Titel: In dieser ganz besonderen Nacht Eine Rezension von Doreen Below |
Kurzbeschreibung:
Eine hinreißend romantische Geistergeschichte vor der beeindruckenden Kulisse San Franciscos. Nach dem Tod ihrer Mutter muss Amber, die in einer deutschen Kleinstadt gelebt hat, nach San Francisco ziehen – zu ihrem Vater, den sie kaum kennt. Sie fühlt sich einsam und verlassen. Eines Abends begegnet sie dort in einem leer stehenden Haus Nathaniel, einem seltsam gekleideten Jungen. Er scheint der Einzige zu sein, der sie versteht. Aber er bleibt merkwürdig auf Distanz. Als Amber den Grund dafür erfährt, zieht es ihr den Boden unter den Füßen weg: Nathaniel stammt aus einer anderen Zeit und die beiden können niemals zusammenkommen. Doch in einer ganz besonderen Nacht versuchen die beiden das Unmögliche… (Bild- und Textquelle: cbj)
Die nackten Äste reckten sich in die Höhe, als wollten sie sich vezweifelt an den fahlgrauen Wolken festklammern, weil ihre Wurzeln im Boden keinen Halt mehr fanden. Ich wusste, wie sich das anfühlte, keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben. Ohne Halt zu sein.
(aus Seite 7)
Meine Meinung:
Sich von einer paranormalen Lovestory begeistern zu lassen, wird zunehmend schwerer. Ob Vampire, Werwölfe, Elfen oder (wie in diesem Fall) Geister, irgendwie glaubt man alles bereits zu kennen - nur eben mit kleinen Abwandlungen -, indes altbekannte Stereotypen durch die Seiten winken und der Plot einer offengelegten Landkarte gleicht. Bei In dieser ganz besonderen Nacht von der deutschen Autorin Nicole C. Vosseler, die sonst eher in der historischen Romanecke zu finden ist, erhoffte ich mir dennoch einen romantischen Schmöker mit besonderem Inhalt. Und ja, es wurde romantisch, emotional und teils überraschend, zog sich aber leider auch wie eine ungemütlich schlaflose Nacht, in der man ständig ungeduldig auf die Uhr schaut. Mmmmhhhh...
Das Grundkonzept ist an sich wieder mal ein Klassiker und hebt sich eingangs nicht unbedingt von den Genrekollegen ab. Demgemäß wird das Leben von Ich-Erzählerin Amber gehörig auf den Kopf gestellt: nach dem Tod der krebskranken Mutter zieht sie zu ihrem Workaholic-Dad (Ted genannt) nach San Francisco. Zunächst wiederwillig versucht Amber sich dort mit Ted zu arrangieren, der eigentlich ein Fremder für sie ist, sich nun aber reichlich Mühe gibt, um seiner Tochter einen angenehmen Neustart zu ermöglichen. In der Schule findet Amber schließlich neue Freunde und infolge eines bedrohlichen Zwischenfalls trifft sie auf den geheimnisvollen Nathaniel, der eine gefährliche Aura ausstrahlt und dennoch geistreich Ambers Herz erobert.
Ich muss gestehen: im ersten Drittel langweilte ich mich fast zu Tode! Obwohl Nicole C. Vosseler ihre Geschichte mit einem emotionalen Schicksalsschlag unterlegt, der im Handlungsverlauf durchaus unter die Haut geht, und sich das vorsichtige Annähern zwischen Vater und Tochter mitunter interessant gestaltet, bekam ich einfach keinen Zugang. Weder zur Story, noch zu der Geisterseherin Amber und ihrer körperlosen Bekanntschaft Nathaniel. Einerseits erahnt man als fortgeschrittener Leser dieses Genres, was als nächstes folgen könnte und auch die Charakter-gestaltung erschien mir wie oben beschrieben. Also typisch für solch einen Roman.
So ist Amber anfangs das bescheiden hübsche Mädchen, das erst einmal einiges auf die Reihe bekommen muss und langsam in die Welt des Paranormalen hineingezogen wird. Das dies nicht ohne Drama und einer Sitzung beim Seelendoktor vonstattengeht, ist wohl logisch. Oder wer sieht schon gerne Geister? In diesem Sinne macht Amber eine durchaus verständliche Entwicklung durch, obgleich es manchmal etwas übertrieben rüberkommt und die Handlung dadurch stellenweise stagniert. In Sachen Romantik zumindest geht es in der ersten Buchhälfte äußerst gemächlich zu, während Freundschaft und Familie großgeschrieben werden. Ist es aber erst einmal so weit, wird es recht süß und gefühlvoll, unterdessen man allmählich mehr über Nathaniel und seine sündige Vergangenheit erfährt. Dieser weiß nämlich selbst nicht (man taucht hin & wieder auch in seine Gedanken ein), was damals geschah und aus welchem Grund er nun ruhelos auf Erden wandelt.
Die Auflösung des Ganzen kann sich schließlich lesen lassen. Ebenso wie manch Wendungen, die mich insbesondere auf den letzten Seiten zu fesseln wussten. Anders schaut es bei der versprochenen besonderen Nacht aus, die sich auf eine ziemlich simple Weise offenbart und mich letztendlich weniger bezaubern wollte. Romantisch ja! Kreativ? Für mich kaum, da es einfach das Naheliegendste ist und absolut nichts Neues! Punkten konnten wiederum drei sympathisch gezeichnete Nebencharaktere, die etwas Pepp in die Story bringen und einiges mit Amber gemeinsam haben. Etwas das verbindet und enger zusammenschweißt. Ins Herz gewachsen sind mir hier besonders der punkig gestylte Chinese Matt und die Scharaltan-Hellseherin Holly.
Last but not least, der eigentliche Grund für meine anfängliche Resignation: Nicole C. Vosseler verfügt an sich über einen frischen, gefühlsintensiven wie bildreichen Schreibstil und weiß diesen einzusetzen. Letztgenannte Eigenschaft war mir allerdings zu gut gemeint! Die etlich detaillierten Umgebungsbeschreibungen könnten zumindest einem Reiseführer beachtliche Konkurrenz machen! So weiß man am Ende, welch Sehenswürdigkeiten und Stadtviertel sich während eines San Francisco Urlaubs lohnen (toll!). Gleichzeitig ist man sich bewusst, welche Häuser in welcher Farbe gestrichen sind und - so erschien es mir - welche Beschaffenheit die einzelnen Pflastersteine haben (nicht so toll!). Man mag es mir verzeihen, doch in solchen Momenten schaltete ich wie automatisch auf Standby, weil es mir einfach unwichtig erschien. Wieder einmal gilt: weniger ist einfach mehr!
Kurz gesagt:
Es gibt Nächte, die sind nicht halb so besonders wie man es sich erhofft hatte. Nicole C. Vosselers erster Fantasy-Jugendroman In dieser ganz besonderen Nacht gehört für mich leider dazu. Die Story um Amber und ihre geisterhafte Liebe Nathaniel wird durchaus gefühlsintensiv, wendungsreich und behutsam in Szene gesetzt, verlor sich in meinen Augen jedoch eingangs zu stark in detaillierten Umgebungsumschreibungen und einem etwas gewöhnlichen Handlungseinstieg, was mangelndes Interesse meinerseits zur Folge hatte. Viele Fans dieses Genres dürften sich dennoch von der emotionalen Geschichte über Freundschaft, Verlust & Liebe verzaubern lassen. Ein Pluspunkt zudem: die Geschichte scheint in sich abgeschlossen zu sein und somit findet diese Nacht ein Ende, wie sie für jeden Einzelnen auch ausgehen mag. Eine Frage des Geschmacks?!