Titel: Die Insel der besonderen Kinder Eine Rezension von Doris Michel-Himstedt |
Jacob ist 15 Jahre alt. Er lebt bei seinen Eltern, allerdings verbindet ihn nicht viel mit ihnen. Er verbringt viel Zeit mit seinem Großvater, der als Kind aus dem Europa des Zweiten Weltkrieges floh. Seine gesamte Familie kam in der Shoah um. Der Großvater lebte einige Zeit in einem Waisenhaus auf einer englischen Insel, bevor er Soldat wurde und im Krieg gegen Monster kämpfte. Ja – gegen Monster, so erzählt er jedenfalls Jacob. Der Großvater hat viele Waffen und ist manchmal wochenlang weg zu Jagdausflügen. Eines Tages ruft er Jacob in panischer Angst an. Er würde von Monstern verfolgt, sagte er und bat um Hilfe. Jacob findet seinen Großvater schwer verletzt im Wald nahe seinem Haus. Aus den Augenwinkeln meint er ein Monster zu erkennen. Die wenigen Worte, die er noch sagen kann, sagen Jacob zunächst nichts.
Durch den Tod seines Großvaters gerät Jakob in eine Krise, seine Eltern schicken ihn zu einem Psychiater. Nach vielen Monaten Therapie ist Jacob endlich davon überzeugt, dass beim Tod seines Großvaters alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Beim Auflösen des Haushaltes des Großvaters findet er alte Fotos und einen Brief. Auf den alten Fotos sieht er merkwürdige Kinder – eines, das in der Luft schwebt, eines, das Felsen bewegt und noch andere fremd wirkende Menschen. Sein Therapeut empfiehlt eine Reise zu der Insel, auf der das Waisenhaus stand, um Jacob endgültig davon zu überzeugen, dass der Großvater nur Märchen erzählte. Er reist mit seinem Vater nach England. Auf der Insel gerät er durch Zufall in ein Tor zur Vergangenheit und lernt hier die Kinder kennen, die er zuvor auf den alten Fotos sah.
Natürlich geht das alles nicht reibungslos und auch nicht friedlich weiter. Die Monster bedrohen die besonderen Kinder und bald auch Jacob, denn er ist auch ein solches besonderes Kind. Wie es weitergeht, müsst Ihr selbst lesen. Jedenfalls bleibt auch das Ende des Buches offen.
Damit komme ich auch schon zu einem großen Kritikpunkt. Nirgendwo, wirklich nirgendwo wird dem Käufer des Buches gesagt, dass er sich auf ein Buch einlässt, dem noch mindestens ein weiterer Band folgt. Mir wurde das auch erst auf den letzten Seiten bewusst. [Anmerkung der Chef-Red.: Zum Druckzeitpunkt war ein zweiter Band dem Verlag auch noch nicht bekannt.]
Die Geschichte selbst gefällt mir. Eine Gruppe von Menschen, die ihr Leben in einer Zeitschleife verbringen und in ihr nicht alt werden – das kennt man aus anderen Romanen. Die besonderen Kinder allerdings sind sich der Situation bewusst. Dieser Unterschied führt zu einigen fast komischen Situationen im Zusammenspiel zwischen der Inselbevölkerung und dem Waisenhaus. Allerdings enthält das Buch einige Logiklöcher und wenig ausgearbeitete Handlungsfäden. Am (vorläufigen) Ende gar, als Jacob seinen Vater verlässt, um künftig mit den Kindern zusammen zu leben, wird die Handlung etwas arg unglaubwürdig. Wer lässt schon seinen jugendlichen Sohn einfach fortgehen.
Vieles an meiner Kritik macht allerdings das wunderschön ausgestaltete Buch wett. Schon das Titelbild, auf dem auf einem der alten Fotos ein schwebendes Mädchen zu sehen ist, macht auf das Buch neugierig. Viele weitere solcher Bilder sind in dem Buch zu sehen, immer passend zur Handlung. Fast muss man den Eindruck gewinnen, das Buch sei um die Bilder herum geschrieben worden. Der Autor weist in seinem Nachwort die Herkunft der Bilder aus diversen Sammlungen privater Sammler nach.
Das Buch erhält von mir 7 von 10 Punkten.