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Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Es geschah einmal vor langer, langer Zeit, dass die Dwenda, die dunkle Bedrohung der Welt, durch die Kiriather vertrieben wurden. Der heroische Kampf forderte viele Opfer und ging in die Legenden der Welt ein. Doch Freiheit ist ein Trugschluss, die übermächtigen gottähnlichen Wesen sind zurück. Die Dwenda wollen die Macht wieder an sich reißen, die Welt erobern und die Menschen als Sklavenrasse leiden sehen.
Damit steht der Hintergrund der Fantasy-Erzählung der etwas anderen Art bereits fest. Nun gilt es, die Welt des Richard Morgan mit Leben zu füllen.
Man nehme einen zynischen und vom Leben desillusionierten Söldner, der seine körperlichen und seelischen Wunden nicht unbedingt mit Stolz trägt. Der Dickkopf Ringil Eskiath, von allen kurz Gil genannt, lebt nur deshalb, weil er an seinen eigenen Idealen und Vorstellungen festhält und sich von niemandem darin beirren lässt. Gil ist ein gefeierter Held und der beste Schwertkämpfer der Tieflande, doch daraus macht er sich nicht viel. Der Veteran der Echsenkriege, dessen beste Zeit als Krieger bereits lange vorbei ist, tötet, ohne zu zögern, wenn es die Situation verlangt, und stellt seine Fragen erst danach. Die Geister und Erinnerungen der Leichen, die er hinter sich ließ, schleppt er wie einen schweren Stein mit sich herum und kann sich ihrer nicht entledigen.
Die zweite Handlungsträgerin ist Archeth, eine etwas launische, ja cholerische, Alte, die wie Gil dem eigenen Geschlecht zugeneigt ist. Als eine kaiserliche Beraterin ist sie eine Verfechterin des freien Drogenkonsums, dem sie auch gern anhängt.
Als Dritter im Bunde gesellt sich der Barbar Egar hinzu. Der Klanherr eines Nomaden-Klans kehrte nach Hause zurück, trauert aber dem gemütlichen Leben in der sogenannten Zivilisation nach und stellt alles andere dar, nur nicht das Vorbild für die Jugend. Im Gegenteil, er holt sich ein ums andere Mal Mädels ins Bett, die gerade einmal halb so alt sind wie er. Er kümmert sich nicht mehr um die althergebrachten Gebräuche, die generationenalten Sitten und Gewohnheiten. Genauso verachtet er die andere Autorität des Klans, den Schamanen.
Glühender Stahl ist ein in sich abgeschlossener Roman, dessen handelnde Personen sich von dem zur Zeit gängigen Einheitsbrei der Fantasy positiv absetzen. Das liegt jedoch weniger an ihren Charakterzügen oder der eher zynischen Sprache. Es ist eine Erzählung, in der der Mensch Sex hat - durchaus gleichgeschlechtlichen - und das nicht nur verschämt in zwei Zeilen, sondern in heftiger Beschreibung. Manch ein Leser wird das Buch an dieser Stelle pikiert zur Seite legen oder die Seiten überspringen. Aber mal ehrlich, in unserer Zeit der neuen Aufklärung ist nur noch wenig mit einem Tabu belegt. Und daran hält sich der Autor Richard Morgan. Die Handlungsträger sind eindringlich und wirklichkeitsgetreu beschrieben, ebenso die in allen Einzelheiten beschriebenen Schauplätze. Damit erreicht der Roman eine Tiefe, die man in der normalen Fantasy nicht hat. Durch die lebensnahe Beschreibung ist man schnell bereit zu vergessen, in einer erdachten Welt unterwegs zu sein. Die beschriebene Gefühlswelt der Personen ist der große Pluspunkt der Erzählung. Sie besitzen ein ausführlich beschriebenes Leben, eine eindeutige Geisteshaltung, und daher ist man immer gewillt, die Personen zu akzeptieren. Im Gegensatz zur sonstigen Einweg-Mentalität bei der Fantasy (schreiben – lesen – ex und hopp) wird der Leser angeregt, sich über die Erzählung Gedanken zu machen.
Die Geschichte beginnt mit einzelnen Handlungssträngen, die erst einmal nichts miteinander gemein haben. Wir lernen die Welt und die Personen kennen. Erst langsam beginnen sich die Handlungen miteinander zu verflechten. Die Großvatergeneration der Fantasy-Helden (sie sind deutlich älter als die üblichen Fantasy-Helden) macht sich langsam daran, einer Bedrohung zu begegnen, die nicht in einem gewaltigen Schlachtengetümmel mordend und brandschatzend über die Welt herzieht, sondern eher im Verborgenen ihre Fäden zieht.
Allerdings ist Glühender Stahl nichts für schwache Nerven. Richard Morgan lässt es krachen. Er beschreibt seine Sexszenen heftig, seine Gewaltszenen sind blutig, Knochen brechend und vernichtend. Diese nicht beschönigende Gewalt ist sicher nicht jedermanns Geschmack.