Titel / Originaltitel: Jenseits des Happy Ends Eine Besprechung / Rezension von Cornelius Ibs-von-Seht |
Manchmal lese ich schlechte Bücher mit einigem Vergnügen, ergötze mich an beknackten Geschichten und dilettantischem Geschreibe. Über andere kann ich mich dagegen nur aufregen. Jenseits des Happy Ends gehört zu Letzteren. Schon der Titel klingt bescheuert und ist reichlich irreführend. Sinngemäß müßte man erstmal ein Happy-End haben, um jenseits davon zu gelangen - doch laut Klappentext wird man in diesem Band vergebens nach einem solchen suchen. Oder ist vielleicht das Jenseits, eine Art Nirwana des Happy-Ends gemeint? Wahrscheinlich weiß es die Herausgeberin selbst nicht genau.
Ebensowenig möchte sie sich auf eine bestimmte Schreibweise des hin- und herbeschworenen Happy-Ends festlegen. Das wird mal groß-, mal kleingeschrieben, mal mit Bindestrich, mal ohne. Eine armselige Wirkung hat auch das stümperhaft am PC zusammengebastelte Cover aus Fotoschnipseln: Die Tussy mit grellrot verschmierter Schmollschnute guckt so dämlich aus der Wäsche, daß eigentlich jeder Interessent verstört und abgeschreckt werden müßte. Das ist einfach nur unterirdisch schlecht.
Großspurige Ankündigungen im Klappentext warnen vor diesem Buch - dem kann ich nur beipflichten, wenn auch aus anderen Gründen als die Herausgeberin. Auch die "düsteren Alpträume", die einem die Lektüre dieses Bandes bescheren soll, halte ich nicht für unwahrscheinlich. Mit rasiermesserscharfer Logik kündigt die Klappentexterin an, Autoren, die der womögliche Leser nicht kennt, mit Erscheinen dieses Buches kennenzulernen. Brilliant! Weiter im selbstgefälligen Text geht es im Vorwort, wo neben dem "großartig gelungenen Menue" aus Horror, Fantastik, SF und Fantasy (und wahrscheinlich überhaupt noch alles vom Leben, dem Universum und dem ganzen Rest) noch der Comic-Pupser "John" avisiert wird, der zwischen den Geschichten "zur Erholung der Nerven" seine Auftritte hat. Ich behaupte, daß einem der Kerl noch mehr auf den Senkel geht als die Stories selbst. Solche Uralt-Kalauer aus Opis Witzblättchen als "neutralisierende Zwischenmahlzeit" zu servieren, ist einfach nur peinlich. Aber natürlich wird das Buch durch dieses Pennäler-Strichmännchen gaaanz anders als die allerallerallermeisten anderen...
Dem Inhaltsverzeichnis zufolge handelt es sich um ein Sammelsorium aus Kurz-, Mini- und Mikro-Geschichten, lyrischen Schreibnotdürftigkeiten und Theater-Tüv-ungeprüften Dialog-Baustellen von mehr oder minder unbekannten deutschen Schreibern. Vom einheitlichen Thema der Anthologie schwant einem Grausliches - und so kommt es auch. Von den fast 50 Textbeiträgen habe ich vielleicht 20 gelesen und war bedient.
Die Stories sind durchweg auf mittelprächtigem Hobby-Niveau, stilistisch einfallslos und austauschbar. Aufgrund der einengenden Themenvorgabe dreht's sich immer um dasselbe: Tod, Ende und Verderbnis, Klappe zu und vorbei. In einem Fanzine würde ich mir ja einige der Arbeiten gefallen lassen, aber sowas geballt und für viel Geld in Buchform wirkt nur noch abschreckend. Mit solchen Konglomeraten von belanglosen Feierabend-Fabeln ist niemandem gedient, den Lesern nicht, den Autoren nicht und der deutschen SF, sorry, P-H-A-N-T-A-S-T-I-K heißt ja die neudeutsch korrekte Genre-Bezeichnung, schon gar nicht.
Schade um die eine oder andere gute Story, die in diesem zusammengebröckeltem Text-Brei untergerührt wurde. Unangenehm, ja peinlich wäre es mir auf die "Lyrik" einzugehen - ich laß es lieber. Es gibt Dinge, über die man reden und Dinge, über die man besser schweigen sollte.