAL am ehesten möglich ist, die Gründe für dessen offensichtliches Versagen zu finden.
Nach einem kurzen Intermezzo mit der chinesischen Konkurrenz gelingt es der Leonow schließlich an die Discovery anzudocken. Während die Ingenieure versuchen, das Schiff wieder flugtauglich zu bekommen, reaktiviert Chandra stufenweise HAL, um dessen verlorengegangene Persönlichkeit Schritt für Schritt wieder aufzubauen. Der Rest der Besatzung steht diesen Bemühungen jedoch mit recht gemischten Gefühlen entgegen, denn schließlich war es HALs Neurose, die das Scheitern der Discovery-Mission einleitete.
All dies wird erfolgreich abgeschlossen, doch bei den anschließenden Versuchen, den Monolithen näher zu erforschen, beißen die Forscher bildlich gesprochen "auf Granit", denn ähnlich dem Jahrzehnte zuvor auf dem Mond gefundenen Pendant läßt sich auch hier nicht einmal das Material bestimmen, geschweige denn Sinn und Zweck des Ganzen ergründen - erst ein plötzlicher auftretender Energiestoß bringt die eigentliche Handlung ins Rollen. Denn von nun an begleitet der Leser nicht nur die Besatzung der Leonow, sondern auch Dave Bowman auf seiner Reise durchs Sonnensystem. Und gerade bei diesen Passagen scheint es, als ob Clarke aufblühe: in schillerndsten Farben beschreibt er phantastische Lebensformen auf scheinbar lebenswidrigen Planeten. Aus Bowmans Perspektive erfährt man endlich - zumindest bruchstückhaft - Näheres über Wesen und Beweggründe der außerirdischen Intelligenz, und auch die Daves Rolle in dem ganzen Geschehen wird ansatzweise geklärt. Von all dem weiß die Menschheit nichts, doch die sich ankündigenden Ereignisse übersteigen ohnehin die menschliche Vorstellungskraft ...
Urteil: Erfreulich, wie wenig die Fortsetzung an Qualität einbüßt. Clarke treibt die Handlung konsequent fort, und schafft es durch das geschickte offene Ende Neugier auf den nächsten Band zu wecken, ohne das sich ein frustrierendes Cliffhanger-Gefühl einstellt.
Auch wenn die kleinen Nebenhandlungen größtenteils von der stetig wachsenden Intensität des Hauptplots überlagert werden, so trägt vor allem die Beziehung zwischen der Besatzung und HAL zu einem gewissen Anspruch bei. Das Ganze reißt einen zwar als eigenständiges Werk nicht vom Hocker, aber überdurchschnittliche Kost ist es allemal ... und für die, denen 2001 gefallen hat, ist es ohnehin ein Muß.
Bewertung: 7 von 10 Punkten
Eine Übersicht des gesamten Zyklus gibt es auf der Autorenseite.
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