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Titel: Heidi und die Monster Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Vor 130 Jahren entwickelte die Schweizerin die Romane um das kleine Mädchen Adelheid - kurz Heidi -, das in einer sorglosen Welt in den Schweizer Bergen aufwächst und unter anderem während einer Episode bei ihrer Tante in Frankfurt erfährt, dass es auf der Welt auch Schattenseiten gibt - und natürlich Gegenden ohne Berge. In Deutschland wurde die Figur einer breiten Schicht durch die japanische Anime-Serie von 1974 bekannt (Arupusu no shÅjo Haiji, dt.: Alpenmädchen Heidi). Diese hielt sich recht eng an die Romanvorlagen, und mit dem Titellied von Christian Bruhn entstand ein auch heute noch bekannter Hit.
Was aber, wenn die Almen und Berge, die von Dörfern übersähten Täler nicht frei sind vom Bösen? Man setze einfach eine Horde Zombies in die Welt, und schon hat man eine Landschaft, die geprägt ist von Gewalt, dem Kampf gegen das Unvermeidliche.
Heidi wird von Tante Dete zum Öhi gebracht, ihrem Großvater, der alleine auf einer Alm hoch über einem Dorf lebt. Dieser ist sehr verstimmt angesichts der Tatsache, zusätzlich auf ein kleines achtjähriges Mädchen aufpassen zu müssen. Hat er denn nicht schon genug zu tun, die Wiesen freizuhalten von den Niänenüütli, wie die Zombies hierzulande genannt werden. Doch Heidi ist sehr unbekümmert und demonstriert dem Großvater sogleich, wie es mit scharfer Klinge gegen die Untoten vorgehen kann. Nach und nach gewinnt sie des Öhis Liebe und auch zum Geißenpeter baut sie eine starke Bindung auf. Im Dorf jedoch taucht ein dunkler Schatten auf, ein Relikt aus Heidis Vergangenheit: Ein mächtiger Vampir, ursächlich für den Tod von Heidis Mutter verantwortlich, erkundigt sich nach dem kleinen Mädchen. Öhi ist beunruhigt, zumal ihm das Dorf feindlich gegenübersteht. Nur der Dorfpfarrer vermag Mitleid zu empfinden und ein gewisses Unrechtsbewusstsein. Er rettet den Öhi, als dieser von den Dorfbewohnern fast bei lebendigem Leib verbrannt wird.
Schweren Herzens gibt der Großvater das Heidi (um ins schweizerische Deutsch zu verfallen) nach Frankfurt, wo Tante Dete dank des Mädchens eine große Provision erwartet. Im feinen Hause Seeemann soll sie deren Tochter Klara, die nach einem Zombieangriff ab der Hüfte abwärts gelähmt ist, unterhalten und eine Freundin sein. Heidi kann sich jedoch nur sehr schwer mit der kalten und voller Förmlichkeiten lebenden Stadt anfreunden. Auch hat sie Schwierigkeiten mit der Gouvernante des Hauses, Fräulein Rottenmeier, die gestreng und voller Hingabe an Sitte und Anstand die Geschicke in der Abwesenheit von Herrn Sesemann führt. Was jedoch niemand ahnen kann: Der Vampir macht auch vor den Stadttoren Frankfurts nicht halt, um Heidi auf seine Seite zu ziehen. Kann der Geißenpeter, der von den schweizer Alpen loszieht, seine Freundin zu retten, noch etwas Gutes bewirken?
Mash-Up-Romane werden wohl der kommende Hype, zumindest in diesem Herbst. Nach dem sehr erfolgreichen "Stolz und Vorurteil und Zombies" erreichte mich nun "Heidi und die Monster" - und als Zugabe gleich darauf "Winnetou und die Werwölfe". Das vorliegende Buch ist im Grunde eine banale Zombie-Geschichte. Die Welt wird von einer entsprechenden Epidemie überrollt, die Menschen haben dem kaum etwas entgegenzusetzen. Das, was den Roman ausmacht, ist einerseits die Veränderung des klassischen Heidi-Stoffes, hauptsächlich aus dem Original "Heidis Lehr- und Wanderjahre" entnommen, und andererseits die Verwendung einer Sprache, die sehr von einem schweizer Dialekt durchzogen ist. Da mir der Einblick in das Original fehlt, vermute ich einfach, dass diese Ausdrucksform dort auch zu finden ist - hier und jetzt wirkt sie gleichzeitig altertümlich und witzig. Sämtliche Schweizer, die das hier lesen, werden mich wohl für diese gerade geschriebene Aussage sonstwohin wünschen ;-)
Aber im Ernst - keinesfalls ist hier ein hochklassischer Stoff zu erwarten, mehr eine Parodie von "Heidi", die einfach in einer zombifizierten Welt spielt. Dass der Hauptbösewicht Vampir ist, banalisiert die Niänenüütli nur noch um ein Vielfaches, sie stehen an sich auch nicht im Vordergrund der Geschichte. Hier sind immer noch die Probleme, Nöten und Gedankengänge einer Achtjährigen aus irgendeinem tiefschweizerischen Kanton des vorletzten Jahrhunders wichtig und alles andere ist nur Beiwerk. Insofern, könnte man sagen, relativiert sich die Aufnahme von Untoten und sonstigen Monstern, was ich aber so nicht unterschreiben möchte. Gerade die Auseinandersetzung mit dem Elend um sie herum und dem vielfachen grausamen und mitlerlebten Tod lassen die Heidi dieses Romanes sehr traumatisiert wirken. Ihre ursprüngliche Unschuld und ihre Fröhlichkeit erreicht sie nur auf der Alm - weit weg von allem Übel. Ansonsten baut sie sich eine Mauer und reagiert auch auf den größten Schrecken kaum emotional.