Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Hippolyt Krispin scheint das große Los gezogen zu haben: Sein Ausgrabungsprojekt bringt Kenntnisse zu Tage, die die ganze ägyptische Geschichte in Frage stellen. Doch dann geht für den Ägyptologen alles schief. Bei der Öffnung einer Grabkammer kommt einer Helfer auf grauenvolle Weise zu Tode, woraufhin er die Lizenz, Ausgrabungen durchzuführen verliert. Doch davor konnte er einen Blick in die Grabkammer werfen und einen golden Armreif in Form einer Schlange sicherstellen.
Dann jedoch überschlagen sich die Ereignisse: Eine betörend schöne Frau ringt ihm ein Versprechen ab und ein höchst eigenwilliger Pilot entführt ihn in eine Welt jeseits des erklärbaren. Es dauert ein Weile bis Hippolyt Krispin seinen Aufenthaltsort als Duat identifiziert, jener sagenumwobenen Totenwelt der alten Ägypter. Für den Archäologen beginnt eine Tour durch die Hölle. Doch schon bald zeigt sich, dass hinter allem mehr steckt, als es zunächst scheint.
Nach einem wahrhaft furiosen Beginn, der den Leser zunächst einen ganz anderen Roman erwarten läßt schwenkt das Werk in eine düstere Richtung. Ein höllisches Roadmovie, so könnte man den Roman mit einem Begriff zusammenfassen, denn im Mittelteil stolpert Michael Marraks Protagonist von einer Hölle in die nächsten. Dabei spielt der Autor seine Stärken voll aus und beschreibt in gelungener Weise - nicht ohne ein Augenzwinkern - die Strafen der verschiedenen Sünder, die wunderbar zu deren Vergehen passen.
Allerdings kehrt sich diese Stärke schnell in Schwäche um, denn zu sehr beschäftigt sich der Roman mit Szenen der Hölle, doch die Handlung kommt nur schleppend voran. Allerdings ist das die Sicht des SF Lesers. Freunde der unheimlichen Literatur werden diese Szenen vielleicht ganz anders werten und die Szenen mit doppeltem Genuss verfolgen.
Im weiteren Verlauf bietet Michael Marrak dann doch noch wahren SF Stoff und verleiht der Geschichte eine neue Richtung. Endlich löst sich der Autor von der bisherigen Höllentour und die Geschichte gewinnt an Vielfalt. Doch dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Roman keinesfalls ein reiner SF Roman ist, sondern dass es sich vielmehr um ein Crossover von SF und Horror handelt. Aber trifft diese Bezeichnung nicht auch schon auf Imagon und Lord Gamma zu? Also wer gefallen an den anderen Werken Michael Marraks fand, greift hier bestimmt nicht daneben und findet auch in diesem Roman Passagen, die für den Autor typisch.
Was den Titel Morphogenesis (Gestaltbildung oder Entstehung der Form) betrifft, so muss der Leser fast bis zu letzten Seite warten, bis sich dieser erklärt. Optimal ist der Titel nicht. besser wäre es gewesen, beim Titel des Romans zu bleiben, der das Kernelement bildet: Stadt der Klagen erschien 1997 in der Edition Mono und sollte ursprünglich als Zweiteiler erscheinen. Aus Budget Gründen wurde allerdings die Geschichte gekürzt und in einem Band herausgebracht. Jetzt nahm sich Michael Marrak des Stoffes wieder an und brachte den Roman neu heraus. Das Ergebnis kann nun als Morphogenesis im Bastei Verlag erworben werden. Allerdings ist fraglich, ob die Überarbeitung in jeder hinsicht so gelungen war. Der Roman weist besonders im dritten Abschnitt erhebliche Länge auf und man gewinnt fast den Eindruck, als wollte der Autor dem Leser in dieser Sektion, die die Höllentour beschreibt, selbst das Lesen ein klein wenig zu Hölle machen. Doch dann gewinnt das Werk wieder an Fahrt und auch wenn weiterhin hier und da ein Kapitel zu langatmig geraten ist, steht ohne Zweifel fest, dass Michael Marrak sein Handwerk versteht und seine Höllenvision gekonnt zu Papier bringt. 7 von 10 Punkten.
Morphogenesis - Rezensionsübersicht