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Titel: Wegen der Bosheit der Menschen
Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Gemeinsam mit seiner Frau Naama und seinen drei Söhnen Jafet, Ham und Sem fristet Noah im abgelegenen Tal seines Vaters ein einsames, halbnomadisches und karges Leben in einer durch eine jahrelange Trockenheit ausgedörrten Welt, in der die Suche nach Nahrung und der Kampf ums Überleben zunehmen grausamere Blüten zu treiben beginnen.
In der Härte des Alltags brechen immer wieder Visionen einer großen Katastrophe, einer unermesslich Flut, über den Heiler und Familienvater herein, sodass sich Noah entschließt, seine Mitmenschen in der nahegelegenen Metropole Babylon zu warnen; in einer emotionalen Ansprache wendet er sich an das Volk, wird aber nicht nur in Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt, sondern der Herrscher –Akkad –befiehlt seinen berittenen Truppen, das Heim des Warners dem Erdboden gleichzumachen. Als Noah zu Hause eintrifft, erwartet ihn ein Bild der Verwüstung; immerhin jedoch ist seine Familie unversehrt.
Da seinen Visionen ihn dem Berg Ararat zeigen, machen sich die Entwurzelten auf den weiten Marsch an jenen Ort, an dem sein Großvater auf Noah warten soll. Ihr Weg führt sie durch eine von marodierenden Horden zerstörte Stadt, in der sie ein kleines schwerverletztes Mädchen finden und mitnehmen, und schließlich in das Gebiet monströser, sechsarmiger Riesen, die die kleine Schar für Spione der Menschen halten, obwohl sich Noah in ihrer Sprache an sie wendet. Und so findet sich die sechs gefangen in einer tiefen Grube wieder ohne Aussicht auf Entkommen.
Mit Darren Aronofsky nimmt sich ein Autor eines jüdisch-christlichen Mythos' an, der dem breiten Publikum vor allem als Regisseur der Filme „The Wrestler“und „Black Swan“bekannt sein dürfte, während Zeichner Niko Henrichson u.a. durch die Vertigo-Serie „Die Löwen von Bagdad“(dt. bei Panini) für Aufsehen sorgte.
Auch wenn das Grundthema biblischen Ursprungs ist, so wird es von den Kreativen stark ins Phantastische verfremdet, und zwar so sehr, dass eine räumliche und zeitliche Verortung kaum mehr möglich ist: der Himmel über Noahs Welt, der von Henrichson in so wunderbar malerischen Farben eingefangen wird, scheint kein irdischer Himmel, und die Ruinen, denen die Wanderer begegnen, scheinen von futuristischer Architektur und voller metallischer Fragmente, sodass die Handlung genauso gut auf einem fremden Planeten wie auch auf einer postapokalyptischen zukünftigen Erde angesiedelt sein könnte. Dass die dargestellten Haus- und Beutetiere keinen landläufigen irdischen Spezies entsprechen unterstreicht das Surreale, das phantastische Moment ebenso sehr wie die sechsarmigen Titanen, bei deren Zuordnung zum Reich der Mythen keinerlei Zweifel bestehen.
Darüber hinaus dominiert die –auch visuelle - Inszenierung Noahs als Krieger, Magier bzw. Alchemist und Heiler, als Mann heroischer Posen und gutmenschelnder Ökobotschaften, der die Ausbeutung der Welt durch den Menschen anprangert. Ob sich hinter dieser ziemlich platten Inszenierung noch Metabotschaften nach dem Motto „Gott ist ein cooler Typ, wenn er mit noch cooleren Typen wie Noah kommuniziert.“oder „Die Bibel hat Recht.“verbergen, sei dahingestellt, denn dieser ganze Background mit „Noah, dem Sohn des Lamech, dem Sohn des Metuschelach, dem Sohn des Henoch“wirkt vor allem ... putzig und pathetisch. Vermutlich ist die Botschaft Aronofskys tatsächlich missionarisch-religiöser Natur, da er zu den sozio-ökonomischen Verhältnissen nicht mehr zu sagen weißals „Gehorcht Gott, dann ist alles tutti!“und er nutzt die zeitliche und örtliche Unschärfe der Geschichte, um dieser Botschaft „Allgemeingültigkeit“, allegorischen Charakter zu verleihen, aber geschenkt …der Wachturm ist schlimmer.
Wirklich rausgerissen wird dieses Comic durch Henrichsons grandioses malerisches Artwork, das in Koloration wie z.T. skizzenhafter Linienführung die beklemmende Atmosphäre einer sterbenden, mindestens jedoch leidenden Welt genauso einfängt wie die Härte ihrer Bewohner.
Fazit: Auch wenn die Story selbst einen religiösen Impetus besitzt und an der einen oder anderen Stelle zum Widerspruch anregt, so dominiert dennoch zeitlose, phantastische Action die Handlung, ergänzt durch ein phantastisches, atmosphärisch intensives Artwork.