Titel: Ich fürchte mich nicht Eine Besprechung / Rezension von Sophia Tepe |
Klappentext:
Ihr Leben lang war Juliette einsam, eine Ausgestoßene – ein Monster. Ihre Berührung ist tödlich, man fürchtet sie, hat sie weggesperrt. Bis die Machthaber einer fast zerstörten Welt sich ihrer als Waffe bedienen möchten. Doch Juliette beschließt zu kämpfen – gegen die, die sie gefangen halten, gegen sich selbst, das Dunkel in ihr. An ihrer Seite ein Mann, zu dem sie sich unaufhaltsam hingezogen fühlt. Ihn zu berühren ist ihr sehnlichster Wunsch – und ihre größte Furcht ...
(Quelle: Goldmann Verlag)
Meine Meinung:
Erster Satz: Ich bin seit 264 Tagen eingesperrt.
Ich bin mir sicher, "Ich fürchte mich nicht" wird ein Roman sein, an dem sich die Geister scheiden werden. Viele Merkmale, die mir persönlich gut gefallen haben, sind keinesfalls jedermanns Sache, so zum Beispiel auch der wirklich einzigartige Schreibstil, den die Autorin in ihrem Debütroman verwendet:
Denn schon nach kurzer Zeit war ich äußerst unsicher, was ich von genau diesem halten soll. Tahereh Mafi schreibt sehr kurze, abgehackte Sätze, die es einem recht schwer machen sich in die Geschichte einzufinden. Liest man aber weiter, merkt man, dass sich der Schreibstil je nach Stimmung der Protagonistin verändert und deswegen gerade auch die oben beschriebenen Sätze perfekt zur komplexen Geschichte passen. Ist Juliette also aufgeregt, sind die Sätze kurz, ist sie dagegen eher fröhlich, werden diese länger und die Autorin benutzt viele Metaphern und Vergleiche um ihr Verhalten zu beschreiben. Ihre Gefühle prasseln nur so auf einen ein, was an einigen Stellen durch viele Wiederholungen (zum Beispiel: Ich fürchte fürchte fürchte mich) oder Zeilensprünge mitten im Satz noch unterstützt wird. Die ich-Perspektive und das Präsens, die in diesem Roman verwendet wurden, lassen es zusätzlich wirken, als sei man als Leser direkt dabei und ein Teil der Handlung.
"Ich weiß nur, dass die Wissenschaftler sich irren.
Die Erde ist eine Scheibe.
Das weiß ich, weil ich vom Rand gestoßen wurde, und seit 17 Jahren versuche mich daran festzuhalten. Seit 17 Jahren versuche ich wieder auf die Scheibe zu klettern, aber man kann die Schwerkraft nicht bezwingen, wenn niemand einem die Hand reicht.
Wenn niemand es wagt, einen zu berühren." - S. 31
Was ich außerdem noch sehr bewundernswert finde ist das, was die Autorin aus ihren Charakteren gemacht hat: Bis ca. Seite 200 spielen ausschließlich Juliette, Adam und Bösewicht Warner eine nennenswerte Rolle und ich muss zugeben, dass mir das zuerst gar nicht aufgefallen ist. Gut ausgearbeitet wie diese drei gefällt mir solch eine niedrige Anzahl auf jeden Fall besser als ein Haufen Charaktere, die alle nur halb so viel Persönlichkeit besitzen wie die in "Ich fürchte mich nicht". Gut gefallen haben mir außerdem einige Nebencharaktere, die erst im letzten Drittel des Buches auftauchen, wie zum Beispiel Adams kleiner Bruder James. Ich persönlich habe ihn sofort ins Herz geschlossen.
Nicht gerade ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass Protagonistin Juliette mehrere Monate schon in einer kleinen Zelle von 15 Quadratmetern gefangen gehalten wird, ist die stets wiederkehrende Brutalität in diesem Buch. Mir hat dieser Aspekt durchaus gefallen, denn es wird alles noch im Rahmen gehalten, sodass zur restlichen Handlung passt.
Wie der Klappentext schon vermuten lässt, gibt es auch in dieser Buchreihe wieder eine Liebesbeziehung. Ob gut oder schlecht, man weiß es vorher nie so genau - des öfteren ist man ohne aber einfach besser dran. In "Ich fürchte mich nicht" würde ich es so gar nicht einmal sagen, denn Juliette und Adam kennen sich schon von früher, was alles etwas authentischer macht. Es ist also keinesfalls Liebe auf den erstem Blick und Tahereh Mafi hat auch in diesem Fall etwas eingebracht, was sich von vielen anderen Jugendbüchern unterscheidet. Auch auf eine nervige Dreiecksbeziehung wird zum Glück verzichtet.
Auf die nötige Spannung wird dagegen keinesfalls verzichtet, denn kaum hat man mit dem Lesen begonnen, wird man von der Handlung in den Bann gezogen. Habe ich es schon am Anfang für spannend gehalten, so wird es mit voranschreitender Seitenzahl nur noch spannender, sodass das aus der Hand legen wirklich schwer fällt. Nie hätte ich mit den ganzen Überraschungen und Wendungen gerechnet, die die Autorin des öfteren eingebaut hat und weswegen mir der Mund das ein oder andere Mal regelrecht offen stand.
Viele Fragen stehen zur gesamten Zeit offen, die lange oder sogar gar nicht beantwortet werden. Genau so unwissend wie die Protagonisten wartet man als Leser auf Antworten, die man auch nach Beenden des Buches noch nicht alle bekommen hat. Offenes Potential für Band 2, der hoffentlich bald erscheint, ist also vorhanden.
Fazit:
In vielerlei Hinsicht hat "Ich fürchte mich nicht" es geschafft mich zu begeistern. Sicher-lich wird der Roman nicht jedem gefallen, aber welches Buch tut das schon? Toller Schreibstil, überzeugende Charaktere, authentische Liebesgeschichte und dazu die allseits vorhandene Spannung - für mich ganz klare 5 Sterne!