Reihe: Star Trek - Typhon Pact 1 |
Story : Als eine alte Flamme auftaucht, lässt sich der Stationsarzt und genetisch aufpolierte Sternenflottenaugment Julian Bashir dazu überreden, an einem geheimdienstlichen Sondereinsatz der besonderen Art mitzuwirken. Zusammen mit der von ihm kurierten Sarina Douglas bricht Bashir in das Territorium der mysteriösen Breen auf, um die Jungfernfahrt eines im Bau befindlichen Slipstream -Prototyps zu sabotieren.
Der Typhon-Pakt setzt alle Hoffnungen auf die neuartige Technologie, die man dem Erzrivalen entwendet hatte, um militärisch mit der Sternenflotte auf Augenhöhe agieren zu können. Also bahnen sich Douglas und Bashir ihren Weg durch die fremde Welt, stellen unerwarteten Kontakt zu einer Widerstandsbewegung her und sammeln wertvolle Informationen über den fremdartigen Gegner. Doch den beiden Menschen, die tief im Feindesland operieren, rennt nicht nur allmählich die Zeit davon. Längst hat der Geheimdienst die Witterung der beiden Eindringlinge aufgenommen und schafft es sogar, einem von beiden habhaft zu werden...
Lobenswerte Aspekte : Destiny Reoladed! Lange hat der deutschsprachige Leser warten müssen: Als am Ende des letzten Destiny-Bandes " Verlorene Seelen " der Typhon-Pakt als Gegenpol zur krebsgleich wucherndern Föderationsgeschwür begründet wurde, versprach dieser Umstand neues Leben für die angestaubte Bücherwelt, die sich ja durch die Auslöschung der Borg einem der spannendsten Gegner selbst entledigt hatte. Denn aus dem überraschenden Zusammenschluss von so unterschiedlichen Bündnispartnern ergab sich ein großes Potential.
Zum Einen versprechen die illustren Bundesgenossen durch ihre Divergenz bereits ein Maximum an Unterhaltung. Die hinterlistigen Romulaner im selben Raum mit den grobschlächtigen Gorn , den fanatischen Kinshaya , den zickigen Tholianern , den paranoiden Breen und den unberechenbaren Tzenkethi : Das allein klingt ja eigentlich schon wie die Einleitung eines Herrenklowitzes des vierundzwanzigsten Jahrhunderts.
Dabei könnten allein die Probleme in der Zusammenarbeit von so unterschiedlichen Fraktionen bereits einen eigenen Roman füllen. Als Gegenentwurf zur oft schon zu klinisch rein anmutenden Föderationswelt führt es auf seine eigene Weise die Vision Gene Roddenberrys über ein Universum fort, in dem dessen Bewohner ihre Differenzen überwinden und zusammenarbeiten. Damit hält man den mittlerweile etwas verkrusteten Strukturen der Menschen eine Spiegel vor, der durchaus seinen Reiz hat.
Zum Anderen hat die Sternenflotte durch diese Allianz, die getreu dem Motto " Der Feind meines Feindes ist mein Freund " (der Kirk der alternativen Zeitlinie lässt grüßen) beinahe schon logischerweise zueinander fand, endlich wieder einen ernst zu nehmenden Gegner auf militärischen Gebiet. So traurig das auch sein mag, aber Destiny lebte weniger vom Forschungsgeist seiner Charaktere, sondern viel mehr von der Spannung, die der totale Krieg gegen die Borg auslöste. Nun, da die Cardassianer am Boden liegen, die Klingonen mit den Menschen alliiert sind, das Dominion im Dornröschen-Schlaf zu verbleiben scheint und auch die Romulaner durch die Hobus-Supernova keine ernsthafte Bedrohung mehr darstellen, wurde Star-Trek-Star-Autor David Mack also vor der eigenen Haustür fündig und pferchte einfach die verbliebenden Mittelmächte des Alpha - und Betaquadranten zu einer gemeinsamen Supermacht zusammen.
Damit allein vermag dieses Buch aber noch keinen Blumentopf zu gewinnen. Auch wenn Destiny sich eigentlich um den heuschreckenartigen Borgeinfall drehte, gab es einen Aspekt, der die Trilogie zu etwas Besonderem machte: Die Caeliar.
