Reihe: Die Geschichten der Ketty Jay, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der egozentische Frauenheld Darian Frey ist der Kapitän des alten und abgenutzten Luftschiffs Ketty Jay. Diese Beschreibung wirkt eher abschreckend, das Luftschiff ist aber das liebste Kind des Kapitäns, weil sein einziges. Mit seiner Mannschaft erfüllt er mehr oder weniger dubiose Aufträge. Da wären ein wenig Schmuggel, ein wenig Piraterie und andere illegale Tätigkeiten, mit denen er sich und die Mannschaft am Leben erhält. Natürlich geht nicht alles galtt, und so befindet sich Darian Frey bereits zu Beginn des Abenteuers, in einer Lage, die ihm körperlich nicht zusagt. Zumal sein Gegenüber Lawsen Macarde nicht zimperlich ist. In seiner Begleitung befindet sich sein Dämonologe Crayther Crake sowie dessen metallischer Begleiter, ein Golem, der wie ein Goldzahn aussieht. Ihnen gelingt die Flucht zu ihrem Luftschiff, wo gerade eine junge Navigatorin anheuern will. Wenn Jezibeth Kyte nicht zwischen die Fronten geraten will, bleibt ihr nichts anderes übrig, als möglichst schnell eine Entscheidung zu treffen: mit oder ohne Ketty Jay fliehen? Sie entscheidet sich für Letzteres und lernt auf diese Weise Artis Pinn, den zur Trunkenheit neigenden Schiffsarzt Malvery und die anderen der Mannschaft kennen. Jeder von Ihnen hat seine Macken. Man hat zum Beispiel lebensmüde Anwandlungen oder ist jedem gegenüber abgeneigt, der sich eigenständig fortbewegen kann. Die Mannschaft glänzt dadurch, dass der Begriff Individualist GROSS geschrieben wird. Dahingegen wirkt der Begriff TEAMARBEIT eher wie ein Fremdwort. Die große Klammer, die alles zusammenhält, bilden das marode Luftschiff und die Tatsache, dass jedes Crewmitglied irgendwie auf der Flucht ist.
Nur ganz langsam werden die Geheimnisse der Mannschaft gelüftet. Das ist aber ganz und gar nicht der Sinn der Erzählung. Kapitän Darian Frey erhält ein Angebot, dass er einfach nicht abschlagen kann. Ein scheinbar lukrativer Auftrag, bei dem viel Geld rausspringen soll, mit dem sich der Kapitän beruhigt zur Ruhe setzten könnte. Aber dann tritt Murphys Gesetz in Kraft und es geht alles schief, was nur schief gehen kann. Der Kapitän erkennt, dass er hereingelegt wurde, als das angeblich nur leicht geschützte Schiff beim ersten Treffer explodiert und viele Menschen bei seinem Hasadeurstück sterben. Er wurde zum ausführenden Objekt eines politischen Anschlages auf die Ace of Skulls, bei dem nicht nur das Schiff explodiert, sondern auch der unerkannt mitreisende Sohn des Erzherzogs an Bord stirbt. In dem Moment, da er den Zusammenhang begreift, ist er zum meistgesuchten Mann des Universums geworden. Ganz klar, dass die Suche sich auch auf seine Mannschaft erstreckt. Bald sind Behörden, Kopfgeldjäger und ehemalige Geliebte hinter ihm her. Lebemann Darian Frey ist sich manchmal nicht sicher, wer die schlimmsten Verfolger sind. Manchmal fällt die Wahl dann eher auf die vielen Frauen, denen er schöne Augen machte, und seine Bräute, die er buchstäblich vor dem Altar stehen ließ. Natürlich ist er begierig darauf, seine Unschuld zu beweisen, doch dafür muss er den Drahtzieher entlarven, der irgendwo hinter den Kulissen sitzt.
Nach Welt aus Stein, einem Roman, der sich mit der Hohlwelt-Theorie befasst, greift Chris Wooding mit Piratenmond in den Himmel, ohne sich allzu moderner Technik zu bedienen. Eine fremde, aristokratisch geprägte Welt namens Vardia, die in etwa dem 19. Jahrhundert der Erde entspricht, wird von Wissenschaft und Magie gleichzeitig geprägt. Eine weitere Gruppe dieser Welt, die um ihre Besitztümer und ihrenEinfluss fürchten, ist die Kirche. Leidtragende sind wieder die normalen Menschen. Magische Waffen und Gewehre stehen gleichberechtigt nebeneinander, was den Menschen nichts nutzt. In den Kriegen sterben sie so oder so. Tot ist tot. Der wichtigste Stoff der Welt ist jedoch das Aerium. Dieser Stoff wird benötigt, um Luftschiffe in der Luft zu halten.
Chris Woodings Buch lässt sich ohne Probleme an einem Stück durchlesen. Die Grundlage der Erzählung ist ein hervorragend ausgebauter Hintergrund. Eine faszinierende Welt. Bestechend sind die wunderbar ausgearbeiteten Handlungsträger. Jede Figur hat ihre eigenen Macken. Jede Person trägt ein einzigartiges Schicksal mit sich herum. Diese Geheimnisse werden nach und nach gelüftet und sorgen bei den Lesern für Erstaunen. Die faszinierenden Charaktere erwecken die Welt zu einem phantastischen Leben. Chris Wooding beweist eindrucksvoll, dass er einer der Großen im Jugendbuchsektor ist, es aber auch gleichzeitig versteht, die Erwachsenen zu fesseln. Sein erster Band der Erzählungen um die Ketty Jay ist eine gesunde Mischung aus seltsamen Begebenheiten und Abenteuern, interessanten, lebendig beschriebenen Figuren, viel Spaß und actiongeladener Unterhaltung. Vieles an diesem Roman erinnert mich an die Fernsehserie Serenity, einen wunderbaren Weltraumwestern, den es nicht nur auf DVD, sondern auch als Comic gibt.
Piratenmond - die Rezension von Rupert Schwarz