Serie/Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Ulrich Blode |
Moloch ist eine Anthologie mit vier Novellen aus der Science Fiction und Phantastik. Die Grenzen zwischen diesen Genres sind fließend und die Autoren verknüpfen die verschiedenen Elemente zu einem interessanten Ganzen. Verbindendes Thema ist die Stadt, was bei Michael Moorcock und Geoff Ryman eher im Hintergrund steht.
Bei Paul di Filippos Ein Jahr in der linearen Stadt (A Year in the Linear City) geht es um einen „Science Fiction“-Autor, mehr oder weniger. Denn hier heißt es „kosmogonische Fiktion“ und di Filippos Geschichte ist trotz manch düster Anwandlungen recht humorvoll. Seine „lineare Stadt“ wird durch einen Fluss auf der einen Seite und einer Eisenbahnlinie auf der anderen Seite umfasst. Jeder Stadtblock hat eine eigene Bürokratie und die Produkte kommen mit der Eisenbahn. Ohne überhaupt diese „unendlich“ langgestreckte Stadt verlassen zu müssen, kann man in Gegenden gelangen, die schon ausländisch anmuten. Die verstorbenen Bewohner werden von Geistern abgeholt und der Standort der Stadt ist letztlich phantastisch genug.
China Miéville legt mit Spiegelhaut (The Tain) die beste Geschichte des Bandes vor. Er bezieht sich dabei auf Jorge Luis Borges und entwickelt seine eigene Geschichte zu den Wesen, die hinter den Spiegeln lauern und darauf warten freizukommen. Das London in Spiegelhaut ist ein apokalyptischer Trümmerhaufen, bewohnt mit den Resten der verbliebenen Bevölkerung, versprengten Soldaten und fabelhaften Wesen unterschiedlicher Art, zum Beispiel Vampiren. Die Hauptfigur Sholl entwickelt einen Plan, wie er den Krieg beenden kann. Er fühlt sich dazu ausersehen, weil er von den Kreaturen unbehelligt bleibt und so für die Belange der Menschen eintreten kann. Das Ende dieser bildhaften Geschichte ist verstörend, weil Miéville einen anderen Weg wählt, als viele Autoren mit ihren heldenhaften Protagonisten.
Geoff Ryman widmet sich in S.A.S (VAO) dem Thema des Alterns und dem Umgang der Generationen untereinander. Der achtzigjährige Brewster war früher Entwickler für Sicherheitstechnologien und lebt jetzt in einem Altersheim mit totaler Überwachung der Insassen. In S.A.S. macht sich Brewster auf, um einer Gang, deren Mitglieder auch bereits im Rentenalter sind, das Handwerk zu legen. Die Bande schreckt nicht davor zurück andere Menschen zu verletzen. Die Auflösung ist bereits früh erkennbar, aber Ryman schafft es eine spannende Geschichte zu erzählen, die vor allem aus der Beschreibung und dem Handeln der Charaktere ihre Kraft schöpft.
Michael Moorcocks Firing the Cathedral gehört zu den Jerry-Cornelius-Geschichten und ist leider nicht so interessant wie die drei anderen Geschichten in Moloch. Es handelt sich praktisch um eine Alternativwelt nach 2001, mit einem untergegangenen Amerika. Moorcock schildert alles mit einem seltsamen Humor, was ihm nicht so recht gelingt.
Moloch ist eine interessante und gelungene Anthologie des Bastei Lübbe Verlags. Nennenswert sind die Beiträge di Filippos, Rymans und besonders Miévilles. Insgesamt ein unterhaltsames Buch.