| Ein Interview mit Volker Busch, Redaktions- und Programmleiter des Verlages Lyx aus dem Jahre 2007. Das Interview führte Erik Schreiber |
Ich möchte heute Lyx vorstellen, einen neuen Verlag innerhalb der Egmont Verlagsgesellschaften. Lyx veröffentlicht Bücher aus dem Bereich von Magie und Mysterie. Wobei natürlich die Chroniken der Unsterblichen von Wolfgang Hohlbein nicht fehlen dürfen. Mit den ersten drei Bänden wird die Serie in einer Neuauflage bei Lyx gestartet. Ich habe das neue Verlagsprogramm bereits in den Händen und kann nur sagen, Hut ab.
Schon auf den ersten Seiten bietet sich uns humorvoller Grusel. Mary Janice Davidson präsentiert uns die ersten beiden Bücher ihrer Heldin Betsy Taylor. Die Liebhaberin von Designerschuhen hat nur ein kleines Problem. Sie starb gerade bei einem Autounfall und wird nun zur Königin der Vampire.
Lara Adrian geht das Thema etwas anders an. Ihre Erzählung scheint etwas düsterer zu sein. Die Fotografin Gabrielle Maxwell wird Zeugin eines Verbrechens. Jugendliche töten einen Mann und saugen ihm das Blut aus. In ihrem zweiten Roman erlebt die Tierärztin Tess Culver das Grauen, denn der angeschossene Mann, den sie zu retten versucht, ist ein Vampir.
Mit Kushiel kommt eine neue Trilogie der Autorin Jacqueline Carey heraus. Das Land Terre d’Ange is ein unübertroffener Ort voller Schönheit und Anmut. Der Beschreibung zufolge verbindet sich hier Fantasy und Erotik zu einer faszinierenden Einheit.
Alfred Bekker, bekannt als Hauptautor der Science-Fiction-Heftromanreihe Sternenfaust, entführt die Leser in das Reich der Elben. In seiner Trilogie, die bis Februar 2008 vollständig erscheinen wird, erzählt er uns mehr über Tolkiens bekanntestes Volk. Bei Tolkien in die westlichen Länder ausgewandert, erzählt Alfred Bekker wie es ihnen dabei ergeht.
Der Redaktions- und Programmleiter von Lyx ist seit dem 1. Februar Volker Busch. Er arbeitete seit 1997 für die Belletristik beim Wilhelm Goldmann Verlag. Als der Blanvalet Verlag aus Goldmann hervorging, übernahm Volker Busch dort die Betreuung des Fantasy-Programms. Mit Christopher Paolini und Trudi Canavan gelang es ihm, hervorragende Autoren für das Programm bei Blanvalet zu gewinnen.
Erik Schreiber:
Guten Tag Herr Busch. Vor einiger Zeit gaben Sie meinem Kollegen Carsten Kuhr ein Interview für Phantastik-News. Da ich ebenso neugierig bin und Sie nun zu Egmont bzw. Lyx wechselten, möchte ich die Gelegenheit nutzen, ihnen ein paar Fragen zu stellen. Die wichtigste Frage stellt sich nach dem Grund des Wechsels. Erhoffen Sie sich mit dem neuen Verlag Lyx einen neuen Weg mit neuem Angebot gehen zu können?
Volker Busch:
Hallo, Herr Schreiber. Vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, unseren neuen Verlag vorzustellen. Zunächst einmal wollen wir mit einem guten und ausgewogenen Fantasy-Programm rasch Glaubwürdigkeit und viele Fans gewinnen. Dazu gehört auch ein unverwechselbares Profil. Ja, Sie haben völlig recht, mit Lyx ist die Idee verbunden, neue Wege in der Fantasy zu gehen und damit auch neue Leser für die fantastische Literatur zu gewinnen. In der Fantastik hat sich in den letzten Jahren vieles bewegt, es sind viele neue Autoren und auch neue Richtungen dazugekommen. Und in einer dieser Richtungen wollen wir mit Lyx einen starken Akzent setzen: „Fantasy Romance“ wird eine Spielart unserer Bücher sein, mit der wir neue weibliche Leser für die Fantastik gewinnen wollen!