Mack schaffte es, ein schwammiges Konzept aus der Science-Fiction-Schublade zu holen, daran herumzuschrauben und es auf Hochglanz poliert als spannendes Storyelement zu platzieren. Damit statuierte aber nicht nur ein eindrucksvolles Exempel großartiger Science Fiction, sondern setzte auch die Messlatte für künftige Romane hoch an.
Sollte es ihm noch einmal gelingen, ein ähnlich beeindruckendes Kaninchen aus dem Hut zu zaubern?
Tatsächlich gelang ihm genau das!
Deklariert man das Volk der Caliar der heimliche Höhepunkt der Destiny-Reihe, so kann man mit Fug und Recht Macks Breen-Konzeption als Krönung dieses Buches bezeichnen. Trotz der sporadischen und häufig auch widersprüchlichen Informationen zu dieser Spezies innerhalb der Serien und Filme gelang es Mack, die Breen glaubhaft und vor allem völlig dem Kanon entsprechend als multikulturelles Volk mit Konformitätsneurose darzustellen. Durch seine Erklärungen ergeben die bisherigen Darstellungen, verschiedenen Auftritte und sogar vermeintlichen Anachronismen plötzlich einen Sinn. Mack setzt die losen Informationen wie Puzzleteile passgerecht zusammen, während man als Leser mit schier fassungslosem Erstaunen feststellen muss, wie nahtlos seine Interpretation sogar die weit klaffenden Lücken des offiziellen Kanons schließt (vgl. z.B. S. 47ff.).
Bei aller Fremdartigkeit erkennt man in der Breen-Gesellschaft aber auch immer wieder Muster, die problemlos aus dem Leben normaler Menschen unserer Tage stammen könnten. Dazu zählen Dissidenten-Bewegungen (vgl. S. 181ff.) genauso wie spießig möblierte Neubaublockwohnungen (vgl. S. 158), aber auch auffällige Parallelen zur Online-Überwachung von Personen durch Google , NSA oder britischem Geheimdienst (vgl. z.B. S. 199ff.). Doch das lüftet in meinen Augen weniger den Schleier des Geheimnisvollen, der die Breen innerhalb der Franchise stets umgab, sondern bietet genau das, was gute Science-Fiction-Literatur ausmachen sollte: Die Abstraktion der Gegenwart durch einen Blick in die Zukunft. Insofern ist es nur folgerichtig, dass sich der Typhon-Pakt sogar klanglich an den " Warschauer Pakt " anlehnt und gleich mehr als einmal von einem " Kalten Krieg " (vgl. z.B. S. 16, S. 188 oder S. 301) gesprochen wird. Ohne große Umwege wird die Politik des " Gleichgewicht des Schreckens " kritisch beleuchtet, der die Erde bereits im zwanzigsten Jahrhundert an den Rand der Zerstörung geführt hatte.
Das bleibt allerdings nicht der einzige nachdenkliche Moment der größtenteils von explosiver Action bestimmten Handlung. Bemerkenswert bleibt Doktor Julian Bashirs Wandlung vom ethisch integeren Mediziner zum mordenden Geheimagenten, die sich im Rahmen der Story langsam entwickelt. Fast könnte man meinen, dass Bashirs Augment -Zugehörigkeit die Kontrolle übernimmt und sich der Stationsarzt in einen Khan -Derivat verwandelt, der selbst den Standards des letzten Kinofilms " Into Darkness " genügen würde. Oder deutet seine plötzliche Neigung zu Bärten (vgl. S. 31) eher in Richtung Spiegeluniversum ?
Ansonsten lebt das Buch in erster Linie vom beeindruckenden Schreibgeschick seines Autoren. David Mack lässt wie gewohnt Informationen von der Mattscheibe (vgl. z.B. S. 43ff., S. 93, S. 374ff. uvm.) und der Bücherwelt (vgl. z.B. S. 14fff., S. 29f., S. 36 uvm.) einfließen, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Bashir wird sogar mit Attributen belegt, die auf Siddig El-Fadils Rolle in " Vertical Limit " verweisen (vgl. S. 259f.). Das alles geschieht, ohne dass der Roman an Tempo, Spannung oder Erzählfluss verlieren würde, so dass der Leser von den Ereignisse mitgerissen wird, bis er erschrocken auf der letzten Seite angelangt ist.
