Titel: Nova Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Saudade ist ein heruntergekommener Ort, in dem sich viele gescheiterte Existenzen niederließen. Der Grund ist eine rätselhafte Zone, die direkt an den Ort anschließt. Vor Jahren öffnete sich ein Spalt im normalen Raum-Zeit-Kontinuum und vernichtete die Hälfte des Ortes. In dem Gefüge, das sich nun in mehr oder weniger festen Grenzen auf dem erdfernen Planeten manifestierte, gelten andere Naturgesetze. Menschen können nur bedingt eine Weile bestehen. Ihr Alterungsprozess verschnellert sich drastisch, oder sie fallen seltsamen Krankheiten zum Opfer, für die keine Heilungsmöglichkeiten bestehen. Dieses Risiko gehen Glücksritter jeder Couleur gerne ein, hoffen sie doch, seltene Artefakte zu finden. Damit kann man nicht nur viel Geld verdienen, sondern auch eine Menge Unheil anrichten. Daher ist nicht nur der Besuch der Zone verboten und unter Strafe gestellt, sondern auch lebensgefährlich.
Einer der Abenteurer, die sich zu diesen lebensgefährlichen Übertritten in die Zone bekennen, ist Vic Serotonin. Vic hat ein Problem, das sich Paulie DeRaad nennt. Ihm verhökerte er eines dieser Artefakte, und nun ist der Schwarzhändler dabei, sich körperlich und geistig zu verändern. Klar, der Schwarzhändler ist von dieser ungewollten Veränderung seines Lebens nicht begeistert und will Vic an den Kragen. Damit nicht genug, ist der Ermittler Lens Aschemann ihm auf den Fersen um ihn zu überführen. Das stört Vics neuen Auftrag: Er soll Elisabeth Kielar in die Zone führen, die unbedingt dort ein neues Leben beginnen will. Zu allem Überfluss verliebt er sich auch noch in seine psychisch labile Auftraggeberin. Zudem wächst die Zone, und in ihrem Inneren geschehen seltsame Dinge. Vics Mentor Emil Bonaventura ist angeblich einmal bis in den Mittelpunkt der Zone vorgedrungen, und Vic will mit Hilfe von dessen Aufzeichnungen einen Weg dorthin finden. Elisabeth begleitet und Aschemann verfolgt ihn.
Wer Zukunftsromane wie die Space Opera eines David Weber, einer Elizabeth Moon oder Lois McMaster Bujold erwartet, wird enttäuscht. Wer auf die Landser-im-Weltraum-Geschichten von Battletech/Mechwarrior oder Warhammer 40000 steht, hat ebenfalls Probleme. Auch die Autoren wie Heinlein, Asimov oder Dick und die Cyberpunk-Romane der 80er Jahre sind kein Vergleich. Michael John Harrison beschreibt eine eher triste bis melancholische Zukunftswelt. Seine handelnden Personen sind alle miteinander Anti-Helden, die beim Leser auf wenig Sympathie stoßen. Sei es der Ermittler Lens Aschemann, auf der ständigen Suche nach den Mördern seiner Frau, oder der mutierende Paulie DeRaad. Keine der Personen wirkt als Identifikationsfigur. Mit dem vorliegenden Buch, das in der gleichen Welt wie Licht spielt, aber keine direkte Fortsetzung darstellt, halten wir eher experimentelle Science Fiction mit lesenswerten Ansätzen in den Händen. Günstig wäre es jedoch, Licht gelesen zu haben, denn viele hier verwendete Begriffe gehen auf Licht zurück. Michael John Harrison beschreibt eine fremdartige Welt in seinem Roman Nova Swing, wie er im Original heißt. Aber er erklärt sie nicht. Er stellt den Leser vor die Wahl "lesen und sich darin einfinden" oder "nicht lesen und das Buch aus der Hand legen". Letztere Leser werden sich dem Buch nie wieder nähern. Aus der Sicht seiner Handlungsträger betrachtet, ist alles logisch, und die halten sich nicht damit auf, die bestehende Welt zu beschreiben. Dadurch bleibt dem Leser viel Platz für eigene Vorstellungen.
(Alexander Pechmanns Rezension von Nova)
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