![]() | Titel: Gwyna - Im Dienste des Zauberers Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Zwar hat es in den letzten Monaten etwas nachgelassen, aber immer noch erscheinen Bücher, die zum Inhalt die Artus-Saga haben. So auch der Roman, der in der Übersetzung ‚Hier liegt Arthur’ heißt, aber als „Gwyna“ in Deutschland vermarktet wird. Auch Philip Reeve versucht sich an der Sage um den beliebtesten britischen Sagenhelden. Anders als die meisten Autorinnen und Autoren greift er jedoch weniger auf die Sagen zurück, sondern auf die historischen und archäologischen Erkenntnisse.
Im fünften bis sechsten Jahrhundert nach Christus verlassen die Römer nach und nach die britischen Inseln. Der Hadrianswall gegen die Pikten ist ein eindrucksvolles Beispiel ihrer Anwesenheit und auch einige der ehemaligen Legionäre sind längst sesshaft geworden. In das herrschende Machtvakuum stoßen die Angeln und Sachsen, um auf den britischen Inseln Fuß zu fassen. In den größeren Städten ist man noch relativ sicher, kann, wenn auch eher zwanghaft, römische Lebensart und Kultur aufrechterhalten. Aber die Dekadenz wirkt auch hier.
Artus, der Sohn Uthers, ist auch einer der Kleinkönige, der auf der Insel versucht Männer um sich zu scharen und ein eigenes Reich aufzubauen. Im Gegensatz zu anderen Königen, die untereinander zerstritten sind und somit den Angreifern ein leichtes Spiel bieten, hat er einen erfahrenen Mann an der Seite, dem Zauberkräfte zugesprochen werden. Es ist Myrddhin oder Merlin, wie er besser bekannt ist. Myrddhin findet eines Tages ein Mädchen, das am Ufer eines Flusses sitzt. Hier kommt der Untertitel des Buches zu tragen, denn Gwyna wird nun im Dienste des Zauberers arbeiten. Myrddhin nimmt das Mädchen auf und erzieht sie, lehrt sie seine Kenntnisse, immer in der vorausschauenden Hoffnung, eines Tages das Mädchen für seine Zwecke einsetzen zu können.
Gwyna lebt einige Jahre in Artus Umgebung als Junge in dessen Heer. Später arbeitet sie für Ginevra als Spionin. Gwyna ist hin und her gerissen zwischen ihren Auftraggebern, Myrddhin und Ginevra, und ihrer Loyalität. Wem soll sie eher zustimmen, gehorchen? Dem Mann, der sie ausnutzte, oder der Frau, die ihren besten Freund töten ließ? Irgendwann muss sie sich entscheiden.
Philip Reeve überaschte mich mit seiner Version der Artussage. Ich dachte, es gibt nichts Neues in dieser Hinsicht. Aber es sind nicht Artus und seine Mannen, nicht Merlin und seine Zauber oder Ginevre und die anderen Frauen, die im Mittelpunkt stehen. Im Gegenteil, sie sind nur Teil der Ausstattung. Im Mittelpunkt steht eindeutig Gwyna. Eine Liebesgeschichte um ein Mädchen, eine Lebensgeschichte einer jungen Frau, eine Abenteuererzählung. Man kann sich aussuchen, wie man das Buch beschreiben möchte, es trifft fast alles zu. Philip Reeve schrieb eine fesselnde Erzählung, die Mädchen, aber auch Jungs begeistern wird.