Titel: Ikigami, Band 1 Eine Rezension von Noelle |
Menschen müssen in der heutigen Welt in erster Linie leistungsfähig sein, um bestehen zu können und einen Nutzen für die Gesellschaft darzustellen. Diesen Gedanken führt Motoro Mase in seinem in Deutschland bei Carlsen erschienen Manga „Ikigami“ auf die Spitze und überzeugt damit auf voller Linie.
Die japanische Regierung wendet ein ganz besonderes Verfahren an, um seine Bürger zu einem produktiven und moralischen Leben zu motivieren. Das „Gesetz für Fortschritt und Wohlstand“ regelt, dass jeder Schulanfänger eine Impfung zur Eindämmung von Infektionskrankheiten erhält. In jeder 1000sten Spritze befindet sich jedoch eine Kapsel, die dafür sorgt, dass die Person, die diese spezielle Impfung bekommt, im Alter zwischen 18 und 24 Jahren stirbt. Die Intention dahinter ist, dass die Menschen auf diese Weise ein unsicheres Leben führen, da jeden plötzlich die Nachricht ereilen kann, bald sterben zu müssen. Auf diese Weise sollen sie ihr Leben zu nutzen und zu schätzen lernen. Fujimoto ist für die Zustellung der Todesbriefe, genannt Ikigamis, zuständig, doch langsam keimt in ihm der Gedanke, dass das Vorgehen der Regierung falsch sein könnte. Zudem ist sein nächster Auftrag alles andere als einfach...
Dieser Manga hat es in sich! Es geht unter anderem um Mobbing, gnadenlose Politik zugunsten eines scheinbar sinnvollen Zieles Rache, Moral und Freundschaft – schon diese Auflistung macht deutlich, wie vielschichtig die Geschichte ist. Das bereits erwähnte „Gesetz für Fortschritt und Wohlstand“ bildet den Rahmen der Story und generiert die jeweiligen weiteren Handlungsstränge in Form der Lebensgeschichten der Opfer. Im Angesicht ihres baldigen Todes überdenken sie ihre Vergangenheit und treffen sie Entscheidungen, die auch die Leben Anderer nachhaltig verändern. Ich nehme an, dass der Autor diese Struktur auch in den Folgebänden einhält und noch viele weitere fesselnde Fälle auf Lager hat.
Carlsen ordnet „Ikigami“ als Thriller bzw. Mystery ein, doch das greift meiner Meinung nach noch nicht weit genug. Die Spannung ist zwar vorhanden, aber gleichzeitig enthält dieser Manga auch eine explosive Gesellschaftskritik, die mit philosophischen Fragen kombiniert wird. Es ist ein Plädoyer für kritisches Denken und fordert jeden auf, sein Leben zu überdenken, denn die Zeit auf Erden ist auch ohne solch todesbringende Spritzen, wie sie in „Ikigami" vorkommen, begrenzt.
Fazit: Ein von der ersten Seite an fesselnder Manga mit spannenden Story und vielen gesellschaftskritischen Gedanken. Absolut lesenswert!