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Titel: Im Bann der Engel Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Elena Winterstone arbeitet als okkulte Wissenschaftlerin in den unterirdischen Laboratorien der abgelegenen Kleinstadt Cravesbury. Die geheime wissenschaftliche Institution wird von Madame Hazzard geleitet. Deren Pläne sind jedoch nicht ganz uneigennützig. Ihr erklärtes Ziel ist es, die kleine Stadt in ihre Gewalt zu bekommen und sich so zur Despotin aufzuschwingen. Das beginnt mit dem Versuch, die örtliche Spielbank zu übernehmen, und soll mit der kompletten Ortschaft enden. In den unterirdischen Labors, die sie betreibt, ist es Elena und ihren Kollegen möglich, Tote ins Leben zurückzurufen. Diese werden als Engel mit mechanischen Flügeln auftreten und sollen zu Madames unheimlicher Armee werden. Erste Versuche verlaufen erfolgversprechend. Allerdings ist die Sterblichkeitsrate der Toten recht hoch.
Es ist schon seltsam, Tote sterben zu sehen. Der Grund für das ungeplante Ableben scheint zu sein, dass sich die Versuchsobjekte mit ihrem Tod abgefunden haben. Elena Winterstones Unbehagen wächst mit jedem Tag, den sie für Madame Hazzard arbeitet. Auch die Erschaffung der mechanischen Engel wird ihr immer unangenehmer, und die Ausfälle der Engel treffen sie hart. Gleichzeitig erscheint ihr ihre Chefin nicht länger als erfolgreiche Wissenschaftlerin, sondern vielmehr als eine unbarmherzige und auf Macht ausgerichtete Person.
Weil die Experimente fehlschlagen, sucht sich Madame Freiwillige, die eindeutig lebendig sind, vor allem gut aussehen und sich auf die lebensgefährlichen Spielchen einlassen. Fünf der kraftstrotzenden Versuchsobjekte stehen plötzlich im Mittelpunkt der Handlung. Ihr neuer Job als Todesengel ist nichts anderes als ein Auftragskillerdasein. Richard Sinclair ist einer der Probanden und auch der einzige, der die wissenschaftlichen Versuche kritisch hinterfragt. Dennoch, aus Richard wird Amenatos, ein Todesengel, auf Gedeih und Verderb der Willkür von Madame Hazzard ausgeliefert. Amenatos verliebt sich in Elena, die seine Gefühle erwidert. In ihnen erwächst der Wille, dem Treiben ihrer Auftraggeberin Einhalt zu gebieten, vor allem als die sich aufmacht, Waisenkinder, die nie jemand vermissen wird, ebenfalls in Engel zu verwandeln.
Christiane Gref gelang es, die viktorianisch angehauchte Welt, in der sich die meisten Steampunk-Erzählungen abspielen, mit wenigen Worten bildlich vorzustellen. Dampfende mechanische Fahrzeuge und andere Maschinen stellen das Nonplusultra der technischen Zivilisation dar. Der Steampunk-Roman ist deutlich als solcher zu erkennen, bietet aber auch erotische Momente, die ab und zu an einen Liebesroman erinnern lassen. Wichtig ist jedoch die Handlung, die eindeutig im Vordergrund steht und die Leser schnell gefangen nimmt. Die Idee mit den halbmechanischen Engeln ist durchaus neu, lesenswert und faszinierend (will man einen Weltraumelfen zitieren).
Allerdings habe ich den Eindruck, es wurden einige Dinge nicht zur vollsten Zufriedenheit geklärt, sodass Folgebände (hoffentlich keine Trilogie) möglich wären. Dagegen wäre die Welt interessant genug, sie mit weiterem Leben, eventuell auch mit anderen Autorinnen und Autoren, zu füllen.