| Serie: Star Trek: New Frontier, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Das der Föderation benachbarte Imperium der Thallonianer bricht auseinander. Bürgerkrieg tobt in diesem Raumsektor und die bisherigen Machthaber wurden vom wütenden Mob getötet oder in das Exil geschickt. Der Hilferuf der Thallonianer an die Föderation wird zwar gehört, stößt jedoch auf große Skepsis. Denn die bisherigen Despoten hoffen, mithilfe der Sternenflotte ihre Macht wiederherstellen zu können - natürlich unter dem plakativen Vorwand, für Ruhe und Ordnung sorgen zu wollen. Jedoch lässt sich die Föderation nicht auf einen zweifelhaften Krieg im Nachbarsektor ein, vor allem da definitiv nicht klar ist, wer die "Guten" und wer die "Bösen" in diesem Konflikt sind. Captain Picard, der die Konferenz um den Thallonianischen Sektor leitet, sinnt auf einen Kompromissvorschlag, der kaum auf Gegenliebe stößt - weder bei gewissen Personen in der Sternenflotte noch bei den Kriegsparteien im auseinander brechenden Imperium. Jedoch kann Picard seinen Einfluss geltend machen und seinen Vorschlag etablieren: Die USS Excelsior, ein Schiff der Ambassador-Klasse, soll im Thallonianischen Sektor die Präsenz der Sternenflotte zeigen, vermitteln und humanitäre Hilfe leisten. Vielleicht, so das Kalkül, kann der vorgesehene Captain des Schiffes, das Blatt wenden.
Dieser, so stellt sich zur Überraschung der Konferenzteilnehmer heraus, ist kein Geringerer als der Xenexianer M´k´n´zy, der als Jugendlicher eine blutige Revolte gegen die Danteri anführte und zu deren Vertreibung wesentlich beitrug. Nach dem Krieg wandte sich der Junge der Sternenflotte zu und machte als Mackenzie Calhoun (der Nachname rührt von seinem Heimatort her) Karriere. Jedoch zeigte sich Calhoun als wenig orthodoxer Zeitgenosse und wurde vor allem für seine nicht im Föderationshandbuch stehenden Entscheidungen bekannt. Was dazu führte, dass nach einem Zwischenfall auf der USS Grissom Calhoun offiziell die Sternenflotte verließ und inoffiziell als Agent hinter feindlichen Linien arbeitet.
Nun soll er also die Excelsior führen. Als Counterpart und "Bremse" soll die aus der TV-Serie "The Next Generation" bekannte Elisabeth Shelby als Erster Offizier fungieren und gegebenenfalls ihren Captain in die Schranken weisen. Um das Ganze zu verkomplizieren, waren Captain und sein XO vor vielen Jahren gar miteinander verlobt. Weitere bekannte Gesichter, die sich auf der Excelsior einfinden, sind unter anderem Ensign Robin Lefler (TNG), Dr. Selar (TNG) oder Zak Kebron (Buchreihe ST: Akademie). Gerade Letzterer wurde im Laufe des Romanes schnell zu meiner Lieblingsfigur, denn der Brikar geht in seiner Funktion als Sicherheitschef mehr als auf und sorgt fast für mehr komische Situationen als seinerzeit Worf.
Peter David hat die Struktur des einführenden Romans genutzt, um weniger die Mission des Schiffes als deren Besatzung vorzustellen. Den größten Raum nimmt die Geschichte von Mackenzie Calhoun ein, jedoch werden auch insbesondere Dr. Selar und die Halb-Vulkanierin Soleta behandelt. Gerade diese ausführliche Charakterbeschreibung macht den Reiz des Romanes aus, denn dadurch lebt das Schiff sehr schnell, die Personen nehmen Gestalt im Kopf des Lesers an. Besonders die nachfolgenden, unter anderem im zweiten Roman der Reihe behandelten Ereignisse bauen auf diese Charakterbeschreibung auf und bekommen Sinn und Hintergrund. Durch die vorsichtige Verwendung bekannter Personen aus dem großen Star-Trek-Universum, wie Picard, Spock und diverse Nebenfiguren, kann der Neuleser einen schönen Übergang in diese neue Reihe finden und findet sich schnell zurecht, zumal mit der Wahl der Excelsior ein Schiff verwendet wird, das eben nicht gerade blitzblank vom Stapel lief, sondern schon seine gewissen Jahre auf dem Buckel hat - ein ebenso interessantes Setting.
Wie der Anhang noch einmal besonders hervorhebt, ist die "New Frontier"-Reihe innerhalb des Star-Trek-Universums etwas Besonderes. Vor der Konzeption der Reihe waren die einzelnen Buchreihen nahe an den jeweiligen Serien - ohne roten Faden, einzeln abgeschlossen und austauschbar. Wenn in dem einen Band etwas Wesentliches geschah, wurde es in den nachfolgenden Bänden ignoriert. "New Frontier" änderte dies, machte sozusagen einen Reset in der literarischen Star-Trek-Welt. Nun hatte man eine Romanreihe, die auf Charakterentwicklung setzte, deren Ereignisse nicht unter den Tisch fielen, sondern Konsequenzen in den Folgebänden hatten. Und "New Frontier" war erfolgreich, das Konzept begeisterte die mittlerweile schon desillusionierten Leser, was zu einem regelrechten Relaunch aller Serien bei Pocket Books führte. Wie heißt es so schön im Anhang von "Kartenhaus": ohne New Frontier kein Vanguard, kein Titan, kein Destiny. Und als Ergänzung möchte ich hinzufügen, dass es ohne den erfolgreichen Relaunch bei Pocket Books auch keinen Relaunch des Star-Trek-Kinofilmes gegeben hätte. Das Ergebnis überzeugt.
Peter David ist ein Garant für gute TV-Serien-Romane. Das hat er mit verschiedenen Star-Trek-Romanen bewiesen, hervorhebenswert sind außerdem seine überragenden Babylon-5-Bücher. Mit dem vorliegenden ersten Band der "New Frontier"-Reihe kann sich der Leser auf ein hintergründiges, actionreiches und humorvolles Werk freuen, das er sicherlich nicht nur einmal lesen wird. Sehr gut!
Anmerkung: "Kartenhaus" erschien bereits bei Heyne als erster Teil des Romanes "Captain Calhoun", des ersten Buchs in der Reihe "Star Trek: Die neue Grenze".