Serie / Zyklus: H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens, Band 10 Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Lange haben die Leser auf diesen Roman warten müssen. Immer wieder wurde das Erscheinungsdatum geändert und dabei zumeist nach hinten verschoben. Nachdem aber bei Bastei-Lübbe der lang vergriffene Roman Lord Gamma als Taschenbuch wieder aufgelegt wurde, sah sich der Festa-Verlag genötigt den neuen Marrak kurz darauf folgen zu lassen. Im Vorfeld wurde ja bereits viel über diesen Roman berichtet. So war das von Michael Marrak selbst gestaltete Cover, welches mir persönlich sehr zusagt und zum Roman einfach passt, bereits vorab im Internet zu bewundern. Einen Vorgeschmack auf den Inhalt konnten die Besucher des DortCons im Frühjahr bereits erfahren, da Michael Marrak hier aus seinem neuen Roman vorlas. Anfang Juli folgte dann ein Interview garniert mit einem Auszug aus IMAGON in phantastisch! 7.
In dem Interview bezeichnet Michael Marrak seinen Roman selbst als Horror-Roman. Nach der Lektüre der ersten paar Kapitel wird sich der Leser fragen, wo denn der Horror in diesem Werk nun bleibt. Michael Marrak nimmt sich Zeit zum Entwerfen des Handlungshintergrunds. Die Geschehnisse schildert er durch die Augen von Poul Silis, der einen Lehrstuhl für Geophysik inne hat und eines besonders hasst: Schnee und die damit verbundene Kälte. Mit beiden wird er im Verlaufe des Romans mehr als ihm lieb ist konfrontiert werden.
Von seinem Chef wird Poul Silis nach Grönland beordert, um an Ort und Stelle einen aktuellen Einschlag eines Meteoriten erforschen soll. Bereits bei der Sichtung der ersten Bilder wird ihm klar, dass irgendwas mit dem vermeidlichen Einschlag nicht stimmen kann. Viel interessanter wird er Einschlag dadurch, dass er eine Bergwand freilegte, in deren Flanken sich Überreste einer über Jahrtausende verborgenen Stadt befinden.
Während Poul Silis sich auf die Suche nach den Überresten des Meteoriten macht, versuchen einige Wissenschaftler mittels Heiß-Wasserkanonen das Eis von den Überresten der Stadt zu schmelzen.
Bereits sehr schnell wird Poul klar, dass es keinen Einschlag eines Meteoriten gegeben hat. Vielmehr erscheint die Einschlagstelle so, als wenn ein riesiges Wesen o. ä. sich langsam bis zum Grund in das Eis hineingeschmolzen hätte. Worauf dann die oberste Schicht wieder gefror. Eine wissenschaftliche Unmöglichkeit, die Poul erst ganz langsam zu realisieren vermag. Die Ausführungen seiner Kollegen von Alten Göttern, Wesen von den Sternen und großen Gefahren für die Menschen mag Poul überhaupt keinen Glauben schenken. Doch im Verlaufe der Geschehnisse muss er erkennen, dass die uralten Überlieferungen der Ureinwohner Grönlands auf Tatsachen beruhen und er eine wichtige Rolle bei den aktuellen Auseinandersetzungen spielt.
Beginnt der Roman, der ein paar Jahre in der Zukunft spielt, noch als ein Wissenschafts-SF-Roman, so driftet er immer mehr zu einem Horror-Roman ab. Die Mythologie von H. P. Lovecraft, die von vielen Autoren aufgegriffen und oftmals nicht besonders lesenswert umgesetzt wurde, bildet auch den Hintergrund für Marraks Roman. Wer Vergleiche mit den Texten Lovecrafts anstellen möchte, wird sehr schnell feststellen, dass Marraks Stil wesentlich moderner ist und er auf alle Schwülstigkeiten im Text verzichtet. Die Handlung wird geradlinig fortgeführt und nicht mit ausführlichen Darstellungen von Lovecrafts Mythologie belastet. Der Autor baut gerade soviel in seinen Text ein, wie ein Lovecraft unkundiger Leser zum Verständnis des Hintergrunds benötigt.
Gleichsam werden alle offenen Fragen bis zum Schluss beantwortet. Michael Marrak geht hier weiter als Lovecraft, der vieles nur andeutete. Bei Marrak wird das Unglaubliche ans Tageslicht gezerrt. Poul Silis wird nicht von dem Anblick der Schrecken verschont, sondern wird mit ihnen Aug in Aug konfrontiert.
Am Ende wird deutlich, dass die Erde sich einem neuen Zeitalter entgegenbewegt. Einem Zeitalter, in dem die Menschen nicht mehr die Herren der Welt sein werden.
Michael Marrak hat einen überaus lesenswerten Horror-Roman verfasst, der auch für Genrefremde Leser zu empfehlen ist. Ich persönlich habe IMAGON innerhalb von wenigen Tagen gelesen und war angetan von den Ideen und dem Stil des Autors.
IMAGON - Rezension von Rupert Schwarz
H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens
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