Reihe: Die Magier, 2. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Auch der zweite Roman der Reihe weiß zu überzeugen. Handwerklich ist er sehr gut gelungen. Damals, bei den alten Terra- und Terra-Nova-Heftromanen gab es weiße Titelbilder mit einem farbigen Vordergrund. Genau dieses Merkmal hat auch dieser Roman. Dadurch kommt der Magier-, Zauber- oder Sonstwie-Stab hervorragend zur Geltung. Ebenso überzeugend die Klappbroschur, auf deren Innenseite, vorn wie hinten, eine farbige Landkarte abgedruckt wurde. Wenn das kein Grund ist, das Buch zu kaufen, dann weiß ich es nicht. Na gut, man könnte noch die fabelhafte Geschichte in den Vordergrund stellen.
Als vor etwa einhundert Jahren sechs Vertreter der verschiedenen Volksgruppen als Abgesandte ihrer Völker von dem geheimnisvollen Fremden Nol auf die ebenso geheimnisvolle Insel Ji gelockt wurden, wusste niemand, worauf er sich einließ. Auf der Insel Ji, vor der Küste des Königreichs Lorelien, bekamen sie etwas zu Gesicht, über das sie zu schweigen beschlossen, auch wenn es ihnen den politischen und finanziellen Ruin brachte. Von den zehn ausgesandten Personen kamen nicht alle - dafür aber zum Teil schwer verletzt - zurück. Niemand sollte je erfahren, was sie im Inneren der Insel sahen und erlebten. Nicht einmal ihren Nachkommen, die sich noch immer regelmäßig treffen, ist bekannt, was ihre Vorfahren erlebten. Die Nachfahren wissen nur, dass es sehr bedeutend war. Seither haben sich die Nachkommen der Volksvertreter über die Ländergrenzen hinweg zu einer festen Gemeinschaft zusammengeschlossen.
Das Leben der Nachfahren gerät in Gefahr, als eine als Unfall getarnte Mordserie unter ihnen wütet. Um der Gefahr besser entgegentreten zu können, schließen sich die Bedrohten zusammen. Gemeinsam wollen sie herausfinden, warum die Attentäter einen nach dem anderen heimsuchen. Die Attentäter führen sogar Listen mit sich, auf denen steht, wer als nächstes sterben soll. Die verbliebenen sechs Freunde machen sich nun ihrerseits auf, den Auftraggeber zu finden. Damit einher geht eine Erkundung der Insel Ji. Sie müssen herausfinden, was ihre Vorfahren sahen und welche Auswirkungen das auf ihr Leben hat. Der Aufenthalt auf Ji ist jedoch nur kurz. Immerhin haben sie nun eine Ahnung davon, welches Geheimnis ihre Altvorderen auf ihrem Herzen lag. Unter der Führung einer Magierin suchen sie in Lorelien und den angrenzenden Reichen nach weiteren Spuren.
Während im ersten Teil die Gefährten Yan, Léti, Rey, Grigán, Bowbaq und Corenn nur auf äußere Einflüsse reagierten und so ständig im Zugzwang waren, drehen sie den Spieß um und werden selbst aktiv. Dadurch müssen ihre Gegner, Menschen wie Dämonen, reagieren, und man hofft, dass sie Fehler machen, die den Gefährten weiterhelfen werden. Der immer noch unbekannte Feind scheint auch in den Ländern gegenüber von Ji seine Finger im Spiel zu haben. Die sechs Gefährten erkennen Zusammenhänge, denen sie vorher nie Beachtung schenkten. Das Wissen darum hilft ihnen aber nicht sehr viel weiter, denn die Spur, die sie verfolgen ist äußerst schemenhaft.
Nach und nach nutzen die Gefährten ihr Wissen, um es in einen neuen Zusammenhang zu stellen, auszuwerten und nach neuen Hinweisen in alten Schriften und Mythen ihrer Völker zu suchen. Sie stellen Verbindungen her und gelangen so zu neuen Erkenntnissen. Auch die Mitglieder selbst, die sich ihren Ängsten und Wünschen stellen müssen, gelangen zu neuen Erkenntnissen. Aus der jungen Léti wird eine fähige Kriegerin, und Yan erweist sich als begabte Magierin. Natürlich müssen sie noch lernen, denn es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Pierre Grimbert schreibt, wie ich es von francobelgischen Comics, wie etwa "XIII", gewohnt bin. Nie geradlinig, immer wieder mit verblüffenden Wendungen, in manchen Dingen etwas zusammenhanglos bis überflüssig, bis später plötzlich der Aha-Effekt kommt und man die Zusammenhänge erkennt. Diese Schreibweise scheint auch der Grund zu sein, warum so wenige Romane aus dem europäischen Ausland den Weg nach Deutschland finden. Hier verlässt man sich zu sehr auf die englischsprachigen Romane. Wo die englischsprachigen Romane auf "Action" setzen, punkten französische, belgische und auch spanische Romane mit der Beschreibung des fremden Landes, dessen Bewohner und Lebensweisen.
Krieger der Dämmerung - die Rezension von Joanna Lenc