Titel: Himmelssturz |
Alastair Reynolds sechster großer SF-Roman, "Himmelssturz", gehört nicht zum mehrbändigen Revelation-Zyklus des erfolgreichen Autors. Es ist ein in sich geschlossener Roman, der sich stärker als die Vorgänger an der klassischen Hard-SF orientiert und gleichzeitig ein ziemlich spektakuläres Szenario entwirft, das von der Mitte des 21. Jahrhunderts bis in die ferne Zukunft reicht. Auf knapp 800 Seiten bietet Reynolds wieder einmal alles, was das Herz eines SF-Fans begehrt: gewaltige außerirdische Artefakte, Reisen in ferne Sonnensysteme, Begegnungen mit fremden Zivilisationen. Im Mittelpunkt der Handlung stehen jedoch die Probleme und Konflikte einer Raumschiffbesatzung, die unter extremen Bedingungen und ohne Kontakt zu ihrem Heimatplaneten überleben muss.
Im Jahr 2057 macht sich der Jupitermond Janus plötzlich selbständig, verlässt die Umlaufbahn und steuert auf ein unbekanntes Sonnensystem zu. Die Besatzung des Raumschiffes Rockhopper erhält den Auftrag, das seltsame Phänomen zu erkunden, muss auf Janus notlanden und beginnt eine jahrelange Reise. Janus scheint in Wirklichkeit eine riesige Maschine zu sein, die einerseits genug Energie liefert, um für die Menschen ein Überleben fern der Erde sicherzustellen, andererseits aber keinerlei Hinweise über ihren eigentlichen Zweck liefert. Das Ziel des ehemaligen Mondes ist ein rätselhaftes Gebilde, das möglicherweise von einer längst ausgestorbenen außerirdischen Zivilisation erbaut wurde und inzwischen von allerlei fremden Wesen als Weltraumbahnhof genutzt wird ...
Reynolds frühere Bücher hatten oft das Problem, dass viele interessante Ideen in der ungeheuren Textmasse verloren gingen und man am Ende das Gefühl hatte, man habe eine Kurzgeschichte mit ein paar hundert Seiten Umfang gelesen. Auch "Himmelssturz" hat seine Längen, und auch hier werden viele Möglichkeiten verschenkt. Anstatt die faszinierende Janus-Maschine zu erkunden, widmen sich die Helden der Geschichte lieber überflüssigen Machtspielchen, persönlichen und politischen Streitereien. Erst ab der Mitte des Romans, sobald die ersten Außerirdischen auftauchen, bekommt die Handlung Schwung und echte Spannung, die dann auch bis zum Ende anhält. Zum Schluss hält das Buch dann doch, was der Klappentext verspricht und ist wirklich "die große Science Fiction unserer Zeit". Für mich ist es der bislang beste Roman von Reynolds, der trotz Überlänge überdurchschnittliche Unterhaltung bietet und die neueren Werke vergleichbarer Autoren - wie etwa Stephen Baxter - mühelos in den Schatten stellt.
Fazit: intelligente Hard-SF mit ein paar wirklich spektakulären Ideen.