Titel: Großstadtaugen |
Das Taschenbuch vereint sechs Graphic Short Stories von deutschen Künstlern.
Irrlicht von Stella Brandner
Im Laden "Irrlicht" arbeitet Sidonie und ihre Schülerin Minna. Auf den ersten Blick verdienen die beiden ihr Geld mit typischer Wahrsagerei und Seancen - jedoch ist das nur eine Seite der Medallie. In Wahrheit sind die beiden Mitglieder einer magischen Vereinigung, die in der Unterwelt, einem magischen Land das sich in einer Art Parallelwelt unterhalb der Stadt befindet, leben. Minna fühlt sich von ihrer Lehrerin unterschätzt und bevormundet und so nimmt sie einen Auftrag kurzerhand selber an. Jedoch scheitert der Versuch, einen Geist einzufangen, der eine ältere Dame nervt, gründlich...
Eine amüsante Geschichte über die typischen Fehler von Auszubildenden. Der Aufbau der Hintergrundgeschichte muss angesichts der Kürze des Platzes extrem schnell funktionieren, klappt aber ganz gut.
Eine kleine Nachtmusik von Carolin Reich
Eine wunderbare Geschichte eines weiblichen Nachtmahrs, der sich von den Alpträumen schlafender Menschen ernährt. Eines Tages jedoch klappt es nicht mehr, einen Alptraum in die Gedanken der Menschen zu pflanzen und sie leidet mit der Zeit schrecklichen Hunger. Sie greift zu dem letzten, schrecklichen, Mittel, um wieder zu Nahrung zu kommen: Die pflanzt Alpträume in kleine Kinder und Babys, wohlwissend, das diese daran sterben können...
Eine eindrucksvolle Short Story - nicht nur aufgrund der gewählten Thematik. Das die Wahl zwischen Verhungern und dem Opfern der Kinder dem Nachtmahr nicht leicht gefallen ist, wurde sehr gut ausgedrückt. Umso mehr das Erschrecken des lesers, wenn alle Dämme brechen und eine wahre Gier des Nachtmahrs entsteht. Auch grafisch ein Leckerbissen, da nicht im erwarteten Manga-Stil, sondern mit ganz eigenen Ideen umgesetzt. Eines der beiden Highlights des Bandes
Der Elsterjunge von Helen Aerni
In dieser Geschichte trifft Sina den "Elsterjungen" wieder, einem geflügelten jungen Mann, der ihr als kleines Kind das Leben rettete, als sie aus einem Fenster fiel. Durch die Begegnung wurde sie in ihrer Entwicklung beeinflusst, deren Konsequenzen sie sich jetzt stellen muss.
Zeicherisch völlig in Ordnung, jedoch konnte mich die Geschichte an sich nicht fesseln. Das Thema der Veränderung vom Jugendlichen zum Erwachsenen wurde hier etwas zu schwammig dargestellt, um interessant zu wirken.
Die weiße Frau von Carla Miller
Aly wacht jeden Morgen auf und trägt immer noch ihre Kleidung vom Vortag. Sie kann sich nicht erinnern, wie sie in ihr Bett gekommen, geschweige denn, was mit ihr passiert ist. Auf der Strasse trifft sie einen Jungen, dessen Anblick sie von Anfang fesselt. Sie verfolgt ihn, nicht wissen, ihr eigenes Schicksal wieder einmal zu erfüllen.
Toll gezeichnet, und eine wunderschöne tragische Liebesgeschichte mit dem gewissen magischen Touch.
aID von Petra Popescu
Ein Privatermittler soll einen verlorenen Sohn wieder ausfindig machen. Dieser hat sich ausserhalb der an sich hermetisch abgeriegelten Stadt verlaufen und wird von seinen reichen Eltern vermisst. Als Dank für die erfolgreiche Suche winkt dem Ermittler eine ID, um ihn endlich zu einem vollwertigen Mitglied der Gesellschaft zu machen. Jedoch, als der Sohn ausfindig gemacht wurde, stellt sich die Situation doch ein wenig anders dar, als erwartet.
Eine etwas blasse Geschichte in einem postapokalyptischem Szenario. Die Stadt wird als Gefängnis betrachtet, aus dem es sich zu fliehen lohnt. Interessant jedoch der sehr feminim gestaltete Stil von Petra Popescu.
Erstes Date von David Füleki
Steve, ein typischer Nerd mit einem großen Fable für Comics, schwärmt für die blonde Mitschülerin Sabrina. Sie scheint unerreichbar, eines Tages jedoch treffen sich die beiden in einem Comicladen und offenbaren ihr gemeinsames Hobby. Sie verabreden sich zum Essen, ihr erstes Date... endet in der Apokalypse der Erde. Riesige, aus den Alpträumen der Maya entsprungene Wesen zertrümmern Häuser, Städte, ganze Landschaften. Steve und Sabrina können sich von Panel zu Panel erneut vor den riesigen Katastrophen retten, ihr Schicksal scheint jedoch vorbestimmt.
Mein Favourite in diesem Kurzgeschichtenband. Steve, als pickeliger Nerd und erfüllt von pubertierenden Gedanken in Gemeinschaft mit der aufgeklärt handelnden Sabrina - beide wankend durch die ultimative Apokalypse: Eine Geschichte die zwischen Schenkelklopfen und Spannung hin und her pendeld.