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Reihe: Kohärenz, 1. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Christopher ist auf der Flucht. Gemeinsam mit der gleichaltrigen Serenity ist er unterwegs in der Wüste Nevadas. Irgendwo dort draußen muss Serenitys Vater leben, der Visionär und Vordenker Jeremiah Jones, der sämtlicher Technik abgeschworen hat, nachdem er erkennen musste, welche Gefahren die weltweite Vernetzung mit sich bringen kann. Doch eine Flucht vor der Technik - ist das heute überhaupt möglich? Serenity ahnt bald, auf was und vor allem auf wen sie sich eingelassen hat. Denn der schwer durchschaubare Christopher ist nicht irgendjemand. Christopher hat einst den berühmtesten Hack der Geschichte getätigt. Und nun ist er im Besitz eines Geheimnisses, das dramatischer nicht sein könnte: Die Tage der Menschheit, wie wir sie kennen, sind gezählt.
Es gibt Momente im Leben eines Menschen, die sind unvorhersehbar. So etwa das plötzliche Auftauchen von Christopher. Serenity Jones, Tochter des gesuchten Terroristen Jeremiah Jones, weiß nicht, was sie von Christopher halten soll, der sich plötzlich in ihrem Leben breit macht. Er behauptet, er müsse unbedingt ihren Vater finden. Christopher behauptet, er könne ihm helfen. Wie sich herausstellt, ist Christoph niemand anderes als Computer Kid. Er hatte als weltbester Hacker vor ein paar Jahren das Bankensystem ausgetrickst.
Jetzt ist er auf der Flucht und gleichsam auf der Suche. Insgeheim ist Serenity davon überzeugt, dass der junge Mann ziemlich übertreibt. Diese Annahme wird ad absurdum geführt in dem Moment, da er sich an einer Tankstelle an einen Fingerabdruck-Scanner heranwagt. (Schön blöd, es zu versuchen, wenn man weiß, dass man verfolgt wird.) Natürlich wird Christoph erkannt und nur wenig später hängen vier Hubschrauber hinter Serenity, ihrem Bruder Kyle und Christopher in der Luft. Sie jagen die drei durch die Wüste, und spätestens als Christopher mit seinen unglaublichen Fähigkeiten die Verfolger zum Absturz bringt, ändert sich Serenetys Meinung. Allerdings weicht die Meinung nicht etwa Hochachtung vor dessen Können, sondern Serenity hat einfach nur noch Angst.
Die Angst ist durchaus begründet, doch es geht um mehr als nur einen Jungen, der einen Terroristen sucht. Die Menschheit hat mit ihren technischen Möglichkeiten etwas geschaffen, das es, ähnlich Goethes Zauberlehrling, nicht mehr unter Kontrolle hat. Die sogenannte Kohärenz, die sich verselbstständigt und nun nach der Weltherrschaft strebt.
Andreas Eschbach ist mir für seine guten Bücher durchaus bekannt. Gerade liest ein Freund auf meine Empfehlung seine Marsromane und ist begeistert. Black Out ist ihm sehr gelungen. Während sich der Leser noch ziemlich unbedarft durch die ersten Seiten müht, ohne zu wissen, wohin und warum, steckt er schon in der Handlung. Es erfolgt keine lange Einführung, sondern der Leser wird wie beim berühmten Sprung ins kalte Wasser reingeschubst. Du bist da, mach was draus. Was bleibt also übrig? Lesen, lesen, lesen und die Zeit vergessen. Gut, dass der nächste Morgen ein Sonntag war und ich um 7 Uhr ins Bett ging.
Langsam erfährt man die Hintergründe: Warum und wie geriet Christopher ins Fadenkreuz der Ermittler, warum kam es zur Tat etc. Andreas Eschbach geizt nicht mit Informationen. Es bedeutet aber auch, dass er nicht alle Informationen auf einmal ausspielt. Wie ein guter Pokerspieler lässt er mit seinen Informationen sein Gegenüber, den Leser, selbst nachdenken, bevor er noch eins draufsetzt.
Die Grundvoraussetzung des Romans ist der technische Fortschritt, der unser Leben angeblich erleichtert, meist aber mit einem Griff in den Geldbeutel eher diesen erleichtert. Gleichzeitig wird der Mensch als solches gegängelt. Oder wieso verlangt die amerikanische Zeitung SUN im Internet plötzlich Geld, wenn man eine Meinung zu einem Artikel schreiben will. Oder warum lässt Apple keine Anschlüsse an seinem iPad zu? Oder oder
Technisch gesehen geht es darum, ob es möglich sein kann, mittels einer elektronischen Schnittstelle das menschliche Gehirn mit einem Rechner oder dem Internet zu verbinden. Damit greift Andreas Eschbach die in den 1980er Jahren beschriebenen Cyberpunk-Ideen auf. William Gibson, Lucius Shepherd, John Shirley, Rudy Rucker und Greg Bear standen hier mit ihren Ideen Pate. Dennoch zähle ich den Jugend-SF-Thriller Black Out nicht zu dem genannten Genre. Zum Schluss stellen sich natürlich Fragen. Etwa: Darf Technik alles, was sie kann? Kann Technik alles, was sie darf? Ist die Technik, etwa die schnurlosen Telefone, wirklich notwendig? Muss ich auf dem Klo erreichbar sein und wenn ja, für wen? Andreas Eschbach zeigt sich der Technik gegenüber kritisch. Das ist gut so, denn dann können die Jugendlichen, die Zielgruppe dieses Romans, sich endlich ihre Gedanken machen. Ein Nachteil ist der hohe Preis, der nicht für diese Zielgruppe geeignet ist. Die Qualität jedoch ist hervorragend. Wie bei allen Arena-Büchern, die ich kenne.
Der Roman hat ein paar Fehler, die schiebe ich aber mal auf die Phantastik und die Erzählbarkeit.