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Reihe: Kushiel, Band 4 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Mehr als zehn Jahren sind seit Phèdres und Joscelins Reise bis ins tiefe Afrika vergangen. Es waren Jahre des Friedens und beide waren damit beschäftigt, Imriel nó Montrève de la Courcel zu erziehen. Aus dem seelisch schwer verletzten Jungen ist inzwischen ein Mann geworden, der immer noch unter den traumatischen Ereignissen seiner frühen Kindheit leidet, doch die Liebe der beiden Pflegeeltern half ihm, damit zurechtzukommen. Nun aber wird sein Erbe mehr und mehr zu einem Problem für ihn, denn auch wenn seine beiden Eltern Verräter am Reich der Terre d`Ange waren, so ist er doch dritter in der Thronfolge. Während sich Imriel nichts mehr wünscht, als ein normales Leben als Adliger zu führen, setzen Gegner und Freunde Erwartungen in ihn und fast alle versuchen seinen Status für sich auszunutzen. Dabei möchte er nicht weiter, als seinen eigenen Weg im Leben finden.
Wie schon in der ersten Kushiel-Trilogie kommt Autorin Jacqueline Carey auch dieses Mal mit sehr, sehr wenig Action aus. Die Spannung erwächst eigentlich nur aus den Beschreibungen von Imriels Leben und wieder mal zeichnen Carey ihre großen schriftstellerischen Fähigkeiten aus. In der ersten Hälfte des Romans beschäftigt sich das Buch mit dem Heranwachsen Imriels und dessen Leben, das vom Wechsel von am Hofe Terre d`Anges und dem einfachen Landleben an Phèdres Landsitz gekennzeichnet ist. So erlebt der Leser den Wandel des Teenagers zum Erwachsenen. In der zweiten Hälfte geht es um die Reise nach Tiberium, wo Imriel mit einem Vetter das Studium beginnt. Doch auch dort lässt er seine Vergangenheit und seinen Status nicht zurück und muss am Ende sogar um sein Leben kämpfen.
Im vierten Band der Kushiel Reihe, der gleichzeitig auch der Auftakt einer neuen Trilogie ist, steht Imriel als alleiniger Protagonist im Mittelpunkt, was vielleicht manchen Leser ein wenig stören wird, weil Phédre nur am Rande vorkommt. So etwas ist immer schwierig, aber am Ende ergibt es doch Sinn, eine neue, unverbrauchte Figur in den Mittelpunkt zu stellen. Nach meinem Geschmack hätte die Autorin mit ihrer Geschichte etwas zügiger voranschreiten können, auch wenn niemals Langweile aufkam. Doch in Anbetracht von fast 1000 Seiten passiert erstaunlich wenig. Ärgerlich ist die Tatsache, dass Imriel das ganze Buch ablehnt, die Briefe seiner Mutter, der Verräterin Melisandes, zu lesen, doch das Buch endet damit, dass er die Briefe öffnet. Grmpf, da fühlt man sich als Leser ein klein wenig verarscht. Frau Carey, so nicht: Dafür gibt es Abzüge.
Deswegen nur 6 von 10 Punkten.