Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Robert Neville sitzt im Garten und fertigt methodisch Holzpflöcke an. Obwohl er nicht recht versteht, was vorgefallen ist, weiß er doch eines: Die Legenden über Vampire sind wahr, und fast die ganze Menschheit ist ihnen zum Opfer gefallen. Nach einem Siechtum starben alle Menschen, die ihm teuer waren und kamen als Wiedergänger zurück und versammeln sich des Nachts vor seinem Haus und rufen seinen Namen. Am Tag jedoch macht Neville sich auf und erledigt alle unliebsamen Nachbarn, die er finden kann. Irgendwie gewöhnt sich Neville an dieses Leben, denn die Methodik und der Tagesablauf sind alles, was ihn am Leben hält. Dann jedoch trifft er bei Tage auf Ruth, eine Frau, und alles ändert sich für ihn.
Richard Mathesons Erstlingsroman aus dem Jahre 1954 wirkt nach über 50 Jahren immer noch frisch und zeitgemäß. Die Geschichte von der ultimativen Apokalypse wird sehr eindringlich erzählt, und der Leser ist von Beginn an verbunden mit Robert Neville und seinem aussichtslosen Bestreben. Von den ersten Szenen an, als Neville im Garten sitzt und Pfähle zuspitzt, bis hin zur letzten Zeile des Buchs, die Ich bin Legende lautet, ist der Leser von dem Buch gebannt. Der Autor hält das Spannungsniveau von Beginn an bis zu Ende aufrecht, und man begleitet Neville durch einen drei Jahre währenden Wahnsinn. Die sehr persönliche Schreibweise, mit der Richard Matheson die Erlebnisse seines Protagonisten beschreibt, wecken im Leser ein ganz eigenes Gefühl der Leere, des Wahnsinns und einer erzwungenen Gleichgültigkeit.
Obwohl der Roman kurz ist, schreibt Matheson eine sehr dichte Erzählung und packt sehr viel hinein, ohne dem Fehler zu verfallen, den Trott bis zum Ende hin durchzuziehen. Er ändert die Perspektiven, lässt seinen Protagonisten hinter die Wahrheit der Seuche schauen und konfrontiert ihn letztendlich mit der Ursache dafür, dass er von der Vampirseuche verschont blieb. Ich bin Legende ist ganz ohne Zweifel ein Klassiker der SF und auch der Horror-Literatur. Dieses Genre-Crossover ist einer der ersten modernen Vampir-Romane und entdeckt das Potential des Themas.
Das Werk wurde mehrfach verfilmt, u. a. Anfang der 70er Jahre mit Charlton Heston und zuletzt mit Will Smith mit großem Erfolg. Aber keine der Verfilmungen kann die Atmosphäre und die volle Düsterkeit der Geschichte so erzählen wie der Roman. In der Verfilmung "Der Omega Man" bekam es Neville anstatt Vampiren mit den Opfern eine biologischen Waffe zu tun. Der Film kann als misslungen erachtet werden, was wohl auch daran lag, dass die Gewaltszenen des Romans überbetont und in den Vordergrund geschoben wurden. Die neue Verfilmung besticht durch tolle Szenen in New York, opfert aber das düstere, durchaus gelungene Ende für ein schnödes Hollywood-Happyend.
Den Start des neuen Kinofilms nahm der Heyne Verlag zum Anlass, das Buch nach gut 25 Jahren wieder neu aufzulegen, und auch die Übersetzung wurde überarbeitet. Zusätzlich finden sich in dem Band zehn weitere Kurzgeschichten, die dem Leser einen Ausblick auf das weitere Schaffenswerk des Autors bieten und durchaus unterhaltsam sind. Es lohnt sich auf jeden Fall: Ich bin Legende ist ein Roman, den mal gelesen haben sollte.
9 von 10 Punkten.