|
Titel: Leichenfresser
Eine Rezension von Sebastian Hallmann |
Inhaltszusammenfassung:
Sommerferien… für die zwölfjährigen Timmy, Barry und Doug sollte es eigentlich die Zeit des Jahres werden. Sie wollten Abenteuer erleben, den Sommer genießen. Die Kids konnten nicht ahnen, dass sie dabei in ein viel gefährlicheres Abenteuer hinein rutschen würden, als sie es sich vorstellen konnten. Der Horror beginnt, doch daneben wird auch der normale, alltägliche Wahnsinn immer mehr an die Oberfläche gespült.
Kritik:
Stammleser wissen ja, wie meine Meinung zum Festa-Verlag ist, darüber muss ich wohl nicht mehr viele Worte verlieren. Auch Brian Keene ist mittlerweile kein ganz neues Gesicht mehr, die Besprechung zu seiner “Versammlung von Krähen” ist noch nicht so lange her. Die Voraussetzungen waren also gut, es wieder einmal mit einer runden Sache zu tun zu bekommen. Auch wenn ich hinsichtlich vieler Meinungen, die in “Leichenfresser” das Horrorbuch des Jahres zu sehen meinen schon etwas vorsichtig an den Roman heran gegangen bin.
Die Geschichte selbst weist dabei auf den ersten Blick schon leichte Parallelen zu Stephen Kings Klassiker “ES” auf – allerdings wirklich nur auf den ersten Blick, denn bei genauerer Betrachtung hören die Ähnlichkeiten schon in den persönlichen Geschichten der Jungs direkt wieder auf. Keene ist es gelungen, drei grundverschiedene Schicksale miteinander zu verflechten und seiner eigentlich altbekannten Horrorstory rund um einen Ghul eine zusätzliche Dimension des Schreckens hinzuzufügen, eine sehr viel greifbarere und realere Dimension. Wie ich finde eine absolut stimmige Anreicherung der eigentlichen Geschichte, die mit zunehmender Seitenzahl immer mehr zu einer Art Grundgerüst wird, welches eigentlich nur noch den Zweck hat, das große Ganze zusammenzuhalten – ohne dabei jedoch selbst zu einem notwendigen Übel zu werden. Keene gelingt es mit “Leichenfresser” also, einen Spannungsbogen zu erschaffen, der den Leser gleich auf mehreren Ebenen ins Geschehen zieht und ihn auch erst zum Schluss wieder los lässt. Ähnlich wie auch “Eine Versammlung von Krähen” bietet “Leichenfresser” eine typisch amerikanische Kleinstadt als Szenario, deren Atmosphäre gut eingefangen ist. Sie ist zudem sehr bildlich ausgestaltet, auch wenn der Autor sich auf relativ wenige Haupthandlungsorte beschränkt. Nicht weiter schlimm, denn diese wirken dadurch nur noch intensiver auf den Leser ein, zumal jeder von ihnen auch noch eine ganz eigene Geschichte zu erzählen hätte.
Was nun die Charaktere betrifft, meint man zunächst ebenfalls diese oben angesprochenen Parallelen zu erkennen, aber auch hier zerschlägt sich dieser Eindruck schnell wieder. Wo King in epischer Breite ausgefeilte Figuren präsentiert, ist Keene etwas sparsamer. Was der Sache aber keinen Abbruch tut, denn die Charaktere funktionieren in “Leichenfresser” genau so gut wie die Kids aus “ES”. Sie kommen absolut glaubwürdig daher und bringen durch ihre gänzlich unterschiedlichen Vorgeschichten eine zusätzliche Würze in den Roman. In den Handlungsweisen durchgehend glaubwürdig und logisch schließt man sie schnell ins Herz und drückt ihnen ab einem gewissen Punkt einfach nur noch die Daumen, dass sie heile durch die Geschichte kommen.
Stilistisch gibt es bei Brian Keene nichts neues. Wie schon im zuletzt gelesenen Buch ist seine Art zu schreiben für Horrorfans gut zugänglich. Zwar ist das Gaspedal weniger stark durchgetreten als in “Eine Versammlung von Krähen”, gerade diese Ruhe ist es jedoch, die dem Roman einen ganz besonderen Flair gibt und dafür sorgt, dass der durchgehend zumindest unterschwellig vorhandene reale Horror eine noch stärkere Wirkung auf den Leser entfalten kann. Durch diese fast schon gleichberechtigte Kombination von unterschiedlichen Elementen geht natürlich der Guts n Gore-Faktor im direkten Vergleich stark zurück, was aber nicht störend ist, sondern im Gegenteil dafür sorgt, dass “Leichenfresser” auf eine ganz andere Art und Weise hart ist.
Fazit:
Leichenfresser” dürfte wohl tatsächlich zu einer der besten Horror-Veröffentlichungen des ausklingenden Jahres gehören. Brian Keene hat hier einfach alles richtig gemacht: gut ausgearbeitete und wunderbar funktionierende Charaktere in einer fast schon klassischen Horrorgeschichte, die jedoch deutlich vielschichtiger ist, als der erste Eindruck es vermitteln kann. Für Genrefans auf jeden Fall eine absolute Empfehlung – und für diejenigen, die sich vom “harten” Eindruck vieler Festa-Veröffentlichungen abschrecken lassen vielleicht der optimale Einstieg.