Erik Schreiber:
Woher kommt der Name für den Verlag? Bei Lyx habe ich als erstes die Assoziation zu Styx, dem griechischen Fluss der Unterwelt und dann zu Lykantrophen den Tiermenschen wie Werwölfen. Gibt es da einen Zusammenhang?
Volker Busch:
Auf die Werwölfe ist noch keiner gekommen! Klasse! Ich sammle alle Gedankenverbindungen, die meinen Gesprächspartnern zu Lyx einfallen. Auf Styx, den Übergang zum Reich der Toten, sind dagegen in der Tat schon viele gekommen. Wir haben im Verlag einen großen Wettbewerb zur Findung des Namens veranstaltet, was riesigen Spaß gemacht hat. Da reichten die Vorschläge von „Nachtpalais“ über „Geheime Pforte“ bis zu „Schneekönig“, aber letztlich zeigte sich, dass ein kurzes Kunstwort, das nur indirekt anklingen lässt, worum es programmatisch gehen soll, weitaus geeigneter ist als ein symbolisch von vorneherein überfrachteter Begriff. Um Ihre Frage klar zu beantworten: Es gibt keine eindeutige Bedeutung, der Name Lyx ist ein Gefäß, das erst noch gefüllt werden wird.
Erik Schreiber:
Die Fantasy bei Blanvalet zeichnete sich durch Mehrteiler und mehrbändige Sagas aus. Im jetzigen Programm fallen mir gleich zwei Trilogien und die Reihe Chronik der Unsterblichen von Wolfgang Hohlbein auf. Führen Sie das Konzept von Blanvalet hier weiter?
Volker Busch:
Lyx startet unter ganz anderen Umständen, ist mit einem großen Publikumsverlag à la Blanvalet nicht direkt zu vergleichen. Aber natürlich bringe ich als der Programmverantwortliche auch eine eigene Handschrift mit ein, die auch schon bei Blanvalet ihre Spuren hinterlassen hat. Vor wenigen Tagen erschien der erste Band der Trilogie „Die Feuerreiter Seiner Majestät“ von Naomi Novik, die ich quasi als Erbe bei Blanvalet hinterlassen habe. Diese Trilogie hätte ich nun ebenso gut und gerne bei Lyx ins Programmgenommen - an solchen Titeln zeigt sich durchaus eine gewisse Handschrift des Lektors. Die Tatsache, dass auch Lyx Mehrteiler und Zyklen veröffentlicht, hat allerdings vor allem mit dem Genre selbst und den Lesegewohnheiten seiner Fans zu tun.
Erik Schreiber:
Neben Wolfgang Hohlbein findet sich Alfred Bekker, der bekannte Sternenfaust-Autor. Werden Sie verstärkt auf deutsche Autorinnen und Autoren setzen?
Volker Busch:
Ja! Ich bin bereits mit mehreren Autoren im Gespräch und habe eine Reihe vielversprechender Exposés und Leseproben vorliegen. Entscheidend für die Aufnahme in unser Programm bleibt die Qualität eines Werkes, aber es gibt mittlerweile viele deutschsprachige Autoren, die ihren amerikanischen und englischen Kollegen in Sachen guter Unterhaltungsliteratur durchaus das Wasser reichen können!
Erik Schreiber:
Wenn Sie deutsche Autorinnen und Autoren in das Programm aufnehmen, wie kommen Sie an Ihre Autoren? Über eingesandte Manuskripte, Rezensionsmagazine und Internetseiten, auf Empfehlung oder Agenturen?
Volker Busch:
Alle Varianten, die Sie nennen, können eine Rolle spielen, aber in der Regel werden neue Autoren von anderen Autoren, von Agenten, von Berufskollegen oder von sonstigen Szene-Insidern empfohlen. Jeder Lektor, Programmleiter und Verleger pflegt sein eigenes Netzwerk, über das die News und Tipps bei ihm eintreffen. Und früher oder später sollte sein Verlagsprogramm dann entsprechende Früchte tragen.
