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Eine Besprechung / Rezension von Jennifer Waschk |
Klappentext:
Nino Sorokin ist dabei, als der Unfall geschieht. Seine Eltern sterben, ihm bleibt eine besondere Gabe: Er sieht den Tod eines jeden Menschen voraus. Auch den eigenen. Von nun an ist er besessen von der Frage, wie man das Schicksal überlisten kann. Er weiß, er wird nur 24 Jahre alt – und sein Geburtstag rückt immer näher. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Ninos Suche führt ihn zu einem geheimen Zirkel von Mentoren, die Seelen sammeln. Und er begeht den größten Frevel, den der Zirkel kennt: Er verliebt sich in eine der Seelenlosen. In die geheimnisvolle Noir, die bereits auf der Schwelle zum Jenseits steht ...
Meinung:
Wie sollte man leben, wenn man weiß, dass man mit 24 Jahren stirbt? Jeden Moment auskosten? Exzessiv leben? Träume verwirklichen? Aufgeben?
Nino lebt exzessiv. Er geht feiern, nimmt Drogen, bricht diverse Studiengänge ab und vergnügt sich gelegentlich mit Mädchen. Bis sein 24. Geburtstag vor der Tür steht, denn er weiß, er wird innerhalb des nächsten Jahres sterben. Einzig das undurchsichtige Medium Monsieur Samedi scheint ihn zu verstehen und will ihm helfen, sein Schicksal zu überlisten. Dabei lernt er Noir kennen, die geheimnisvolle Angestellte von Monsieur Samedi, und Nino begreift, dass er nur sie braucht, um zu überleben.
Ich muss direkt am Anfang gestehen, dass ich mich mit „Noir“ sehr schwer getan habe. Sowohl das Lesen des Buches, das Reflektieren und auch die Rezi kosteten mich jedes mal viel Überwindung. Nicht, weil das Buch schlecht ist, sondern weil es nachdenklich macht.
Die Geschichte um Nino ist sehr depressiv und dunkel. Nino ist ein Typ, der nichts aus seinem Leben macht, weil er eh nicht alt wird. An Drogen wird er nicht sterben, also kann er sie auch konsumieren oder sich selbst die Pulsadern aufschneiden, denn er weiß ja, seine Zeit ist noch nicht gekommen.
Alles wird sehr düster, melancholisch und schwerfällig erzählt. Diese Stimmung zieht sich durch das ganze Buch und überträgt sich auf den Leser. Ich musste mich teilweise aufraffen um zu lesen, weil ich ganz genau wusste, dass es mich runter ziehen wird.
Aber macht das nicht gute Literatur aus? Wenn sie einen emotional berührt und mitreißt? Das hat die Autorin wirklich bei mir geschafft. Und wie ich in anderen Rezensionen gesehen habe, bei denen auch. Damit ist es wirklich etwas Besonderes.
Andererseits, will man nicht von Literatur unterhalten werden? Sollen einen die Bücher nicht vom stressigen Alltag befreien und einen vielleicht in eine buntere Welt entführen? Das stimmt ja nur zum teil. Bei Filmen wäre es ja ähnlich. Werke wie „Schindlers Liste“ und andere Dramen berühren den Zuschauer schließlich auch auf eine traurige Art. Also passt das auch bei Büchern, man sollte sich dessen nur vorher bewusst sein.
Den Schreibstil empfand ich manchmal als recht schwerfällig und überladen mit Adjektiven. Eigentlich gefallen mir adjektivlastige Beschreibungen sehr, aber hier wirkten sie schräg und skurril wie ein Gemälde von Dali. Natürlich passte das zum Gesamtkonzept, war aber sehr gewöhnungsbedürftig.
Die Geschichte ist einfach atemberaubend – im positiven und negativen Sinne. Sie ist durchdacht, regt zum Nachdenken an und ist sogar recht spirituell. Oder hat sich jemand von euch schon mal gefragt, was eigentlich genau eine Seele ist? In „Noir“ muss man sich damit beschäftigen. Schön finde ich, dass bei all dem der Glaube keine Rolle spielt.
Fazit:
„Noir“ ist ein berührendes Buch, das einen mit Wucht in Herz und Hirn trifft. Allerdings transportiert es eine sehr negative Stimmung, was vielleicht den ein oder anderen abschreckt. Es ist keine leichte Kost und bleibt in Erinnerung.
Wichtig: Ich rate jedem, dieses Buch nur in einer positiven Lebensphase zu lesen. Man braucht die positive Kraft als Ausgleich, denn sonst würde es einen vielleicht komplett runter ziehen.
Von mir 4 von 5 Punkten!