Titel: Meeresschatten Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Die Aufmachung des Buches ist definitiv besonders, nicht nur das Cover, sondern das ganze Buch.
Das Cover zeigt eine junge Frau, die während der Dämmerung hinaus auf das Meer schaut. Man kann sie nur von hinten erkennen, ihr Gesicht ist für den Betrachter genauso geheimnisvoll wie der Grund für ihren Blick aufs Meer. Die leicht glänzenden Verzierungen in der oberen rechten und unteren Linke Ecke sind ebenso geheimnisvoll: Nicht auf den ersten Blick zu erkennen werden sie erst durch einen Lichtstrahl enthüllt.
Das Buch wartet noch mit einer Karte von Silver Glen, den Schauplatz des Geschehens und verschiedenen Meeresbildern auf – jeweils eines vor jedem Kapitel. Ergänzt werden sie durch ziemlich passende, aber trotzdem geheimnisvolle Kapitelüberschriften.
Der Beruf ihres Vaters führt die Familie nach England – und Jo nach einiger Überzeugungsarbeit nach Silver Glen. Bei ihrer Gastfamilie und alten Freundinnen – seit ihrer Kindheit verbringt Jo ihre Ferien in Silver Glen – fühlt sich Jo heimisch, weit mehr als in ihrer eigentlichen Heimatstadt Hamburg.
Als sie bei einem Strandbesuch jemanden auf dem Sandsteinfelsen Fernhill klettern und plötzlich verschwinden sieht, ist ihre Neugier geweckt und sie versucht, die von ihr “Phantom” getaufte Gestalt zu finden. Ihr nächstes Treffen ist unerwartet, ihr “Phantom” rettet ihr das Leben, als sie auf der Suche nach einer geheimen Bucht von einer Meeresströmung erfasst wird. Die geheime Bucht ist jedoch erst der Beginn einer Reihe von weitaus größeren Geheimnissen.
Ebenso liebevoll, wie der Verlag das Buch gestaltet hat, hat die Autorin ihre Geschichte gestaltet. Ich hatte eigentlich ununterbrochen das Gefühl, an Jos Seite zu sein, mehr noch, die Geschichte durch sie selbst zu erleben. Jos Gedankengänge waren für mich jederzeit – selbst dann, wenn sie verwirrt war – nachvollziehbar; die Gewöhnungsphase vom Stadt- zum Dorfleben, auch wenn sie problemlos verläuft (schließlich hat Jo dort schon einige Ferien dort verbracht und bereits dicke Freunde), ist wirklich gut beschrieben. Ihre Gastfamilie und auch ihre zwei besten Freundinnen Kate und Ellen hatte ich stets bildlich vor Augen. Die Folgen, die Jo aufgrund eines verspäteten Videotheksbesuchs zu ertragen hat, haben mich wirklich amüsiert – ebenso wie der Versuch ihrer kleinen Gastschwester unter Einsatz von Nagellack und Schere Jos Haare zu imitieren.
Jos “Phantom” hat mich ebenso neugierig gemacht wie sie, auch noch nach seiner Enttarnung. Ihr oft schroffes Verhalten ihm gegenüber hat mir manchmal leidgetan – auch wenn ich es mir mit ihrer Unsicherheit gut erklären konnte.
Das Geheimnis, das hinter dem “Phantom” steckt, macht über einen Großteil des Buches die Spannung aus – Stück für Stück wird es enthüllt. Aber mit der Enthüllung ist es längst nicht vorbei mit der Spannung: Um das, was hinter dem Geheimnis steckt, zu wahren, muss ein weiteres Geheimnis entschlüsselt werden – und die Zeit dafür wird eng: Jo und ihre neugewonnenen Freunde sind nicht die einzigen, die hinter dem Geheimnis her sind – und ihr Gegner schreckt vor nichts zurück, um es zu lüften. Selbst als Leser weiß man so nicht wirklich, wem man trauen kann. Leonie Jockusch weiß, wie sie ihre Leser überraschen kann.
Auch mit dem Ende des Buches hat sie mich überrascht: Obwohl es noch mal wirklich knapp wird, geht es zum Glück gut aus, aber ganz anders als ich es erwartet habe. Dennoch ist das Ende mehr als treffend – und passt absolut zum Rest des Buches.
Die Geschichte ist erfrischend anders, die Figuren sind faszinierend und die Spannung hält sich von der ersten bis zur letzten Seite. Damit ist “Meeresschatten” genau das Richtige für alle, die sich einmal mehr ganz in einem Buch verlieren und für eine kurze Zeit alles andere vergessen wollen: Mit “Meeresschatten” kann man tatsächlich in eine andere Welt eintauchen – und das habe ich sehr genossen.