Reihe: Gruselkabinett, Teile 41/42 Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Jane Austens (1775-1817) erster Roman sollte erst nach ihrem Tod erscheinen. Es handelt sich hierbei um „Northanger Abbey“, eine Geschichte, die den damals in Mode gekommenen Schauerroman in gewisser Weise aufs Korn nimmt. Die damalige „Horrorszene“ prägten Autoren wie Horace Walpole („Die Burg von Otranto“), M. G. Lewis („Der Mönch“) sowie die Grande Dame der Schauerliteratur, Ann Radcliffe („Die Geheimnisse von Udolpho“, „Der Italiäner“[kein Tippfehler, der deutsche Titel schreibt sich so]). Diese Bücher waren das, was man heute schlechthin als Bestseller bezeichnet. Ihre Besonderheiten lagen in einer Mischung aus Aspekten des Übernatürlichen, Romantischen sowie Kriminellen.
Jane Austens Roman spielt Ende des 18. Jahrhunderts. Die Pfarrerstochter Catherine Morland liest diese Romane mit großer Leidenschaft. In dem Badeort Bath macht sie Bekanntschaft mit Henry Tilney und seiner Schwester Eleanor. Der Vater der beiden lädt Catherine ein, ein paar Wochen auf dem Familiensitz der Tilneys zu verbringen. Dabei handelt es sich um Northanger Abbey, eine frühere Abtei mit langen Fluren und einsamen Zimmern. Es ist daher kein Wunder, dass mit Catherine die Phantasie durchgeht. Das Anwesen gleicht den Gebäuden in den Schauerromanen wie ein Haar dem anderen. Sie ist sich sicher, dass das Anwesen ein dunkles Geheimnis birgt. Das teils seltsame Verhalten der Familienmitglieder scheint dies zu bestätigen
Jane Austen dürfte den meisten Lesern eher durch ihre romantischen Liebesromane bekannt sein, die sich seit einiger Zeit erneut großer Beliebtheit erfreuen. Mit „Northanger Abbey“ zeigt sie, dass sie sich durchaus auch in anderen Genres verstand. Die Grundidee klingt recht vertraut. Ein Horrorfan wird Opfer seiner eigenen Phantasie. Das Grundschema findet sich in manchen Horror-, Thriller- aber auch Krimikomödien wieder. Diese Situation liefert viel Stoff für Situationskomik und dafür, den Leser bzw. wie in diesem Fall den Zuhörer an der Nase herumzuführen. Die Umsetzung dieses Stoffes in ein Hörspiel gelingt Mark Gruppe und Stephan Bosenius allemal. Das Stück macht Laune und beherbergt manche nette Anspielung. Wer jedoch den Roman nicht kennt und sich daher angenehmen Grusel und Nervenkitzel erhofft, dürfte enttäuscht sein. „Northanger Abbey“ ist mehr eine romantische Erzählung als Schauerliteratur, auch wenn der Roman eben diesem Genre zugeordnet wird. Dennoch kommt es, bedingt durch die „vorbelastete“ Fantasie der Hauptfigur, zu manchen zunächst seltsam erscheinenden und nicht zuletzt verzwickten Ereignissen. Spätestens dann, als Catherine Morland glaubt, einem Mord auf die Spur gekommen zu sein. Wer sich innerhalb der Schauerromantik ein wenig auskennt, dem wird „Northanger Abbey“ daher recht gut gefallen.