Serie/Zyklus: Homanx-Commonwealth, Band 1 Besprechung / Rezension von Jürgen Veith |
Macht eine Rezension Sinn zu einem Werk, das seit 30 Jahren erhältlich ist und inzwischen längst Kultstatus erreicht hat? Ist nicht bereits alles dazu gesagt worden? Gibt es überhaupt noch Zögernde, die einer weiteren Meinung bedürfen?
Ich glaube ja, denn jede Rezension betrachtet das Buch mit ihren eigenen Regeln. Ein jeder Leser hat das Buch in seiner eigenen Stimmung, geprägt durch seine Erlebnisse in seiner realen Welt gelesen. Ein jeder Leser hat andere Erfahrungen, Vorlieben und Vorurteile. So leiste ich mir die Eitelkeit, dass auch diese Rezension ein eigenes Licht auf Die denkenden Wälder von Alan Dean Foster wirft.
Auf dem Planeten Midworld hat sich ein vollständig integrierter Öko- Kreislauf gebildet. Pflanzen und Tierwelt leben in Symbiose von- und miteinander. Der ganze Planet ist bedeckt von einem Wald mit 700 Meter hohen Bäumen, wobei sich im vertikalen Verlauf 7 Ebenen ausgebildet haben. Auf der 3. Ebene lebt Born mit seinem Volk in seinem Heimbaum. Born ist ein Nachkomme einer verschollenen Expedition auf diesen Planeten und berühmt, berüchtigt, beneidet und verspottet aufgrund seines Geschicks und seiner Intelligenz, ein Außenseiter seines Volkes.
Bei einer Jagd findet Born einen abgestürzten Gleiter und rettet 2 fremdartige Menschen aus einer anderen Zivilisation: Cohoma und Logan. Sie befanden sich auf Erkundungstour von ihrer gerade errichteten Basisstation. Außerhalb des Schutzes der Technik sind die beiden der bedrohlichen und fremden Welt hilflos ausgeliefert. Scheinbar harmlose Pflanzen und Tiere entpuppen sich als tödliche Fallen. Ohne Borns Hilfe wäre ihre Lebenserwartung ziemlich überschaubar. Born entschließt sich, die beiden zu ihrer weit entfernten Basisstation zu begleiten und begibt sich auf das Abenteuer seines Lebens.
Allein die Wahl des Themas Ökologie zeigt eine ehrenwerte Absicht, die vor 30 Jahren nicht selbstverständlich war. Es wird eine durchdachte und einleuchtende Welt auf plastische Art und Weise beschrieben. Eine Welt, in der sich der Leser gerne verliert und die Abenteuer seines Helden verfolgt. Man sieht gespannt dem Showdown der Kräfte entgegen: Natur gegen Technik!
Insbesondere nach der Begegnung der 2 Kulturen wird dieses flüssig geschriebene Werk so richtig interessant. Ein jeder hält den anderen für einfältig und zurückgeblieben. Dem Leser wird dabei ein Spiegel vorgehalten. Er fühlt sich ein ums andere Mal ertappt mit seinen eigenen Vorurteilen gegenüber Anders-Denkenden und Anders-Lebenden. Haben wir nicht auch schon versucht, unsere Mitmenschen nach unseren Wertvorstellungen zu formen und zu bekehren? Haben wir immer ernsthaft versucht, die Lage aus der Sicht des anderen zu sehen?
Am besten gelingt diese Darstellung der menschlichen Ignoranz durch die entwaffnend naiven Dialoge, die der kleine sympathische Schlaumeier Born mit den beiden unbelehrbaren Gestrandeten führt. Hier kommt auch der Humor nicht zu kurz und ganz unterschwellig wird der Leser zum Nachdenken angeregt - und das nicht nur zu ökologischen Themen! Für diese ist der Leser, der sich auf Die denkenden Wälder einlässt, in der Regel ohnehin schon sensibilisiert und fühlt sich eher bestätigt als bekehrt! Klar ist jedoch: Die Erde braucht den Menschen nicht!
Neben der ehrenwerten Aussage des Buches gibt es allerdings auch Einschränkungen, die dazu führen, dass der Roman nicht jedem Leser uneingeschränkte Freude bereitet. Dem Leser wird eine Art Jugend-Science-Fiction-Öko-Road-Movie in Romanform geboten. Für wen dieses kein Problem ist: Ran an den Speck, 10 von 10 Punkten. Wer jetzt jedoch die Stirn runzelt, sollte die Rezension noch bis zum Ende lesen!
Der Anfang erinnert an den Film Die Götter müssen verückt sein. Statt der Colaflasche wird ein Gleiter gefunden. Der Stahl ist ein Dämon, jede andere Behauptung wäre Gotteslästerei. Dargestellt wird dieses im Stile eines Jugendbuches: Der Held erinnert ein wenig an Wickie den Wikinger, bloß dass seine rettenden Einfälle auch ohne Nase reiben eintreten. Wenn die Gefahr sich nicht allein mit Intelligenz lösen lässt, steht ihm sein persönlicher Knuddel Bär Ruumahum stets zur Seite. Wenn es dann brenzlig wird, ist dessen Kraft und Schnelligkeit oftmals die einzige Rettung. So richtig fürchten sich allerdings nur die Protagonisten. Für den Leser wirken die Gefahren dagegen klinisch rein. Ähnlich wie in den guten alten Karl May Filmen tritt ein Bösewicht auf, sagt "Buh" und wird erledigt ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wird.
Das ganze Werk ist stringent geradeaus geschrieben, es gibt keine Versatzstücke sondern ausschließlich eine Sequenz von Gefahren, die nacheinander gelöst werden. Im Ganzen gibt es genau eine einzige Handlungsebene in der es keinen echten übergreifenden Spannungsbogen gibt. Der Leser weiß bei jeder auftretenden Gefahr, dass diese spätestens 5 Seiten später gelöst sein wird. Genauso weiß er, dass nach weiteren 5 Seiten die nächste Gefahr lauert.
Born verhält sich geradezu klischeehaft naiv in seiner Suche nach Anerkennung. Immer und immer wieder lässt er sich auf ein neues Abenteuer ein in der Hoffnung, dadurch aus seiner Außenseiter-Rolle ausbrechen zu können. Auch die anderen Protagonisten sind sehr klar und einfach und ohne Grauschattierungen beschrieben und nur durch vordergründige Motive getrieben. Es gibt keine Haken und keine Überraschungsmomente. Und obwohl es nie richtig langweilig wird, wird man aber auch nicht richtig in den Bann gezogen.
Fazit: Für mich macht man mit dem Werk keinen Fehler, es ist allerdings auch kein "must Read". Es ist nett und unterhaltsam, hat eine wirklich stimmige Aussage und ist mit 200 Seiten auf einer Zugfahrt durchzulesen. Für mich ist es eine noch unverbrauchte Idee aus der man allerdings mehr hätte machen können.
7 von 10 Punkten
Die denkenden Wälder - Rezension von Rupert Schwarz
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite.
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