Titel: Norgast Eine Besprechung / Rezension von Joanna Lenc |
Eckhard Freuwört gehört wohl nicht zu den bekanntesten Autoren im deutschsprachigen Raum. Dies hat auch seine Gründe: Bisher sind nur wenige Bücher von ihm erschienen, die so speziell sind, dass sie auch nur einen sehr schmalen Leserkreis erreicht haben. Zwei von ihnen sind auch noch Sachbücher, die sich beide mit einem sehr speziellen Thema befassen: Synästhesie. Durch das Wissen dieser beiden Sachbücher hat sich der Autor dazu durchgerungen, einen Fantasy-Roman zu schreiben, der ebenfalls die Synästhesie als Hauptthema führt. Dadurch ist der Roman Norgast entstanden, welcher hier vor mir liegt.
Baldur der Zweischneidige ist Herrscher des Königreichs Norgast, doch er gehört nicht zu den Guten. Sein Ziel ist es, zu seinen Lebzeiten der Größte und Mächtigste zu sein, und neben ihm soll es keinen geben, der auch nur annähernd zur Konkurrenz werden könnte. Aus diesem Grund sucht er dauerhaft nach Gegnern und auch solchen, die es einmal werden könnten. Hin und wieder wird er fündig und trifft auf Findus. Mit Hilfe eines Dämons will er dessen Leben beenden, doch, wie es kommen muss, schlagen seine Pläne fehl und Findus überlebt den Anschlag. Der Dämon ist nicht begeistert, hat er sich doch auf eine neue Seele gefreut, von der er sich ernähren könnte. Baldurs Leben ist nun selbst in Gefahr, und er muss sich erneut auf die Suche nach seinem Widersacher machen.
Findus erwacht ohne Gedächtnis; er erinnert sich an nichts mehr und hat auch keine Ahnung von seinen Fähigkeiten. Von gutmütigen Menschen aufgenommen, versucht er herauszufinden, wer er ist, und lernt jeden Tag etwas Neues dazu. Seine Retter entdecken, dass mehr in ihm steckt, und bringen ihn zu einer mächtigen Hexe. Dort bekommt er eine Ausbildung, seine magischen Fähigkeiten werden erweckt und geschult, und aus Findus wird ein ernstzunehmender Gegner, der alle Befürchtungen Baldurs bestätigt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die beiden sich gegenüberstehen werden.
Der Plot wirkt auf den ersten Blick wie eine ganz normale Fantasy-Geschichte, doch der Autor bedient sich einiger Mittel, die ungewöhnlich für dieses Genre sind. Hier stehen der Kampf und die Magie nicht im Vordergrund, sondern die Synästhesie, eine Wahrnehmung, die angeblich nur wenige Menschen besitzen sollen. Eckhard Freuwört nennt sich selbst Synästhetiker, dabei besitzt jeder Mensch die Fähigkeit dazu, bestimmte Sinne mit anderen zu koppeln. Es gibt kaum jemanden, der den Ausdruck "ein warmes Gelb" nicht kennt. Dies ist ein Bestandteil der Synästhesie, ein Sinnesorgan wird mit einem anderen verbunden. So haben Töne eine Form, Farben eine Temperatur, und Geräusche eine Farbe. Besonders in der Kunst sind diese Formen weit verbreitet; es gibt nicht umsonst den "Kalt-Warm-Kontrast" und viele Künstler malen zu Musik, geben den Tönen eine Form. Musik selbst erweckt in jedem Menschen ein oder mehrere Gefühle. Dies alles ist Synästhesie, wenn auch zum Teil in einer sehr abgeschwächten Form. In Norgast werden viele Wahrnehmungen auf diese Weise beschrieben. So heißt es auch beispielsweise: "Jedes Tropfengeräusch für sich sah aus wie ein gefaltetes, hellgraues Stück Pergament". Auf solche Beschreibungen trifft der Leser auf nahezu jeder Seite.
Leider bleibt dadurch vieles aus, Spannung kommt nur in den seltensten Fällen auf, die Geschichte liest sich häufig trocken runter; denn der Autor beschränkt sich zu sehr auf die Beschreibung der Farben der Gerüche und der Formen der Töne, statt in die Tiefe der Charaktere zu gehen und spannende Szenen genauer zu beschreiben.
Seine Inspiration fand Eckhard Freuwört in der Musik. Lieder von "Schandmaul" oder "In Extremo" haben den Autor inspiriert. Dies erklärt er auch in seinem Vorwort und auch im "Making of", welches nach den elf Kapiteln folgt und einen Umfang von über 20 Seiten hat. Ebenso gibt es auch noch einen zweiten Anhang, in dem der Autor die Bedeutung der verschiedenen Runen beschreibt, die im Buch oftmals zu finden sind. Zusätzlich dazu findet man auch eine selbstgezeichnete Landkarte des Königreichs Norgast, welche dem Leser dazu verhelfen soll, sich in der Welt besser zurechtzufinden. Diese ist aber recht undeutlich gezeichnet, und auch die Bezeichnungen der Gegenden sind teilweise unleserlich, was eher dazu führt, dass man keine Orientierung findet.
Als guten Fantasy-Roman kann man Norgast leider nicht bezeichnen; dafür ist die Handlung zu trocken beschrieben und man hat schon nach den ersten Seiten die Lust, das Buch zurück ins Regal zu legen und lieber etwas anderes zu lesen. Viel Anklang wird dieses Buch daher nicht finden, dabei ist der Stoff, der dort verarbeitet wird, ausreichend, um eine wirklich gute und spannende Geschichte zu schreiben. Eckhard Freuwört hat es nicht geschafft, dem Buch Leben einzuhauchen.