Erik Schreiber:
Der Schwerpunkt liegt bei Lyx auf romantischer Fantasy. Haben Sie keine Angst, in der Qualität auf Heftromane wie Irrlicht oder Gaslicht herabzusteigen oder suchen Sie dort die Leserschaft für ihr Taschenbuchprogramm? Dabei möchte ich betonen, dass ich die beiden Serien nicht für schlecht halte. Sie sind erfolgreich und haben ihre Leserschichten.
Volker Busch:
Ich halte nichts davon, hohe gegen niedere Kunst auszuspielen. Ein Werk muss in sich stimmig sein. Und da haben wir für jeden etwas zu bieten - der Kushiel-Zyklus von Jacqueline Carey ist sicherlich nicht für Anfänger geeignet, sondern wird von der Kritik und amerikanischen Lesern mit allerhöchstem Lob für seine literarische Qualität bedacht! Mit unseren drei ersten Autorinnen setzen wir drei große Ausrufezeichen in die Richtung der Leserinnen, die sich Romane voller Liebe, Lust und Leidenschaft wünschen. Wir fassen das unter dem Begriff „Fantasy Romance“ zusammen. Alle drei bringen das stilistisch und thematisch völlig unterschiedlich rüber, doch allen dreien ist gemeinsam, dass sie Fantastik und Erotik zusammenführen, jede mit einer unverwechselbaren eigenen weiblichen Handschrift. Daneben gibt es bei Lyx aber auch die traditionelle High Fantasy in der Tolkien-Tradition und die Dark Fantasy mit ihren Anklängen an das Horror- und Mystery-Genre. Und schon in unserem kommenden Programm werden wir weitere Akzente setzen. Entscheidend ist, dass die Leserinnen und Leser unserer Bücher sich gut unterhalten fühlen und dass sie den Eindruck haben, dass bei Lyx das Preis-Leistungs-Verhältnis in Ordnung ist.
Erik Schreiber:
Im Gespräch mit Carsten Kuhr sprachen Sie davon, dass sich das Leseverhalten ändert, dass die neue Leserschaft wegen Kindermangel ausbleibt. Warum dann einen neuen Verlag gründen? Oder ist es eher das Ausfüllen einer bestimmten Nische?
Volker Busch:
In der Tat ist der fehlende Leser-Nachwuchs ein Grund etwa für das Austrocknen der Science Fiction, aber vor allem gehen die Leser den traditionellen Buchverlagen durch die vielfältige Medienkonkurrenz verloren. Das passiert nicht auf einen Schlag, sondern es geschieht schleichend, und es sind zunächst nur spezielle Buchsorten und Genres betroffen. Auch wir bei Egmont vgs müssen uns damit auseinandersetzen, weil beispielsweise der Markt für TV-begleitende Bücher (das Spezialgebiet von vgs) durch die Konkurrenz der DVDs im Schrumpfen begriffen ist. Nun, da werden wir nicht gleich die Flinte ins Korn werfen! Das Lesen von Romanen und das Nacherleben von Geschichten wird auch in Zukunft ein großes Bedürfnis vieler Menschen bleiben, gerade weil die Vereinzelung und Zusammenhanglosigkeit im wirklichen Leben zunimmt. Fragt sich nur, in welcher Form und auf welchen Wegen die Geschichten zu den Menschen kommen. Der Egmont-Slogan lautet jedenfalls „We bring stories to life“ - der gefällt mir besonders gut!
Erik Schreiber:
Zu Beginn habe ich mit ein paar Worten Ihr Programm vorgestellt. Doch was kommt danach? Können Sie schon einen Ausblick auf das weitere Programm geben?
Volker Busch:
Es gibt einige viel versprechende Ideen und Kontakte, aber ich möchte nicht öffentlich Pläne verkünden, die sich dann vielleicht doch nicht realisieren lassen. Ein paar Geheimnisse müssen Sie mir jetzt lassen - Sie haben mir schon eine Menge an Neuigkeiten entlockt! Meine Kollegen und ich werden Sie und Ihre Leser künftig gern frühzeitig mit Informationen über die neuen Lyx-Titel versorgen!
Erik Schreiber:
Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Geduld und die Zeit, die sich genommen haben. Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg mit Ihrem neuen Projekt.