Reihe: Die geheime Mission, Band 1 Eine Rezension von Damaris Metzger |
Inhalt/Verlagsinfo
Europa am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Und doch ganz anders, als wir es kennen ... Prinz Aleksandar, der Sohn des in Sarajevo ermordeten Erzherzogs Franz Ferdinand, ist auf der Flucht. Seine eigenen Leute jagen ihn gnadenlos und plötzlich steht er zwischen allen Parteien. Alles, was ihm bleibt, ist ein "Stormwalker", eine der perfekten neuartigen Lauf- und Kriegs-Maschinen seines Landes. Doch auch in den Schweizer Alpen ist Alek nicht sicher, als dort das britische Luftschiff "Leviathan" landet – eine nie dagewesene Mischung aus Tier und Maschine und das Meisterstück der britischen Armee. Die "Leviathan" befindet sich auf geheimer Mission ins Osmanische Reich. Mit an Bord: die als Junge getarnte Deryn, der nichts so wichtig ist wie das Fliegen ... Alek rettet sich an Bord der "Leviathan" und muss mit Deryn gemeinsame Sache machen. (Text- und Bildquelle: Heyne Verlag)
Über den Autor
Scott Westerfeld wurde in Texas geboren. Er ist Komponist, Software-Designer und Autor zahlreicher Science Ficiton- und Jugendbücher, darunter auch Ugly, Pretty, Special und Extra, mit denen er international Aufsehen erregte. Scott Westerfeld lebt mit seiner Frau in New York und Sydney/Australien.
Rezension
Der erste Satz: Die österreichischen Pferde glänzten im Mondlicht, die Reiter standen aufrecht in den Steigbügeln und reckten ihre Schwerter in die Höhe.
Aleksandar wird in der Nacht unsanft von seinem Lehrmeister und einem Maschinisten geweckt. Aleks Eltern, der Vater ist Erzherzog von Österreich, wurden in Sarajevo ermordet. Da Alek aus der alten österreichischen Geschlecht der Habsburger stammt ist er nun in Gefahr und muss mitten in der Nacht fliehen. Zur Flucht steht ihm und seinen zwei Getreuen ein Sturmläufer, eine moderne Kampfmaschine der Mechanisten, ähnlich einem Kampfroboter. Mit diesem möchten die Flüchtenden bis in die Schweiz finden, wo Alek auf neutralem Boden Unterschlupf finden kann.
Zur gleichen Zeit bereitet sich Deryn Sharp in England auf ihre Prüfung vor. Sie möchte unbedingt zum Britischen Air Service und dort auf einem Flugschiff dienen. Da der Air Service aber nur männliche Kadetten ausbildet, muss sich Deryn als der Junge Dylan ausgeben. Bei ihrer Flugprüfung geht etwas schief und Deryn wird vom größten Luftschiff der Darwinisten, der "Leviathan" gerettet. Die "Leviathan" besteht aus einer tierischen und technischen Kombination und gleicht in etwas einem riesigen Wal. Die "Leviathan" ist auf einer geheimen Mission ins Osmanische Reich, auf der Deryn das Flugschiff nun begleitet.
Als in der Schweiz die österreichischen Maschinisten mit ihrem Sturmläufer und die englischen Darwinisten mit dem Flugschiff "Leviathan" aufeinandertreffen, erkennen sie, dass sie zusammenarbeiten müssen, wenn beide Gruppen überleben wollen.
Für einen Jugendroman das Setting des Ersten Weltkriegs zu nehmen ist nicht einfach, da vielen Jugendlichen diese Ära mehr und mehr fremd ist. Für einen Steampunk Roman eignet sich die Kulisse jedoch perfekt. Die Hauptmerkmale des Steampunk sind Zukunft und Vergangenheit miteinander zu verschmelzen, diese zwei Merkmale konnte Scott Westerfeld in "Leviathan: Die geheime Mission" deutlich hervorheben.
Westerfeld stellt in seinem Roman zwei konkurrierende Gruppen gegenüber. Zum einen die Mechanisten (z.B. Deutschland und Österreich), die auf moderne Maschinenwissenschaft und Kriegsgeräte setzten. Ihre Kampfgeräte sind ausgefeilte, technische Gebilde, die in ihrer Fortbewegung jedoch stark an Lebewesen orientiert sind. Die andere Gruppe sind die Darwinisten (z.B. Britannien), die sich an Darwins Wissenschaft der "Lebensketten" orientieren. Ihre Schöpfungen, z.B. Fluggeräte und Luftschiffe sind organischen Ursprungs, praktisch lebendige Mischformen von Tieren, die mit technischem Gerät kombiniert werden.
Das klingt alles furchtbar kompliziert, ist aber durch die einfache Sprache sehr gut zu verstehen. Hervorzuheben sind die vielen aussagekräftigen Zeichnungen, die sich durch das ganze Buch ziehen und es ungemein bereichern. Dadurch bekommt man eine genaue Vorstellung, was man liest und hat während des Lesens eine Vorstellung vom Geschehen, als würde man einen Film anschauen. Dadurch eignet sich der Roman für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen und macht einfach Spaß.
Die Geschichte wechselt zwischen den Ereignissen um Thronfolger Alek und Kadett(in) Deryn Sharp, nach jeweils zwei Kapiteln, die Perspektive. So hat man ausreichend Zeit die Hauptcharaktere gut kennenzulernen, bevor die einzelnen Handlungsstränge dann zusammenlaufen.
Durch eine etwas nüchterne Abhandlung fällt es einem am Anfang noch etwas schwer, die einzelnen Personen zu charakterisieren. Dafür entwickeln sie alle im Verlauf der Geschichte so manch liebevolle und lustige Eigenart, die jeder Person wie auf dem Leib geschneidert passt.
In "Leviathan: Die Geheime Mission" gibt es eine gute Ausgewogenheit zwischen spannenden Action- und Kampfszenen und Verständnisszenen. Das Buch wird nie langweilig und auch Leser, die technisch weniger versiert sind, fühlen sich mit der Geschichte wohl. Wer bisher wenig oder kaum im Genre Steampunk gelesen hat, sollte dem Genre mit diesem Buch ruhig einmal eine Chance geben. Die verwendeten Steampunk Elemente sind wirklich beeindruckend.
Die Erzählung endet mit einem spannenden Showdown, der die Handlung in diesem Band zwar abschließt, den Leser aber gleichzeitig auf die nächste Reiseetappe der "Leviathan" neugierig macht. Die Leviathan-Trilogie wird mit dem zweiten Band "Behemont: Im Labyrinth der Macht (cbj, April 2011) fortgesetzt.
Persönliches Fazit
Geschichten rund um den Ersten Weltkrieg sind nicht jedermanns Sache. Auch für mich wirken sie eher befremdlich. Umso überraschter war ich, wie gut Scott Westerfeld diese Vergangenheit mit fiktiven Zukunftsmaschinerien verknüpft. Einige Steampunk Elemente, bzw. technische Errungenschaften, sind im Roman geradezu unfassbar und wirklich sonderbar. Die detaillierten Zeichnungen haben mir immer genau gezeigt, von was ich gerade lese. So war "Leviathan: Die geheime Mission" eine sehr beeindruckende und spannende Lektüre. 4 von 5 Sternen.