Serie/Zyklus: Ilium / Olympos Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Ilium ist die Geschichte von Dr. phil. Thomas Hockenberry, der nach seinem Tod wieder erwachte und nun das Forschungsobjekt seines Lebens mit eigenen Augen sehen: Die Stadt Troja und die Kämpfe zwischen Hektor und Achilles. Natürlich weiß Hockenberry, dass es keine Götter gibt, aber genau dies scheint der Fall zu sein: Zeus persönlich hat ihn ins Leben zurückgeholt und nun fungiert er als eine Art Kriegsberichterstatter.
Fasziniert betrachtet er das Geschehen, aber immer mehr regt sich der Zweifel in Hockenberry. Was passiert, wenn Troja gefallen und der Krieg zuende ist? Haben dann die Götter noch Verwendung für ihn und all die anderen Scholiker, die sie reanimierten?
Ilium ist auch die Geschichte des Moravec Mahmut, einer friedliebenden, intelligenten Maschine, die in ihrem U-Boot durch die Gewässer des Jupiter Mondes Europa driftet und dann für eine wichtige Mission berufen wird: Der Kontakt zu den Menschen auf der Erde ist seit Jahrhunderten immer weniger geworden und seit vielen Jahren nun sind die Moravec nun ganz auf sich allein gestellt.
Nun wurde beobachtet, dass der Mars in sehr kurzer Zeit umgewandelt wurde und nun für Menschen bewohnbar ist. Zusammen mit drei weiteren Moravec von anderen Jupitermonden, darunter sein Freund Orphu von Io, mit dem er eine Leidenschaft für die Werke Shakespeares teilt, bricht Mahmut nun auf, um den Ereignissen auf dem Mars auf den Grund zu gehen.
Ilium ist aber auch die Geschichte der Menschen Harman, Daeman und Adam, die auf einer postzivilisierten Erde leben und allmählich all das Wissen ihrer Vorfahren verloren haben und selbst noch nicht einmal über die Fähigkeit zu Lesen verfügen. Durch sogenannte Faxportale gelangen sie zu den unterschiedlichsten Winkeln der Erde und leben exakt 100 Jahre, ehe sie für das "finale Fax" zum letzten Mal durch des Portal schreiten.
Der Entwurf dieses Romans ist schon gewaltig. Dan Simmons präsentiert dem Leser ein Panoptikum unterschiedlichster Schicksale, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Dabei macht einem der Autor den Einstieg in den Roman alles andere als leicht. Nicht nur, das sich dem Leser die Verbindungen zwischen den drei Handlungsebenen entziehen, zäumt Simmons die einzelnen Abschnitte förmlich von hinten auf. So lernt man Mahmut zunächst nur als Wesen kennen, das vor einem Seeungeheuer flieht. Dann erfährt man, dass das Meer sich auf dem Mond Europa befindet und Mahmut eine Maschine ist. Sicherlich ist dies nicht jedermanns Sache. Ich hätte es begrüßt, wenn der Leser mehr geführt worden wäre. So aber dauert es ca. 200 Seiten, bis der Leser das Mosaik zusammengesetzt hat und so richtig geschehen ist zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch gar nichts. Dies führt zu der zweiten Kritik, die angebracht werden muss: Der Roman ist mit über 800 Seiten zu umfangreich geworden. Besonders in der ersten Hälfte hätte sich der Autor deutlich kürzer fassen und so die Geschichte straffen können, denn der Roman hat große Längen.
Gegen Ende zu nimmt der Roman dann aber doch deutlich an Fahrt auf und reißt den Leser mit in eine Welt, in der sich die Ereignisse überschlagen. Zeitweise wird das Buch dann so spannend, dass man es kaum noch weglegen möchte. Das Ende lässt den Leser jedoch aufseufzen. Wie schon Hyperion zuvor endet Ilium mit einem zu offenen Ende. Man kann zwar nicht recht von einem Cliffhanger sprechen, aber vieles bleibt und erklärt und harrt der Auflösung im Folgeband Olympos.
Wenn man das Werk so betrachtet, stellt sich zwangsläufig die Frage: Muss man die Ilias von Homer gelesen haben, um die Geschichte zu verstehen? Die Antwort lautet nein. Die Geschichte erklärt sich von selbst und der Bezug auf Homers Werk wird von Hockenberry recht gut kommentiert. Allerdings nimmt es einen gewissen Spass, wenn man das Ende nicht kennt, wie es in der Ilias steht im Vergleich zu dem Verlauf, den die Geschichte in dem Roman von Dan Simmons nimmt. Da ist es dann wiederum hilfreich, sie mit der Geschichte auszukennen.
Insgesamt ist Ilium ein passabler Roman mit Schwächen vor allem zu Beginn. Im Verlauf macht der Autor Boden gut, doch den Vergleich zum Dan Simmons Meisterwerk Hyperion hält Ilium nicht stand. 7 von 10 Punkten.
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
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