|
Titel: Im Königreich der Kälte Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Light ist ein junges Mädchen, das zur Zeit allein in ihrem großen Haus eines irischen Herrensitzes wohnt, in dem der Großvater eine Rohrpost installierte. Mit dieser kann man seit Generationen von Zimmer zu Zimmer Nachrichten schicken. Altmodisch, aber wirkungsvoll. Seit ihr Vater Gordon Fitzwilliam, ein Polarforscher, in der Arktis verschwand, lebt sie hier nur noch mit ihrem Butler. Und heute soll ihr Vater begraben werden. Nur angedeutet, denn er ist verschwunden und noch nicht wieder gefunden. Doch der Bürokratie muss Genüge getan - und dafür der Butler zu ihrem Vormund und Vermögensverwalter werden.
Light ist ein besonderes Mädchen. Ihre Mutter Amuruq war eine Inuit, ihr Vater ein Ire. Darüber hinaus ist sie ein Albino mit weißen Haaren und rötlichen Augen. Sie geht mit Butler zur Beerdigung. Auf den Bäumen zur Beerdigung sitzen ungewöhnlich viele Raben. Light macht sich darüber ein paar Gedanken, findet aber keine Erklärung. Wenig später wird sie von einem Falken angegriffen, aber Butler, der scheinbar mit Dohlen und Raben sich verständigen kann, hilft ihr.
Dies ist jedoch erst der Anfang einer fesselnden Geschichte um ein junges Mädchen, das sich auf den Weg macht, ihren Vater in der Arktis zu suchen.
Autor Nick Lane führt uns in die eisige Welt der Arktis, den Lebens- und Kulturraum der Eskimos, in ihrer eigenen Sprache Inuit genannt. Mit der Kultur lernen wir auch den vielfältigen Götterhimmel der eisigen Polarwelt kennen, etwas ganz anderes als das, was die Leser in Deutschland erwarten. Light trifft auf die mystischen Wesen in einem gefährlichen Abenteuer. Die lebendige Erzählung, die die unbekannte Arktis vor dem inneren Auge des Leser auferstehen lässt, reißt die Leser mit. Die Legenden der Inuit und die Beschreibungen des Lebens in der Arktis sind faszinierend. In einem Lebensraum, in dem man töten muss, um überleben zu können, kann es keine Märchen wie in Mitteleuropa geben. Nick Lake nimmt seine Leser mit in eine Welt die es tatsächlich gibt, die für die Mitteleuropäer fremd ist. Erst die Fabelwesen, halb Mensch halb Bär oder halb Mensch halb Hai, der Mythologie der Inuit entnommen, ergeben einen spannenden Fantasyroman. Ein paar Ungereimtheiten weniger, ein etwas gelungenerer Spannungsbogen und eine neue Geschichte. Das ist es, was ich mir von Nick Lake wünsche.