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Nachdem sich der gebürtige Engländer schon in mehreren Kurzgeschichten mit den außerirdischen "Shian" beschäftigt hat, ist hierzulande nun auch ein Roman erschienen, der sich ausführlich dieser Thematik annimmt.
Das Ganze spielt im Irland der nahen Zukunft - drei Jahre nachdem plötzlich eine außerirdische Flotte mit rund acht Millionen Shian an Bord auftauchte und um Siedlungsrecht bat. Im Gegenzug dazu lieferten sie der Menschheit technologisches Know-How, so daß wasserbetriebene Maschinen mittlerweile zum Alltag gehören. Die "Zuwanderer" wurden auf verschiedene Länder verteilt, unter anderem eben auch auf Irland. Man erhoffte sich davon eine Beilegung des fortwährenden Konflikts zwischen Protestanten und Katholiken, was auch, jedenfalls an der Oberfläche, gelang: Es wurde die "Joint Authority" gegründet, die beide Parteien gleichstellt und Nordirland auf diese Weise gemeinsam regiert wird.
Andy Gillespie, früher selbst aktives Mitglied einer der zahlreichen radikalen Parteien, hat den Großteil der letzten drei Jahre jedoch im Gefängnis verbracht, und erst dort wurde ihm klar, wie unbefriedigend sein bisheriges Leben verlief. Denn als er dort einen ebenfalls einsitzenden Shian kennenlernt und immer mehr über deren Wesen und Kultur in Erfahrung bringt, erkennt er in dem sozialen und juristischen System der Shian seine eigenen Werte wieder und faßt daher den Entschluß, sich nach seiner Entlassung für die Rechte der Außerirdischen einzusetzen. Denn obwohl sie äußerlich den Menschen in großen Zügen ähneln, unterscheiden sie sich doch im Innern enorm: Nicht nur die Geschlechtertrennung ist für den größten Teil des Jahres aufgehoben (nur für die halbjährlichen Wochen des "Kesh", in denen der komplette Alltag der Shian zum Erliegen kommt und man sich nur den Trieben hingibt), auch ihre Moralvorstellungen weichen in manchen Dingen erheblich von den unseren ab: so ist zum Schutz der eigenen Kinder jedes Mittel legitim, und sei es Mord. So sind Probleme natürlich vorprogrammiert, wenn Shian ihrem Recht nachgehen und dadurch menschliche Vorschriften mißachten.
Gillespie findet dann auch sofort Arbeit im Belfaster "Welcome Center", das beispielsweise reisende Shian in eine der zahlreichen Kommunen unterbringt und für die Probleme zwischen Menschen und Außerirdischen zuständig ist. Er fühlt eine bisher unbekannte Geborgenheit und wird von seinen Mitarbeitern als Mitglied der "Familie" akzeptiert. Doch all dies wird ihm abrupt genommen, als er eines Tages die ganze Familie regelrecht abgeschlachtet vorfindet. Es gibt keine Zeugen und die Polizei hat keine Anhaltspunkte, aufgrund seiner Vergangenheit ist jedoch unser Protagonist schnell Verdächtiger Nummer Eins. Als aber auch nach dessen Verhaftung die Massaker (auch an Menschen) weitergehen, wird schnell klar, daß der wirkliche Täter noch auf freiem Fuß ist. Zusammen mit einer Shian-Anwältin stellt Gillespie nun seine eigenen Ermittlungen an und versinkt immer tiefer in einem Netz aus Lügen, Vertuschungen und Gewalt ... nur um schließlich zu erkennen, daß sogar er die Shian nicht wirklich versteht.
Urteil: McDonald versteht es wirklich, die Geschichte im Fluß zu halten. Trotz der ernsten Thematik und dem nicht gerade zimperlichen Umgang mit seinen nordirischen Mitmenschen, gelingt es ihm immer wieder durch einen Schuß Sarkasmus die Stimmung aufzulockern.
Ebenfalls erwähnenswert ist an dieser Stelle die gewissenhafte Übersetzung (so scheint es jedenfalls), denn die häufig Verwendung findenden Anspielungen auf die irische Geschichte bzw. irische Idiome werden in Fußnoten erläutert. So gewinnt man auch ohne größere Kenntnisse der besonderen Problematik dieses Landes einen guten Einblick in die Denkweise der Bevölkerung. Immer wieder betont der Autor auch die Frage der "Zugehörigkeit" und vergleicht die Situation von Gillespie - der sich zwischen den Shian und den Menschen befindet - mit dem Problem, sich zwischen den beiden Gegensätzen England bzw. Irland aufzuhalten.
Alles in allem eine erfrischende Lektüre, die großen Lesespaß auf gehobenem Niveau bietet.
Bewertung: 8 von 10 Punkte