Serie / Zyklus: Die Chaos-Chroniken Band 1 |
Mit dem im März diesen Jahres bei Heyne erschienen Roman „Am Ende der Ewigkeit“ (Eternity ´s End) hat sich Jeffrey A. Carver mit einem überaus lesenswerten Roman hierzulande zurückgemeldet. Bereits 1989 und 1991 wurden bei Heyne innerhalb der SF-Reihe seine Romane „The Infinity Link“ („Tachyon“) und „The Rapture Effect“ („Die Waffe der Begeisterung“) veröffentlicht, ohne dass ihm damit nachhaltige Aufmerksamkeit zu Teil wurde.
Nachdem „Am Ende der Ewigkeit“ aber für den NEBULA Award vorgeschlagen wurde, hat sich Heyne zu einer Veröffentlichung dieses Romans hierzulande entschieden und Bastei-Lübbe sicherte sich die Rechte für die ersten drei Bände der Chaos-Chroniken. Diese Veröffentlichungspolitik ist durchaus ungewöhnlich, denn innerhalb von zwei Monaten erschienen jeweils ein Roman Carvers in den beiden auflagestärksten SF-Reihen.
Der 1949 in Cleveland geborene und heute mit seiner Familie in der Nähe von Boston lebende Autor veröffentlichte seinen ersten Roman bereits 1976. Seitdem ist er dem SF-Genre treu geblieben. Er verfasste im regelmäßigen Abständen weitere Romane und Kurzgeschichten und gibt seine hierbei gewonnene Erfahrung an Nachwuchsautoren weiter. Einige seiner Kurzgeschichten und Beiträge zur Schriftstellerförderung sind auf seiner Homepage, die unter www.starrigger.net zu erreichen ist, abrufbar.
Neptune Crossing wie auch die weiteren Romane dieser Reihe, an deren Bände 4-6 Carver zur Zeit arbeitet, sind der Hard-SF zuzuordnen. Dabei bleibt die Handlung des vorliegenden ersten Bandes noch auf das Sonnensystem beschränkt, während im weiteren Verlauf der Reihe der Hauptheld John Bandicut die Grenzen unseres Sonnensystems überschreitet. Der Cliffhanger hierfür bildet den Schluß von „Neptun kann warten“.
John Bandicut, ein ehemaliger Raumpilot, arbeitet auf dem Neptun-Mond Triton für die Abbaugesellschaft MINEXKOR als Erkunder. Bei einem seiner Einsätze wird er mit einem Angehörigen der „Quarx“ konfrontiert, der bereits seit Millionen von Jahren in Stasis auf Triton verweilt und sich nun als Gedankenpotential in John Bandicut ansiedelt. Das „Quarx“ verbrachte die Jahrmillionen in einem Außerirdischem Artefakt, welches es als „Translator“ bezeichnet und über dessen Erbauer es selbst keine Informationen verfügt. Beide zusammen bilden so etwas wie ein Einsatzteam, welches solange im Verborgenen inaktiv verbleibt, bis der Translator mittels der Chaos-Theorie, deren theoretische Grundlagen von der heutigen Menschheit nicht einmal annähernd verarbeitet werden können, eine Gefahr für überwachten Intelligenzen erkennt. Eine solch kosmische Gefahr droht der Erde und damit der Menschheit und ausgerechnet John Bandicut ist dazu ausersehen diese abzuwenden.
Dabei handelt es sich letztlich um einen Kometen, der mit der Erde zu kollidieren droht und somit die gesamte Menschheit vernichten würde. Das Quarx und John Bandicut müssen genau dieses innerhalb kürzester Zeit verhindern.
Die grundsätzliche Handlungsidee ist keineswegs neu und taucht immer wieder in den heutigen Medien auf. Carver nimmt diese auf und spinnt daraus einen Roman, der auf dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand beruht und diesen weiterspinnt. Dabei überfordert er seine zumeist nicht naturwissenschaftlich vorbelasteten Leser keineswegs mit langatmigen, detaillierten Hintergrunderklärungen, sondern stellt den Erstkontakt in dem Vordergrund.
Für ihn erscheint es wesentlich wichtiger den Fragen nachzugehen, wie ein Mensch reagieren würde, der mit einem Male Träger einer außerirdischen Intelligenz ist, die ihm dazu mehr oder weniger zwingt die menschliche Zivilisation vor der totalen Vernichtung zu retten und dabei niemanden einweihen zu dürfen. Mit einem Male wird aus dem völlig durchschnittlichen Menschen John Bandicut der stille Retter der Menschheit, die allerdings dessen Aktionen nicht als solche erkennt, sondern ihm vielmehr für geistesgestört erklärt. Diesem Fragekomplex widmet der Autor den Großteil seines Romans.
Neben John Bandicut treten nur ganz wenige Figuren auf bzw. erhalten eine gewisse Bedeutung und auch der Handlungsschauplatz ist sehr „karg“ gehalten. Beides steht eindeutig nicht im Vordergrund, sondern bildet nur einen Rahmen auf Zeit. Am Ende des Romans rettet John Bandicut mit Hilfe des „Quarx“ und des Translators die Menschheit vor ihrer Vernichtung, wird dabei aber weit in die Tiefen des Weltalls geschleudert, wo bereits das nächste Abenteuer auf ihm wartet. Der zweite Roman dieser Reihe - „Das Weltenschiff“ - erscheint denn auch in Kürze und dürfte eine weitere Rettungsmission für John und das „Quarx“ bereit halten.
Der Auftaktband der Chaos-Chroniken konnte mich noch nicht wirklich begeistern. Es handelt sich hierbei um einen durchschnittlichen SF-Roman, der über eine interessante Grundidee verfügt, allerdings kaum mehr als gut lesbare SF-Abenteuer bieten dürfte. An seinem bei Heyne erschienen Roman „Am Ende der Ewigkeit“ reicht er nicht heran.