Reihe: Kultur Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Das Thema, mit dem sich der Autor und letztlich auch der Leser beschäftigt, ist die virtuelle Hölle. Der Hintergrund ist relativ leicht erzählt: Wenn die Bewusstseine der Völker digital gespeichert werden können, verlieren Hölle und Himmel ihre eigentliche Bedeutung. Die unterschiedlichen Intelligenzwesen des Universums haben natürlich unterschiedliche Vorstellungen von Himmel und Hölle, von Wiedergeburt und endgültigem Tod. Bei einigen herrscht der Glaube vor, in der Hölle eine Bestrafung voller Qualen zu erhalten, während der Himmel die Belohnung darstellt. Die Völker, die keine solchen Vorstellungen von absolut Gut und Böse kennen, wollen Himmel und Hölle gänzlich abschaffen. Um diese Abschaffung tobt zwischen den verschiedenen Gruppen ein wilder, virtueller Krieg. Der Krieg im Himmel (warum lautet der Titel des Buches aber Krieg der Seelen?), wie er genannt wird, zieht sich bereits seit einigen Jahren hin. Als eine der ‚Kriegsparteien’ vor der endgültigen Niederlage steht, bricht sie die Vereinbarung, die da lautet, den virtuellen Krieg nicht auf die Ebene der Wirklichkeit zu ziehen und keine Auseinandersetzung zwischen Lebewesen daraus zu machen. Die meisten Völker halten sich aus diesem Konflikt der Hardliner heraus. So auch die KULTUR. Dennoch gelingt es einigen Verschwörern, die KULTUR direkt in diesen Konflikt hineinzuziehen und zur Stellungnahme zu zwingen.
Iain Banks, einer der besten britischen Autoren, greift philosophische sowie moralische Fragen auf. Mit seinem neuesten Roman Krieg der Seelen beweist er wieder einmal überzeugend und eindeutig seine Meisterschaft. Selbige kann man im Wilhelm Heyne Verlag bestaunen, wo in der Rubrik Meisterwerke der Science Fiction inzwischen Bedenke Phlebas neu aufgelegt wurde, der als erster Roman aus dem KULTUR-Zyklus anzusehen ist. Iain Banks zählt zu den besten Science-Fiction- Autoren. Er ist es nicht gewöhnt, einfach zu schreiben. Im Gegenteil, er schreibt sehr komplex und nicht immer ganz gradlinig. Krieg der Seelen wirkt auf den Leser auf den ersten Blick nicht unbedingt wie eine leichte Lektüre. Andererseits: Wer sich mit dem Text anfreunden kann, wird jede weitere Zukunftserzählung als einfache Unterhaltung ansehen. Zu Beginn des Romans erscheint die Geschichte etwas unübersichtlich. Die unterschiedlichen, parallel ablaufenden Handlungsstränge scheinen erst einmal nichts miteinander zu tun zu haben, finden jedoch mit der Zeit zu einem logischen und schlüssigen Ganzen zusammen. In kurzen Abständen wird zwischen den Orten und Handlungsträgern gewechselt, so dass man den Eindruck eines verschachtelten Romans erhält, der die Orientierung des Lesers verwirrt. In dem Augenblick, da sich die Handlungsstränge einander nähern und es zu Überschneidungen kommt, ergeben sich erst die wichtigen Zusammenhänge. Daneben finden sich lange Beiträge, in denen Iain Banks sein Universum weiter ausbaut, indem er mit technisch-utopischen Ideen glänzt.
Im Prinzip kann man die seitenstarke Handlung auf ein Thema herunterbrechen: Wenn es möglich ist, das Bewusstsein eines intelligenten Wesens nach seinem Tod in die Matrix zu laden, darf man es mit Höllenqualen belegen? Und wenn man dies kann, dann nur bei diesen Wesen, die an eine Hölle glauben? Die Bestrafungen wären möglich, aber sind sie definitiv beweisbar? Können sie gesteuert werden? Ein Leben nach dem Tode ist bei vielen Kulturen im KULTUR-Universum durchaus eine gängige Vorstellung. Ein Leben nach dem Tod in der Matrix wäre ebenso denkbar.
Der Roman ist eine gut geschriebene, intelligente Space Opera mit imposanten Raumschlachten, die neben einer lesenswerten Erzählung mit spannenden Handlungen und Handlungsträgern auch Ränkespiele und Auseinandersetzungen jedweder Art anbietet. Stilistisch gäbe es auf den ersten paar hundert Seiten einiges zu bemängeln. Die ewigen Gedankenstriche, die die Sätze auseinanderreißen, sind nicht geeignet, einen Lesefluss herzustellen. Die Beschreibungen der Umgebung und handlungsrelevanten Orte ist gelungen. Unter anderem sind die Höllenszenen so beschrieben, wie ich mir eine Hölle vorstelle. Die Beschreibungen der künstlichen Intelligenzen der Raumschiffe, mit so sonderbaren Namen wie Aus dem Rahmen normaler moralischer Restriktionen fallend oder Besondere Umstände, Restoria und Quietus, sind herrlich verschroben. Gerade das Schiff Aus dem Rahmen normaler moralischer Restriktionen fallend mit seinem Avatar Demeisen spielt eine wichtige Rolle.
Alles in allem ist der vorliegende Roman wieder sehr gut und empfehlenswert. Leider mit einigen Abstrichen.