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Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Nihil sine causa fit
Nichts ist los. Ich denke nichts. NIchts passiert. Nichts verändert.
Das allumfassende Nichts, Grundlage einer jeder göttlichen Schöpfung. Das Negativum von Sein.
Die etwas dünn ausgefallene Broschüre, dessen wiederholte Neuauflage mir nun vorliegt, überzeugt keinesfalls in Bezug auf den Inhalt. Die nicht vorhandenen Fragen, der Informationsgehalt, der fast schon als Substanzlosigkeit bezeichnet werden könnte, stehen hier nicht im Vordergrund. Der allgemeingebildete Leser, der hier keineswegs die Zielgruppe des Autors darstellt, kann in den meisten Fällen kaum etwas mit diesem Werk anfangen. Grundsätzliche Fragen, wie "ist das Licht aus, wenn der Kühlschrank zu ist?" fordern zwar den Intellekt von suboptimierten Individuen metropolitaner Bevölkerungszentren, allerdings wird dieses Werk in seiner Rezeption keinesfalls diese Sicht von Menschen erreichen.
Wen möchte der kaum greibare Autor denn nun mit seinem Werk ansprechen? Doch wohl nur die Individuen, die, mehr Schein als Sein, über den Dingen stehen und transzendal durch Raum und Zeit und dem Penny-Markt schweben. Die Wesen unter uns, deren sinnvolle Umsetzung von Sprache uns immer unverständlich bleibt und deren künstlerische Tätigkeiten entweder weit über dem intellektuell erfassbaren liegt - oder deren geisterhafte Substanz der hirnlosigkeit jenseits der Intelligenz von Amöben oder Geisseltierchen rangiert.
Die Substanzlosigkeit dieses Werkes ist, neben der Begrifflosigkeit, das eigentliche Übel. Denn die Gefahren, die durch den Nihilismus dieses Büchleins ausgehen, sind kaum beschreibbar. Nichts kann den Leser davon habhalten, Nichts zuende zu lesen und Nichts zu begreifen. Stellen sie sich mal vor, welche schrecklichen Folgen das haben könnte, wenn das negieren und Nullsummenspiel um sich greift und das Nichts als nicht begreifbare Substanz in den nicht vorhandenen Gehirnwindungen kaum begreifbarer Mitmenschen fatale und schier apokalyptische ... wo war ich stehengeblieben?
Nichts.
Denkt man an das Nichts, so scheint man der Versuchung nahe, führende Wissenschaftler des berühmten und renomierten, in den neutalen schweizer Boden eingegrabenen CERN Institutes könnten hier ihre Finger mit im Spiel haben. Denn die Rezeption dieses Werkes erinnert einen doch an die immer wieder und wieder und wiederholten Warnungen zahlarmer bzw. weniger Menschen, die in den Versuchen, atomare Teilchen, die physikalisch keine Masse haben oder eigentlich platt formuliert Nichts wiegen, aufeinander prallen zu lassen und höchst abenteuerliche und neue Teilchen, die ebenfalls .... aber ich schweife hier etwas ab. Summa summarum sind diese Wissenschaftler, die Nichts auf Nichts prallen lassen und dafür eine unglaublich hohe Summe an Steuergeldern verbrauchen, mit Sicherheit Schuld an Nichts.
Wärend wir nun Leser- und Autorenschaft des Büchleins klären konnten und sämtliche Klarheiten beseitigt haben, wenden wir uns nun der haptischen, der pysikalischen Qualität des Buches zu. Wie der gebildete Leser dieser Rezension weiß, widerspricht die Vakuumfluktuation der allgemeinen Auffassung eines Nichts. Wie kann das Büchlein trotzdem als, bildlich gesprochen, herausgestanzte Einheit unseres Raum-Zeit-Gefüges existieren, ohne sich selbst zu widerlegen? Der gewiefte Verleger, sicherlich ein Anhänger des antinationalistischen Blockes der In-Polen-Drucker, hat es vollbracht, den Veröffentlichungstermin des Büchleins nahe an die Plancksche Zeit zu legen, was in Polen zwar für erheblichen Aufruhr und überhöhtem Konsum hyperalkoholischer Getränken führte, allerdings die Substanzlosigkeit des Werkes erst grundsätzlich möglich machte.
Das Nichts als Spiegel unserer Gesellschaft, Möglichkeiten des Umweltschutzes und kostenlose Kita-Plätze, Nichts von alledem wird in diesem Büchlein so gut behandelt wie in anderen, vergleichbaren Werken. Wer die Möglichkeit besitzt, Nichts zu erwerben, wird auch über den fast kaum substanztiellen Preis erfreut sein. Nichts kostet fast Nichts. Für Anhänger des Nihilismus eine Bibel, für regelmäßige Zoo-Besucher sicherlich nicht die richtige Lektüre. Nichts ist ein streitbares Buch, das sich auf den Grundkonflikt einer eheähnlichen oder anderweitig vergleichbaren Beziehung zwischen zwei Individuen reduzieren lässt:
"Was denkst du gerade?"
"Nichts"