Kritikwürdige Aspekte : Destiny reloaded? Mitnichten!
Der Typhon Pakt ist nicht Destiny. Kann er auch gar nicht sein, denn den mitreißenden Ton einer unabwendbaren Apokalypse trifft dieses eher politische Thema nachvollziehbarerweise nie. " Nullsummenspiel " ist eben kein Auftakt für eine neue Trilogie, sondern viel eher der Einstiegsband in eine neue Erzählära, in der sich verschiedene Autoren der Fortführung der Grundidee einer neuen Bedrohung widmen.
Dass man sich für den Auftakt die Mitarbeit des Vorzeige-Schreibers David Mack sicherte, erscheint besonders im Himblick auf den Erfolg der Destiny-Reihe nicht weiter verwundertlich, doch zu oft blitzt der Verdacht auf, dass der Stareinkauf mit diesem Werk nur Dienst nach Vorschrift ableistet, statt wirklich Herzblut in die Sache zu legen.
Seinen Anfang nimmt dieser schleichende Eindruck in der erstaunlichen Anzahl an Zufällen, die den Charakteren immer wieder in die Hände spielen. Im Einsatz fällt Bashir etwa ein, dass er zum Glück auf der USS Aventine die Zeit gefunden hatte, den adäquaten Umgang mit einem Bolzenschussgerät zu erlernen (vgl. S. 292). Zum Glück fällt Bashir an der Außenhülle eines Frachters versteckt auf, dass sein Untersatz Schildsysteme zum Schutz vor atmossphärischer Reibung einsetzt (vgl. S. 282). Und zum Glück ähneln die Konsolen auf einem Breen-Arbeitsvehikel denen von Sternenflottengefährten so sehr, dass Bashir bei der Bedienung keine Steine in den Weg gelegt werden (vgl.S. 324)
Als ob solche ständig auftretenden Glücksfälle noch nicht bemüht genug wirken würde, geht vieles in diesem Buch erstaunlich einfach: Die Infiltration einer völlig unbekannten Kultur, der rasch hergestellte Kontakt mit einer lokalen Dissidenten-Filiale oder die Sabotage einer Top-Secret-Hochsicherheitsanlage.
Beinahe scheint es, als ob Mack lediglich bei der Grob-Gestaltung des Breen-Entwurfs mit der notwendigen Sorgfalt vorging und die Lücken in der Handlung mit der Zweitverwertung von bekanntem Rohmaterial ausfüllte. So ist die Mitnahme von getarnter klingonischer Verstärkung (vgl. S. 173) seit " Der Überläufer " ein ebenso alter Hut wie an " 1984 " angelehnte Folterszenen (vgl. S. 277ff. oder S. 285ff.) seit " Geheime Mission auf Celtris III, Teil II ". Auch dass Bashir nach seinen Agentenabenteuern in " Der Abgrund " schon wieder nach der Lizenz zum Töten greift (vgl. z.B. S. 37, S. 55 oder S. 77f), vermag es nicht, auch nur einen Fenrisal hinter dem Ofen vorzulocken.
So kann man auch auch dem finalen 'Cliffhanger', der mit der Sektion 31 ein weiteres hinlänglich bekanntes Element ins Spiel bringt, keine allzu große Originalität unterstellen. Im Endeffekt ist das Buch nur eine gute Idee in einer halbleeren Kiste, die mit viel Banalität großzügig ausgestopft wurde.
Diese Mittelmäßigkeit findet in den 'Essays' seine Fortsetzung, die aus der Feder Christian Humbergs stammen. Sie verraten wenig bis gar nichts, was man nicht schon zuvor erfahren konnte und lesen sich wie bessere Werbetexte. Vorbei scheinen die Zeiten, als sich Cross Cult noch mit klugen Analysen, detaillierten Centerfolds oder spannenden Interviews als besonders Fan-orientiert profilierte.
