Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Zehn Jahre haben die Achaier nun die Stadt Troja belagert und konnten doch den Sieg nicht erringen. Auf der einen Seite steht Achilieus (Achilles), der mächtigste Kämpfer der Achaier, auf der anderen Seite Hektor, der Sohn des Priamos und unermüdlicher Verteidiger der Stadt. Dann passiert etwas, was eine ganze Kette von schicksalhaften Ereignissen in Gang setzt. Achilieus und Agamemnon, der Führer der Achaier, zerstreiten sich über eine Sklavin, die Achilieus liebt. Doch Agamemnon beansprucht die Frau für sich und von diesen Moment an schwört der Held ihm, dass er nicht mehr mit seinen Truppen in den Kampf ziehen werde. Von da an wendet sich das Kampfesglück der Belagerer und eine Schlappe nach der anderen muss man erleiden.
Freilich tragen auch die Götter ihren Teil dazu bei, die die Schlacht um Troja mit sehr großen Interesse verfolgen und die eine oder andere Seite unterstützen. Am Ende jedoch treten Achilieus und Hektor in einem alles entscheidenden Zweikampf gegeneinander an.
Wenn man sich mit der Ilias beschäftigt, wird man zweifach überrascht. Erstens: Die Ilias beginnt nicht mit der Entführung Helenas, sondern im zehnten Jahr des Krieges mit einem Streit zwischen Agamemnon und Achilieus, der beide entzweit. Zweitens: Die Ilias endet mit dem Tod von Achilieus und nicht etwas mit der Vernichtung Trojas. Die Geschichte wurde so oft nacherzählt und ergänzt, dass man dies oft übersieht. Also umfasst die Ilias keinen Zeitraum von 10 Jahren oder länger, sondern nur von 51 Tagen. Dies hat die Konsequenz, dass dies keine Saga über Eroberung und Macht (wenn man von den Göttern mal absieht) sondern eine Geschichte über Einzelschicksale, über Heldenmut, aber auch Heldenwahnsinn ist. Man könnte die Ilias auch leicht als den ersten Kriegsroman bezeichnen, den zweifelsfrei hat man sich bei den meisten Kriegsepen an der Ilias orientiert. Das dies die Ilias letztendlich aber doch keine einfache Kriegserzählung ist, liegt daran, dass sie zum einen in lyrischer Form von über 15000 Versen - zusammengefasst in 24 Gesänge - verfasst wurde und zum anderen weil die Götter als übernatürliche Kraft Einfluss auf das Geschehen nehmen.
Die Jugendbuch Nacherzählung von Auguste Lechner gibt den Stoff in gekürzter Form, aber kaum verfälscht wieder. Die Verse wurden durch Prosa ersetzt, die Einteilung in Gesänge machte einer Einteilung in Kapitel platz. Dabei fand die Autorin einen optimalen Kompromiss zwischen einer, für Jugendliche zugänglichen Sprache und dem komplexen Schreibstiel eines Homer. So kommt eine Nacherzählung zustande, die nie banal oder einfach ist, die sowohl den Leser fordert mit einer Vielzahl an Namen und Ereignissen, aber auch den Leser mit einer spannend erzählten Geschichte fesselt. So ist diese Buch letzten Endes auch für Erwachsene Interessant, die sich einen Einblick über die Ilias verschaffen wollen ohne tief in die Materie einsteigen und nicht sich durch 15000 Verse in altertümlicher Sprache arbeiten zu müssen.
Autorin Auguste Lechner konnte für ihre Literaturadaptionen etliche Preise gewinnen. Neben der Ilias hatte die Österreicherin auch die Odyssee, die Aeneis, die Nibelungen Sage oder auch die Arthus Geschichte nacherzählt und in eine, der Jugend zugänglichen Form, gebracht. Zwar ist Auguste Lechner 2000 gestorben, aber ihre Werke werden nach wie vor gelesen und gelten als Maßstab setzend.
9 von 10 Punkten.
Themenbereich "Phantastik für Kinder und Jugendliche"
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