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Die englische Autorin Justina Robson hat in ihrem Heimatland bislang 3 Romane und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht, die erste 1994 als Justina L. A. Robson. Ihr erster Roman erschien unter dem Titel „Silver Screen“ im August 1999 und war auf der Nominierungsliste für den Arthur C. Clarke Award 1999 dem best bekanntesten SF-Preis Englands, und den British Science Fiction Association Best Novel Award zu finden.
Zusammen mit „Silver Screen“ gewann sie mit „Mappa Mundi“ den Amazon.co.uk Writer`s Bursary 2000. Weiterhin schaffte es dieser Roman ebenfalls auf die Nominierungsliste des Arthur C. Clarke Award 2001.
Justina Robson wurde in Leeds, Nordengland geboren und lebt dort auch heute noch. Sie fing bereits mit sechs Jahren an zu schreiben. Später studierte sie dann Philosophie und Linguistik, also keine technische, biologische u.ä. Wissenschaft, wie der Leser aufgrund des Romanhintergrundes vermuten würde. Sie ist verheiratet und Mutter einer kleinen Tochter.
Hierzulande liegt in Übersetzung nur „Mappa Mundi“ vor. Wiederum ist es dem Bastei-Lübbe-Verlag und hier in Gestalt von Stefan Bauer zu verdanken, dass eine noch am Anfang ihrer Karriere stehende Autorin, die nicht zu den ganz großen der SF-Szene Englands zu zählen ist, in deutscher Sprache veröffentlicht wird. Für diesen verlegerischen Mut gebührt ihm der Dank, der nicht gerade mit qualitativ hochwertigen SF-Romanen und -Kurzgeschichten verwöhnten Lesern.
Die Wissenschaft in Justina Robsons naher Zukunft ist mittlerweile soweit fortgeschritten, dass das menschliche Gehirn kaum noch Geheimnisse birgt. Nicht nur sind aus biologischer Sicht die Abläufe im Gehirn entschlüsselt, auch die Gedanken an sich kann man nachvollziehen. Damit einhergehend besteht nun die Möglichkeit den menschlichen Geist umzuprogrammieren, ihm einen anderen Willen zu unterwerfen. Wohl jeder Leser kann sich vorstellen, welche Möglichkeiten darin die Regierungen der führenden Wirtschaftsnationen sehen und welche Angst sie haben, dass diese Technik u.a. von arabischen Ländern oder China beherrscht wird.
Wer zuerst eine einsatzfähige Methode erfindet Menschen im großen Stile zu „programmieren“, ohne dass damit gesundheitliche Schäden einhergehen, könnte die Welt nach seinem Bild formen. Eine beängstigende Vision, die uns die Autorin in ihrem Roman präsentiert.
Die wissenschaftlichen und technischen Hintergründe bleiben während des gesamten Romans wohltuend im Hintergrund. Es handelt sich bei „Mappa Mundi“ also keineswegs um einen Hard-SF-Roman, sondern die Autorin geht vielmehr den Fragen nach, was für Auswirkungen die wissenschaftliche Arbeit an solch einem Projekt auf ihre Protagonisten und auf die Mächtigen der USA hat.
Im Mittelpunkt steht zum einen der FBI-Sonderermittler Jude Westhorpe, der mehr oder weniger durch Zufall auf das Projekt „Mappa Mundi“ stößt, und die Wissenschaftlerin Nathalie Armstrong, die eine Schlüsselposition bei der Entwicklung einer funktionsfähigen Version spielt. Während Westhorpe versucht Beweise für einen Feldversuch zu sammeln, der ausgerechnet in dem Indianerreservat, in dem seine Halbschwester lebt, durchgeführt wurde, ist Nathalie Armstrong dagegen bemüht die Möglichkeiten von „Mappa Mundi“ vor ihm zu verbergen. Natürlich entwickelt sich zwischen den beiden eine Liebesbeziehung, die ihre jeweilige Sichtweise der Dinge beeinflusst. Auch gefährliche Gegenspieler, hier u.a. in Gestalt von Judes sehr gut aussehender Partnerin Mary Delaney, dürfen nicht fehlen, um aus diesem Roman eher einen Wissenschaftsthriller zu machen, denn einen reinen SF-Roman.
Die technischen und wissenschaftlichen Aspekte stehen nicht im Vordergrund, sondern eher die philosophischen, denn die Autorin diskutiert über ihre Figuren Fragen des Umgangs mit solch einer Erfindung, den moralischen Aspekten, den Reaktionen von Regierungen und Wirtschaftsunternehmen und den möglichen Veränderungen für die gesamte Zivilisation. Wie in vielen Erfindungen des menschlichen Geistes steckt auch in dieser sowohl gutes wie schlechtes.
Die Autorin bietet ihren Lesern dann am Ende ihres Werkes einen positiven Ausblick in die Zukunft, indem sie ihrer Romanheldin eine Schlüsselrolle zukommen lässt. Justina Robsons Antwort auf die von ihr aufgeworfenen Fragen stellt so etwas wie ein Happy End dar.
Aus meiner Sicht ist „Mappa Mundi“ verdienter Maßen auf die Nominierungsliste des Arthur C. Clarke Awards gesetzt worden. Der Roman bietet einfach mehr als nur eine spannende Handlung und einen durchaus nachzuvollziehenden wissenschaftlichen Ansatz. Der Autorin ist es gelungen die ihr wichtigen philosophischen Aspekte in einem lesenswerten SF-Roman zu integrieren.
Es gilt mit „Mappa Mundi“ eine bislang unbekannte SF-Autorin zu entdecken.