Titel: Gloriana Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Königin Gloriana lebt im England des 16. Jahrhunderts, aber in einer Art Fabel-, Parallel- oder Alternativwelt. Ihr Heim ist das vom brutalen und grausamen Vater Huon geerbte Schloss mit all seinen unübersichtlichen Anbauten und Gängen, den hellen Zimmern und dunklen Verliesen. Das Schloss spielt mit seinen labyrinthartigen Hallen, Zimmern und Gängen mehr als nur eine nebensächliche Rolle.
Ihr Vater wurde dereinst von Großadmiral Lisuarte Armstrong und Lord Montfallcon gestürzt. Nun helfen beide der jungen Königin, das Reich zu regieren. Vor allem Montfallcon ist mit seinem Handlanger Arturus Quire für die schmutzige Art der Staatsgeschäfte zuständig. Der Roman jedoch handelt in der Hauptsache vom Leben der Königin Gloriana an einem Hofe im alten elisabethanischen Stil. Der zweite Hauptdarsteller in diesem mittelalterlich anmutenden Roman ist John Dee. John ist ein Magier, der mit allerlei seltsamem und unheimlichem Gesindel Umgang hat. Doch ist er nur einer der vielen, denen Königin Gloriana tagtäglich die Ehre gibt. Die Königin hat es nicht sehr leicht. Auf der einen Seite sind die Gefolgsleute ihr behilflich, andere wiederum haben es eher darauf abgesehen, der Königin zu schaden. Als später Quire in die Dienste der Osmanen tritt, nimmt er sich vor, das Albion von Gloriana zum Einsturz zu bringen. Sein Werk der Intrigen ist so fein gesponnen, dass es für die junge Königin kaum ein Entrinnen gibt. Sie selbst ist gefangen in den Intrigen zwischen den sie umgebenden Menschen. Erst ganz zum Schluss des Buches findet sie zu sich selbst, erkennt, wann sie Gloriana ist und wann sie Albion repräsentiert.
In „Gloriana“, das ein wenig an der Grenze zwischen Science Fiction und Fantasy liegt, finden sich viele Anspielungen auf Elric, Corum oder Hawkmoon, Michael Moorcocks ewigen Helden. Andererseits finden sich auch ein paar Hinweise auf Mervyn Peakes Gormenghast-Trilogie. Gloriana passt auch sehr gut in die „Schublade“ der historischen Fantasy-Romane, die in den letzten Jahren so modern wurden. Wer sein Augenmerk auf eine (pseudo-) historische Umgebung und sehr gut ausgearbeitete Handlungsträger legt, wird von dieser Erzählung begeistert sein.
„Gloriana“ erschien bereits 1981 und wurde 1993 vom Autor neu überarbeitet. Mit der Reihe „Meisterwerke der Fantasy“ eröffnete Heyne eine Reihe mit klassischen Fantasy-Erzählungen, die der Mehrheit der fantasybegeisterten Leser zusagen dürfte. Heyne legt damit den Grundstein für eine außergewöhnliche Sammlung. Michael Moorcock gehört zu den eigenwilligsten Autoren des Genres. Ihm geht es vor allem darum, zu unterhalten. Entweder als Herausgeber von Magazinen, als Sänger und Liederschreiber der Gruppe „Hawkmoon“ oder als Schriftsteller.