Reihe: Götterdämmerung, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Klappentext
Fünfundzwanzig Jahre nach der siegreichen Schlacht vor Joyous Gard bestimmt militärische Routine das Leben auf dem Außenposten Pendragon Base. Als Kommandant Raymond Farr die attraktive Miriam Katana kennenlernt, ahnt er noch nicht, dass diese Begegnung sein Leben verändern wird.
Es droht nicht nur die Wiederkehr eines alten Feindes, auch innerhalb der Föderation häufen sich die mysteriösen Ereignisse als Vorboten einer Konfrontation unvorstellbaren Ausmaßes ..
Rezension
Seit 25 Jahren dient Raymond Farr als besonnener, jedoch stets mißtrauischer Kommandant einer großen Raumstation. Als Veteran der Schlacht von Joyous Gard bestimmen die alten Feinde von damals immer noch seine Gedanken und sein Handeln. Die sogenannten Burgons verschwanden nach dem Sieg der Menschen durch den Einsatz eines waghalsigen und tapferen Kampfpiloten in den Weiten des Alls. Seither wurden sie nicht mehr gesichtet, die Menschen glauben sich nunmehr sicher. Farr jedoch traut der ganzen Sache nicht und vermutet einen baldigen Angriff des rätselhaften Feindes. Weder ist bekannt, wer hinter den semiorganischen Raumschiffen des Feindes steckt, noch was das Motiv des Gegners darstellt. Entsetzliche Verluste mussten die Menschen im Laufe des Krieges hinnehmen, hundertausende starben bei den verheerenden Angriffen der Burgons.
Captain Miriam Katana ist ein Kind dieser Schlachten - in mehrdeutiger Hinsicht. Als Tochter des damals entscheidenden Kampfpiloten hegt sie einen unstillbaren Hass gegen die Burgons und geht buchstäblich über Leichen, um ihr Ziel zu erreichen: Die Feinde der Menschheit vollends zu vernichten. Da kommt ihr der einflussreiche Stationskommandant Farr gerade recht, denn dieser vermutet in der Nähe seiner Pendragon Station den kommenden Aufmarschpunkt eines neuerlichen Angriffs. Nunmehr spielt sie ein sehr gefährliches Spiel mit Farr. Der ergraute Kommandant weiß um Katanas Fähigkeiten, erliegt trotzdem ihrem Charme und ihrer Zielstrebigkeit. Als die junge Frau eine Möglichkeit offenbart, ein ganzes Sternensystem zu vernichten, muss sich Farr entscheiden - soll er einen Völkermord gutheissen und die Burgons vernichten oder die Gefahr eines entsetzlichen Fehlers für zu hoch einstufen? Als der drohende Krieg schon am Horizont dämmert, steht Farrs Entscheidung fest.
Die Fähigkeiten eines Autors erkennt man in der Regel schon nach wenigen Sätzen. Hier beziehe ich mich nicht auf die Spannung oder Originalität eines Textes, sondern auf das handwerkliche Können. Wenn dann einem Leser eine Textpassage, wie er im Prolog dieses Romanes ("Der Drachentöter") zu finden ist, ums geistige Haupt gedonnert wird, dann bleibt der eine oder andere Mund schon offen. Allein dieser Prolog, eine Melange aus Lyrik und Prosa, ist das Buch schon wert. Eigentlich schade, das Frank W. Haubold im weiteren Verlauf in eine "normale" Prosa zurückfällt und die eigentliche Geschichte des Romans erzählt. Auf diesen knapp 16 Seiten präsentiert sich jedoch das wunderbare Talent Haubolds. Toll!
Im Zentrum des Romanes, der aus einer schon veröffentlichten Kurzgeschichte heraus entwickelt wurde ("Weltraumkrieger", ebenso bei Atlantis erschienen) stehen nicht die Ereignisse - so fesselnd und dramatisch sie auch sein mögen. Das, was einen guten Roman ausmacht, die Beschäftigung mit dem Menschen an sich, die verbale und nonverbale Kommunikation zwischen den Protagonisten stellt der Autor klar in den Vordergrund. Die Hauptpersonen haben Tiefe und Hintergrund, ihre Handlungen sind nachvollziehbar, der Leser fiebert bei jeder Entscheidung mit.
Wer etwas in der Geschichte bewandert ist, weiß um die "Gänse des Kapitols". Ebenso wie in Rom erfüllen auch hier gewisse Elemente die Aufgabe des Warnenden, des Vorboten. Um diesen Umstand herum entwickelt Haubold eine faszinierende Space Opera und schöpft in deren Verlauf aus dem gesamten Fundus, den dieses SubGenre zu bieten hat. Überzeugend schildert er spannende Raumschlachten ebenso wie eine romantische und teils tragische Liebesgeschichte, präsentiert dem Leser interessante Fremdwesen und allerlei Rätsel, die wohl erst in folgenden Bänden aufgelöst werden. Die offenen Handlungsfäden am Ende des Buches lassen eine berechtigte Hoffnung zu: Frank W. Haubold schreibt weitere Geschichten, die in diesem von ihm geschaffenen Szenario spielen. Darauf kann und muss man sich freuen, denn wahrlich: Wer "Die Gänse des Kapitols" als SF-Fan verpasst, dem ist nicht mehr zu helfen. Das Buch fesselt, macht Spass und erfreut mit großem schriftstellerischen Talent. Herrlich!