Genre: SF / Anime Rezension von Rupert Schwarz
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Nach einem Unfall wird Major Mira Killian das Gehirn entnommen und in einen künstlichen Körper eingesetzt. Sie ist der erste Mensch, bei dem dieser Vorgang erfolgreich durchgeführt wurde. In diesem Zusammenhang spricht man vom Körper als der Bio-Kapseln (der so genannten Shell) und dem menschlichen Geist mit dem Gehirn als Ghost (im Deutschen verschwimmt dies, da Geist für Ghost als auch für Mind steht). Somit erklärt sich auch der kryptische Titel des Filmes. Die Protagonistin wirkt jedoch verloren: Ihre Schöpfer vom übermächtigen Hanke Robotics Konzern haben sie als Waffe konzipiert und als solche verrichtet sie Dienst in einer Einheit mit Namen Sektion neun der Regierung. Für ihre Schöpfer wurde sich zu einer Sache reduziert und der Körper gehört der Firma. Noch ist keinem klar, dass die Schöpfer ihre ganz eigenen Ziele verfolgen und sich selbst als über dem Gesetz stehend ansehen.
Als nun ein Terrorist mit Namen Puppet Master namhaftem Mitarbeiter von Hanka tötet, beginnt Mira Killian zu hinterfragen, ob das, was sie zu wissen glaubt, auch der Wahrheit entspricht oder ob all ihre Erinnerungen nicht künstlich erzeugt wurden. Dies führt zu einer noch beunruhigenderen Frage: Warum wurden die Erinnerungen unterdrückt oder ersetzt? Die Entwicklung verschärft sich, als sie feststellt, dass eine unerklärliche Verbindung zum Puppet Master besteht, die der Schlüssel zur Wahrheit sein kann.
Ghost in der Shell basiert auf einem Manga, der bereits im Jahre 1989 erschienen ist. Was zunächst im Manga als leichtere Kost konzipiert war, zeigt sich in der Verfilmung von 1995 als deutlich härtere Geschichte. An dieser Werk orientiert sich nun die Realverfilmung von 2017 und wiederum ist alles ein wenig düster geworden ist. Der Major, wie die Hauptfigur im Film meist genannt wird, wirkt noch entrückter. Der Figur ist wenig Menschliches geblieben und tatsächlich stellt sie sich mehr als einmal die Frage, ob sie nun ein Mensch oder nur eine KI ist.
Optisch überzeugt der Film mit opulenten Bildern und großartigen Effekten. Die Besetzung von Scarlett Johansson wurde im Vorfeld kritisiert, weil sie als Europäerin eine Asiatin spielen sollte. Die Whitewashing Kritik kann man bis zu einem gewissen Grad verstehen, aber man muss sich auch vor Augen halten, dass die Handlung in einer entfernt Zukunft spielt und auch der Major in seinen vielen Reinkarnationen in Manga und Anime nicht selten auch westlich wirkte. Außerdem wurde ihr Körper künstlich erschaffen und entspricht einem der Mode unterworfen Schönheitsideal. Wie auch immer: das Mienenspiel der Schauspielerin überzeugt. Sie stellt die Figur in einer verletzlichen, in sich gekehrten Form dar, die in Film und Manga so bisher nicht erreicht wurden. Auffallend ist außerdem, dass sie sehr bestrebt war, stets in den Bewegungen kraftvoll, aber wenig elegant und ein bisschen unbeholfen zu wirken. So wird dem Zuschauer stets in Erinnerung gerufen, dass der Körper der Frau eine Maschine ist.
Der Film kam Kritik und Publikum nicht so gut an. Das mag daran liegen, dass das Werk sich vom amerikanischen Mainstream zu weit entfernt hat, aber eben für die Anime Fans eben nicht weit genug. Der Film von 1995 geniest, auch wenn er inzwischen leicht angestaubt ist, Kultstatus. Die Realverfilmung zollt Original Respekt und setzt auch viele Szenen 1:1 im Film um, stellt aber viele der Szenen erfreulicherweiswe oft in einen anderen Kontext. Leider kann man nicht sehr viel mehr Positives über das Drehbuch sagen. Hier wurde leider sehr viel vergeben. Die Geschichte wird etwas ideenlos und sehr linear wiedergegeben und leider ist auch der Handlungsverlauf vorhersehbar. Man kann einfach eine Anime Geschichte nicht 1:1 in einen Realfilm übertragen.
Zum Glück aber ist das Drehbuch für die Wirkung und auch für die Botschaft des Films nicht so sehr entscheidend gewesen. Vielleicht mag es auch an der schauspielerischen Leistung von Scarlett Johansson gelegen haben und vielleicht auch an der gesamten Optik des Films: Das Werk macht Spaß und unterhält hervorragend. Allein die entworfene Zukunft mit den opulenten Bildern und den gigantischen Werbehologrammen, die wir Titanen durch die Häuserschluchten stapfen, ist schon den Eintritt wert. Auch der Retro-Look - allen voran die Kabel zu Datenübertragung - wirken einfach großartig. Man hat sich auch am Matrix Look bedient und hier schließt sich der Kreis, denn Matrix hat damals viele Elemente aus Ghost in the Shell übernommen. Hier wurde im Gegensatz zum Drehbuch nahezu alles richtig gemacht und das schließt Kleidung und Design mit ein. So etwas hat man seit Fifth Element nicht mehr gesehen. Eine berechtigte Kritik gab es jedoch hierzu dann doch: Man nätte den Bildern mehr Zeit geben müssen, ihre Wirkung voll zu entfalten. Ein etwas langsamerer Schnitt und mehr von den bildgewaltigen Einstellungen der Stadt und die Schwächen der Handlung wären vollkomemn vergessen gewesen.
Fazit: Ghost in the Shell ist allerbestes Popkorn-Kino das alle SF Fan begeistern sollte, sofern sie kein reinen amerikanischen Mainstream erwarten und keine Anime Puristen sind.
9 von 10 Punkten.