Titel: Ins Nordlicht blicken Eine Rezension von Christel Scheja |
Die 1956 in Hamburg geborene Cornelia Franz studierte Germanistik und Amerikanistik und macht nach vielen Reisen und einem abenteuerlichen Leben eine Ausbildung zur Verlagsbuchhändlerin. Sie arbeitete danach mehrere Jahre als Lektorin, ehe sie sich 1993 erfolgreich dem Schreiben zuwandte. „Ins Nordlicht blicken“ ist ihr erster Roman. Im Jahre 2020 hat der Klimawandel starke Auswirkungen auf die Welt, auch das bisher fast überwiegend von Eis bedeckte Grönland beginnt sich zu verändern. Mehr denn je strömen Touristen auf die größte Insel der Nordhalbkugel, um noch einmal einen Blick auf das ewige Eis zu werfen, ehe es ganz verschwunden ist. Unter den Reisenden ist auch Jonathan. Er weilt allerdings nicht zum ersten Mal auf Grönland. Eine seiner Begleiterinnen auf der „Alaska“ merkt recht schnell, dass Jonathan seine Geheimnisse hat und sich nun offensichtlich auch den Dämonen seiner Vergangenheit stellen muss. Tatsächlich hat er vor neun Jahren, also 2011, die Insel fluchtartig verlassen, um nicht länger in einem Leben gefangen zu sein, dass weder Perspektiven hat, noch wirklich ein Ziel. Doch hat er es wirklich besser getroffen. Muss der Sohn einer Grönländerin und eines Deutschen sich nicht endlich mit den Problemen auseinandersetzen, vor denen er davon gelaufen ist und die weitere Kreise gezogen haben, als er jemals ahnen konnte. Auch wenn „Ins Nordlicht blicken“ knapp sieben Jahre in der Zukunft spielt und auch der Klimawandel“ angesprochen wird, so bleiben dies doch die einzigen phantastischen Elemente und dienen nur mehr als Setting und sind nicht unbedingt für die Handlung wichtig. Tatsächlich ist das Buch eher eine Selbstfindungsgeschichte, die in zwei Ebenen erzählt wird. Da ist einmal die Zukunft, in der Jonathan in seine Heimat zurückkehrt und alten Freunden und Bekannten begegnet, die er vor neun Jahren im Stich gelassen hat. Als er sich auf die Suche nach seinem Vater macht, findet er auch einiges über sich heraus. Interessanter ist wohl das Leben des jungen Mannes im Jahr 2011. Gerade einmal siebzehn Jahre alt, sieht er seine Zukunft auf Grönland eher düster. Es gibt kaum Arbeit für jemanden mit einem schlechten Schulabschluss, und sein Vater hängt an einer fixen Idee, in die er ihn drängen möchte – er bricht aus, und das hat ungeahnte Folgen... Zwar gibt es die ein oder andere spannende und dramatische Szene, die Geschichte plätschert insgesamt aber eher dahin. Dafür konzentriert sie sich ganz auf die Hauptperson, die gefangen zwischen den Kulturen und den Wünschen anderer ist. Man kann verstehen, warum der Protagonist irgendwann ausbricht – aber man merkt auch, dass es ihn zum Getriebenen macht, bis er sich den Dämonen stellt, die er durch sein Verhalten angelockt hat. Alles in allem erfüllt die Geschichte alle Ansprüche an einen Selbstfindungsroman und bringt dem Leser auch ein wenig das Leben auf Grönland näher, allerdings muss man auch sehr viel Geduld mit der stellenweise vorhersehbaren Handlung und Spaß an ganz normalen Alltagsschilderungen haben, wenn man den Roman uneingeschränkt genießen will. „Ins Nordlicht blicken“ ist damit weder Abenteuer noch Krimi und schon gar nicht phantastischen Inhalts. Letztendlich werden sich vor allem Leser angesprochen fühlen, die eher Spaß an Gesellschaftsromanen mit Selbstfindungsnote haben und auch schon einmal mit wenig Spannung auskommen.