| Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Wieder einmal mehr sind es Waisenkinder, die die Welt retten. Gibt es in den Büchern keine intakten Familien mehr? Sind nicht die Eltern diejenigen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen sollten? Können Jugendliche nicht die Welt retten, indem sie die Eltern als Unterstützer dabei haben? Fragen, die mir niemand beantworten kann oder will.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Waisenkinder Oliver und Molly. Die beiden ungleichen Heldenpersonen leben zwar in derselben Stadt, kennen sich jedoch nicht, da jeder in einem anderen Stadtviertel zu Hause ist. Und doch sind sie es, die durch die gemeinsame Bedrohung zueinander finden. Innerhalb kürzester Zeit werden die beiden zu Gejagten: Oliver, der miterleben muss, wie sein Onkel ermordet wird; Molly Templar, die ins Waisenhaus zurückkehrt und dort niemand mehr lebend vorfindet. Eine entsetzliche Bluttat löschte alles Leben aus. Und dabei war man hinter Molly her.
Die Erzählung selbst beginnt im unbekannten Königreich Jackals, von dem bislang kein Leser etwas in Erfahrung bringen konnte. Während die Erzählung langsam losgeht, erfahren wir von paradiesischen Zuständen, wie sie schöner nicht sein könnten. Dieser Eindruck ist jedoch nur oberflächlich, denn die sozialen Spannungen zwischen Arm und Reich nehmen langsam zu. Das Land ist mächtig und unterliegt einer straffen Führung. Es ist verbündet mit einem starken Maschinenvolk (das sich durchaus von Gefühlen leiten lässt und in dieser Hinsicht dem Mensch in nichts nachsteht) und wird zudem noch von dem eher geheimnisvollen Wolkenrat unterstützt. Die einzige Sicherheit, mit der das Land prahlt, ist eine einzigartige Luftflotte. Solange die königlich-aerostatische Marine am Himmel kreuzt, scheint noch alles in Ordnung.
Stephen Hunt bietet mit seinem Roman etwas Neues: eine phantastische Welt. Nun, das reicht noch nicht, aber eine Welt, die sich in vielen Dingen grundlegend von anderen Erzählungen unterscheidet. Stephen Hunt ist ein Weltenerfinder, der sich in seiner eigenen Welt verliert. Ihm gelingt es immer wieder, neue Einzelheiten aus dem Hut zu zaubern und die Leser zu verblüffen. Ich habe eine große Hochachtung vor seinem Universum, dass er für sich entwirft und vor dem Leser ausbreitet. Seine fesselnde Welt jedoch leidet unter einer ansteckend wirkenden Handlungsarmut. Zudem sind seine Figuren, bis auf Molly und Oliver, nicht gut ausgearbeitet. Ich habe mir immer ein wenig mehr an Wissenswertem über die beteiligten Personen gewünscht.