Doch zurück zum Buch. Sein allergrößtes Manko liegt in meinen Augen in den flachen Charakteren. Abgesehen von Bashir wirken angefangen bei Ezri Dax über Chot Nar bis hin zu Thot Keer sämtliche Figuren hölzern, oberflächlich und wie ein Mittel zum Zweck. Ihre Motive und Beweggründe bleiben größtenteils im Dunklen und selbst wenn einmal ein Fünkchen Lebensnähe aufkeimt, wirkt es sofort gekünstelt und gestellt. Selbst Sarina Douglas vermag es trotz des vielen Raumes nicht, nennenswerte Charakterszenen auf sich zu vereinen. Viel eher bestimmt explosions- und schießwütige Action die Story, während die zwischenmenschlichen (oder zwischenbreenige) Momente in den Hintergrund geraten. Es erinnert eher an einen Star-Trek-Film aus dem Abramsverse , als an eine Folge TNG oder Deep Space Nine .
Übersetzung : Exemplarisch für die Übersetzungsleistung in diesem Buch soll einmal dieser Satz von Seite 55 herhalten:
" Ich werde mit dir oder ohne dich nach Salavat gehen […]."
Wohl sicher nicht von ungefähr erinnert diese Formulierung an die hyperkorrekte Verwendung von " Mit dem oder ohne den Rest der Flotte? " im zehnten Kinofilm . Kerstin Fricke liefert wirklich gute Arbeit ab, auch wenn ich mir an der einen (vgl. S. 190) oder anderen Stelle (vgl. S. 200) ein " dass " anstelle des dortigen " damit " gewünscht hätte. Aber abgesehen von der englisch belassenen Kombination " Tzenkethi-Harrier" (vgl. S. 213) gibt es kaum was zu mäkeln. Wenn das zum neuen Standard bei Cross Cult wird, werde ich wohl in Zukunft wieder auf diesen Unterpunkt in meinen Rezensionen verzichten müssen...
Anachronismen : Unpassender als mit einem Chamberlain -Zitat (vgl. S. 7) hätte man das Buch, in dem die Föderation weniger passiv wirkt als in ihrer gesamten Serien- und Filmgeschichte, nicht starten können. Ausgerechnet die Galionsfigur der britischen Appeasement-Politik im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges zu bemühen, war aber wohl eher dem ebenso eigensinnigen wie sympathischen Humor David Macks geschuldet.
Obgleich seine Breen-Interpretation meines Erachtens vergleichsweise wasserdicht ist, gibt es einige Haarrisse.
So mutet der Arbeitskräftemangel, über den sich Thot Keer beschwert (vgl. S. 231ff.), etwas merkwürdig an, da die Breen laut " Indiskretionen " kein Problem damit haben, auf Sklavenarbeit zurückzugreifen. Trotz dieses Umstands werden die unfreiwilligen Hilfkräfte - trotz mannigfaltiger Möglichkeiten – auf keiner Seite erwähnt.
Ferner störte mich ein klein wenig, dass sich die multiethnischen Breen schließlich als eine Art Föderation im Kleinformat entpuppen und als solche Teil einer neuartigen Föderation sind, die der etablierten Föderation das Fürchten lehren soll. Bei so vielen Föderationen sind Identifikationskrisen wohl schon vorprogrammiert...
Fazit : David Mack entführt seine Leser in neue Welten, zeigt ihnen unbekannte Lebensformen und nimmt sie mit dorthin, wo nie ein Leser zuvor gewesen ist. Die Gesellschaft der Breen ist der unbestreitbare Höhepunkt des Buches, hinter dem Handlung, Charaktere und Originalität unweigerlich ins zweite Glied rücken.
Ohne Frage ist " Nullsummenspiel " spannend geschrieben, temporeich erzählt und fesselnd verpackt, doch im Vergleich ist es eher ein schwächeres Werk aus der Feder des Star-Trek-Star-Autoren. Aber selbst schwächere Bücher Macks sind immer noch im oberen Mittelfeld anzusiedeln und wer mit einem Action-Spektakel und nur wenigen Denkanstößen leben kann, wird Gefallen am Typhon-Pakt-Auftakt finden.
Denkwürdige Zitate :
" Erobern, desinfizieren, homogenisieren. Das ist die Art der Sternenflotte. "
Julian Bashir, S. 36
" Alles, was ich je wollte, war, großartige Raumschiffe zu bauen. Wenn ich gewisst hätte, dass ich es dabei mit Politikern zu tun bekomme, wäre ich Koch geworden. "
Thot Keer, S. 63
" Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage... aber wir leben in unsicheren Zeiten, Frau Präsidentin. "
K'mtok, S. 211
Bewertung : Ein Breen macht noch lange keinen Winter.