Titel: Schattenkrieger Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der Zweite Weltkrieg ist lange vergangen, als der ehemalige Colonel Jack Chambers seinen Enkel Sean um einen Gefallen bittet. Der Tradition folgend, ist Sean ebenfalls Soldat in der US-Army. In Deutschland soll er General Mason Briggs, Chef des Heidelberger Standortes, ein Buch überreichen. Auf dem Weg nach Good Old Germany trifft Sean auf einen alten Kriegskameraden. Jacob Goldstein ist Jude und arbeitet inzwischen als Rabbi. Jacob drängt Sean, das Buch nicht zu übergeben, sondern es zu vernichten. Die Gefahr, die davon ausgehe, sei viel zu groß. Sean ist jedoch ein braver Enkel und gehorsamer Soldat. Er übergibt das Buch natürlich, so wie er es seinem Großvater versprach. Allerdings ist er über die Vehemenz verwundert, mit der ihn der Rabbi bedrängt, das Buch zu vernichten.
Das Tagebuch von Jack Chambers geleitet Sean und den General sowie zwei weitere Soldaten zu einem alten Friedhof im Hürtgenwald. Dieser liegt in der Nähe der belgisch-deutschen Grenze und war im Zweiten Weltkrieg heftig umkämpft. In einem Höhlensystem, das sich unterhalb der Gräber befindet, entdecken die Männer Skelette von Menschen, die nicht begraben wurden. Einige dieser Männer gehörten zur Einheit von Seans Großvater Jack Chambers. Der war in einer gefährlichen Mission unterwegs, die dazu führte, dass nur Jack überlebte. Jack und seine Männer hatten es mit einem Gegner zu tun, der nicht von dieser Welt ist. Verursacher waren die Nazis, deren unheimliche Experimente fast an Frankensteins Monster erinnerten. Sie setzten etwas in die Welt, das nicht mehr zu kontrollieren war.
Brian Morelands Erstlingswerk ist eine Art Zombieroman ohne die tumben Untoten, wie sie landläufig bekannt sind. Die ‚guten’ amerikanischen GI kämpfen gegen die ‚bösen’ Nazis. Ein Kampf um Leben und Tod begann, dessen Ausgang bekannt ist. Die Hauptperson Sean Chambers versucht nun, mit Hilfe der Tagebucheintragungen seines Großvaters, den Hergang nachzuvollziehen. Wer jetzt einen Roman erwartet, der auf eine reine Schlachtenorgie abzielt, ist hier verkehrt. Stattdessen liegt eine fesselnde und packende Erzählung vor. Die Figuren sind alle sehr gut nachzuvollziehen in ihren Taten und in ihren charakterlichen Eigenschaften. Der Roman selbst erfindet sich an einigen Stellen immer wieder neu, weil Handlungen und Wendungen auftreten, die der Leser nicht erwartete.
Schattenkrieger ist ein wirklich gut geschriebener Spannungsroman (es schaudert einen beim Lesen doch schon mal sehr deutlich), der durchaus Elemente von H. P. Lovecraft aufnimmt und mehr auf atmosphärisch dichte Beschreibung denn auf Massenmord setzt. Dabei lässt sich der Autor Zeit und baut seine Erzählung langsam, fast zu langsam auf. Das Buch übertrifft in seiner Art vieles, was ich bisher gelesen habe. Und für dieses Jahr ist es der erste wirkliche Horror, den ich in die Finger bekam. Ein weiteres Plus dieses bedrückenden Erzählwerkes ist der Schauplatz. Es ist nicht zum wiederholten Mal eine amerikanische Kleinstadt oder der letzte große von den Amerikanern verlorene Krieg in Vietnam, sondern das in den Augen Amerikas immer noch beschauliche Deutschland.
Das Buch reißt einen mit, hält den Leser gefangen und gibt ihn auch noch nicht frei, wenn die letzte Seite gelesen ist.